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Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Titel: Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Flaggschiff dauern?«, fragte Greg, als sie ins Shuttle stiegen.
    »Wir können gleich das Shuttle nehmen«, erwiderte Berg. »Das wäre schneller, als wenn wir erst die Sternenfeuer ansteuern, von dort aus zum Flaggschiff fliegen und dann mit dem Shuttle wieder zurückfliegen würden.«
    Greg schnallte sich neben Berg auf der Liege des Autopiloten an und nickte.
    »Klingt vernünftig. Dann machen wir das so.«
    Mit einem dumpfen Geräusch öffnete sich die Luftschleuse und gab das Shuttle frei. Das Triebwerk schaltete sich ein, und Greg lehnte sich mit geschlossenen Augen in die weich gepolsterte Liege zurück. Doch es gelang ihm nicht recht, sich zu entspannen, und die Verspannung im Nacken löste sich nicht auf. Ständig tauchten Bilder aus Rawlins’ Testament vor seinem inneren Auge auf, und auch der Abscheu über den darin dokumentierten Völkermord wurde wieder wachgerufen. Vor Kurzem hätte er es noch für unmöglich gehalten, ein solches Verbrechen für längere Zeit geheim zu halten, doch da hatte er sich wohl getäuscht.
    Das traf sein Verständnis von Menschlichkeit im Kern. Ein Zyniker hätte vielleicht gesagt, jeder Mensch, jede Gemeinschaft und jede Gesellschaft sei zu solchen Grausamkeiten fähig – wenn die Umstände nur danach waren und ausreichend Druck und Angst herrschten. Greg waren diese Argumente geläufig, und er war ihnen stets entgegengetreten unter Berufung auf seinen Glauben an das elementare Mitgefühl des Menschen, das letztlich über die rationalisierte Gefühllosigkeit, die Grausamkeit und den Hass triumphieren werde.
    Doch die zynische Stimme in ihm lachte darüber und entgegnete: Ach, wirklich? Betrachte doch mal die Lage, in der wir uns befinden, umzingelt von grausamen Feinden, deren Soldaten dich liebend gern zu Asche verbrennen würden, während du hier herumsitzt, darauf wartest, dass der große Hammer fällt, und dich in hochtrabender Rhetorik ergehst. Wie blöd kann man eigentlich sein?
    Ich bin vielleicht blöd, aber realistisch, dachte er. Wir sind nicht mehr allein, sondern werden unterstützt von unseren Brüdern und Schwestern, den Scheiterhaufenbewohnern, den Tygranern und der Vox Humana, und sogar die Roug und die Imisil stehen hinter uns …
    Aye? Und was ist mit dem Warpbrunnen? Was ist mit der Legion der Avatare? Siehst du? Es gibt immer einen größeren Bösewicht, der bereit ist, über Leichen zu gehen. Wir Zyniker bezeichnen so etwas als Win-win-Situation …
    Greg wusste dem nichts anderes entgegenzusetzen als den Funken der Hoffnung.
    Der neben ihm sitzende Berg teilte seine Aufmerksamkeit zwischen der Überwachung der Bordsysteme – die bereits von einer AI kontrolliert wurden – und einem Holoschirm, der eine Keilformation von Raumschiffen wiedergab, die sich Darien näherten. Bei den Raumschiffen der Imisil handelte es sich um langsame, aber kampfstarke Kreuzer mit breiten, nahezu tonnenförmigen Mittelsektionen, bewaffnet mit schweren Strahlenprojektoren. Zwei von ihnen waren zusammen mit den kleineren, schnelleren Vox-Humana-Raumschiffen über Niwjesta in Stellung gegangen. Die anderen bezogen über dem Planeten Position.
    Berg hatte den Holoschirm in zahlreiche Fenster unterteilt, die er mittels Berührung in den Vordergrund ziehen, vergrößern, minimieren und verschieben konnte. In einem Fenster waren verschiedene Videozusammenfassungen von Niwjesta dargestellt. Greg beugte sich vor und sah den großen, kontinentumspannenden Urwald Segranas, die Spuren einer Schlacht, die er selbst miterlebt hatte, die verkohlten Bäume, die brennenden Scheiterhaufen für die Toten, die Maschinenwracks. Sie hatten Funkkontakt mit einer Enklave von Forschern hergestellt, und in einem der Ausschnittfenster lief ein Interview mit einem ihm unbekannten bärtigen Mann. Der Forscher schilderte die Kämpfe im Wald und in der Luft und erklärte, die Uvovo hätten die Menschen beschützt, doch Catriona erwähnte er mit keinem Wort.
    Greg schloss die Augen und lehnte sich wieder zurück.
    Kein Wort von einem Gespenst, dachte er. Kein Wort von dem, was sie getan hat, was wir getan haben …
    Ein leises, beharrliches »Ping« veranlasste ihn, die Augen wieder zu öffnen. Berg klickte sich hektisch durch verschiedene Menüs.
    »Was ist los?«, fragte er.
    »Wir haben Gesellschaft bekommen«, antwortete der Ty graner und wies mit dem Kinn zum Sichtfenster des Shuttles.
    In der interplanetarischen schwarzen Leere blitzte es alle paar Sekunden. »Raumschiffe«, sagte er verdutzt.

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