Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)
Report Mainz, die Nürnberger Nachrichten und wir in der Süddeutschen Zeitung erstmals über die Details eines Revisionsberichtes der Hypovereinsbank (HVB) berichtet. Dieser Revisionsbericht machte aus der Verschwörungstheorie Mollath die Affäre Mollath.
Denn er beweist im zentralen Punkt, dass Gustl Mollath keineswegs wirres Zeug redete. Dass er nicht von einem krankhaft-gefährlichen Wahn befallen war, als er Polizisten, Staatsanwälten, Gutachtern, Richtern und anderen Amtsträgern über Jahre hinweg immer wieder dieselbe Geschichte erzählte: wie seine Exfrau und andere Vermögensberater einer der größten Banken des Landes reichen und prominenten Kunden dabei halfen, ihr Geld mutmaßlich am deutschen Fiskus vorbei heimlich in die Schweiz zu schaffen. Mollath will angeblich selbst als Augenzeuge einige Male dabei gewesen sein bei Geldübergaben in der Schweiz. In Dutzenden Briefen und Anzeigen beschrieb er angebliche Schwarzgeld- und andere mutmaßlich illegale Geldgeschäfte über die Drehscheibe Nürnberg mit dem eidgenössischen Steuerparadies. Nur: Es wollte keiner wissen. Geschweige denn ging jemand den Angaben auch nur ansatzweise nach. Staatsanwaltschaft, Gerichte und Politik ließen Gustl Mollath einfach ins Leere laufen. Es war wie bei den berühmten drei Affen: Nix hören, nix sehen, nix sagen.
Der Revisionsbericht ist so wichtig, weil er beweist, dass die HVB-Prüfer bereits Anfang 2003 festgestellt hatten, dass Mollath in zentralen Punkten die Wahrheit sagt. Drei Jahre bevor er vom Landgericht Nürnberg unter anderem wegen seiner angeblichen Schwarzgeldphantasien in die geschlossene Psychiatrie verfrachtet wurde. »Die Anschuldigungen des Herrn Mollath klingen in Teilbereichen zwar etwas diffus, unzweifelhaft besitzt er jedoch Insiderwissen«, notierten die HVB-Prüfer in ihrem Bericht als erstes und wichtigstes Ergebnis. »Alle nachprüfbaren Behauptungen haben sich als zutreffend herausgestellt.« Jahre später werden die Bank, die bayerische Justizministerin und die Justiz mit vielen rhetorischen Klimmzügen und großem Eifer versuchen, die Passage als angeblich missverständlich umzudeuten. Ohne Erfolg: Mollaths angeblicher Wahn war eben kein Wahn.
Immer wieder hatten Internet-Blogs und Medien über jenen Gustl Mollath berichtet, der angeblich wegen seiner Schwarzgeldenthüllungen seit Jahren unter Mördern, Vergewaltigern und anderen kranken Straftätern in der geschlossenen Psychiatrie sitzt. Diese Berichte blieben zwangsläufig im Ungefähren. Im Stadium der Behauptung. Sie versuchten, Indizienketten zu knüpfen, wenngleich der letzte Beweis fehlte.
Am konkretesten war ein Beitrag von Report Mainz Ende 2011. Die Autoren Monika Anthes und Eric Beres, zwei der renommiertesten investigativen TV-Journalisten hierzulande, arbeiteten dabei viele Merkwürdigkeiten und Ungereimtheiten heraus und warfen die richtigen Fragen auf. Sie berichteten über angebliche Drohungen von Mollaths damaliger Ehefrau, ihn fertigzumachen und für verrückt erklären zu lassen. Sie präsentierten einen Schöffen, der sich heute dafür schämt, an jenem verhängnisvollen Landgerichtsurteil von 2006 als Laienrichter beteiligt gewesen zu sein, das Mollath die Freiheit kostete. Ein ehemaliger Steuerfahnder wunderte sich vor der Kamera, warum die Staatsanwaltschaft Nürnberg Mollaths Anzeigen illegaler Geldgeschäfte bei der HVB mit der Schweiz nicht nachgegangen war, sondern sie einfach vom Tisch gewischt hatte. Und auch Gustl Mollath selbst kam zu Wort: »Ich hatte nicht einmal Punkte in Flensburg. Und plötzlich ist man der Schwerkriminelle, Wahnsinnige. Von null auf hundert.«
Hinweise, Anzeichen, Indizien – der Beweis jedoch, das letzte, aber wichtigste Glied in der Kette fehlte. Was Wunder, hatte die HVB den brisanten Bericht 2003 doch in ihrer Registratur verschwinden lassen.
Als die Öffentlichkeit nun im November 2012 erstmals vom Inhalt des HVB-Revisionsberichtes erfuhr, trat dies eine Welle der Empörung und Anteilnahme los. Binnen kurzer Zeit erreichten allein die Süddeutsche Zeitung und sueddeutsche.de Leserzuschriften in hoher vierstelliger Zahl, per Brief, E-Mail, Postings, über soziale Netzwerke. Menschen nahmen Anteil am Schicksal Mollaths. Mitgefühl, Fassungslosigkeit, nackte Wut und Empörung mischten sich. Der Fall rührt die Menschen in einer Art und Weise, wie man es als Journalist nur sehr selten erlebt.
Diese über Monate andauernde öffentliche Anteilnahme hat zweifellos mit den
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