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Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Titel: Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Chihs Gesichtsfeld. Er ging zum Toten und betastete ihn mit seinen seltsam dicken Fingern. Mit einer biegsamen Sonde untersuchte er Mund und Ohren.
    »Tot, Hochwürden«, erklärte er. »Wie erwartet.«
    »Schaffen Sie ihn zur Knochenträger hinüber. Der Caulmeister soll sein Geistfleisch nach Bewusstseinsresten durchsuchen.«
    Der Humanoide kippte den Stuhl mit dem toten Sendrukaner auf Räder zurück, die Kao Chih bislang übersehen hatte. Auf der hinter ihm befindlichen Plattform ertönten schwere Schritte, beschrieben einen Bogen und näherten sich ihm von der linken Seite. Eine imposante Gestalt kam in Sicht, ein hoch gewachsener Mann, der von Kopf bis Fuß in einer seltsamen grauen Rüstung steckte. Dies war der Mann, den der Sendrukaner mit dem Titel Lord-General angesprochen hatte. Auf den ersten Blick wirkte er vollkommen archaisch, wie eine Gestalt der Erdgeschichte, des europäischen Mittelalters. Bei genauerem Hinsehen aber bemerkte Kao Chih interessante Details: Die gewölbte, segmentierte Brustplatte war durch eine Art Lederriemen mit der Rückenplatte verbunden, desgleichen der Arm- und der Beinschutz. Und in den dunklen Zwischenräumen machte Kao Chih funkelnde Maschinenteile und Spiralkabel aus.
    Auf dem dicken Hals saß ein länglicher, schmaler, beinahe ausgezehrter Kopf. Der leicht erhöhte Nasenhöcker lief über dem lippenlosen, ausdruckslosen Mund in zwei Schlitzen aus. Die Gesichtshaut des Mannes war aschgrau und schimmerte eigenartig, desgleichen die großen, unbedeckten Hände. Ein Helm mit geraden Seitenflächen umschloss den Kopf, an den Schläfen sprangen spitze Dornen vor. Seine Augen lagen in tiefen Höhlen und blickten irgendwie traurig.
    »Noch ein Mensch«, sagte der Lord-General. »Meine Horcher haben mir gemeldet, dass sich Tausende Vertreter eurer Spezies an Bord der geflüchteten Schiffe befinden. Stimmt das?«
    Kao Chih richtete ein lautloses Stoßgebet an seine ehrwürdigen Ahnen, bevor er Antwort gab.
    »Bedauerlicherweise kann ich diese Frage weder bejahen noch verneinen«, sagte er. »Ich habe mich überwiegend in meiner Privatkabine aufgehalten und 3-D-Schach gespielt …«
    »Ihre Renitenz gereicht Ihnen zur Ehre.« Der Mann ballte seine aschgrauen Hände zu Fäusten. »Hören Sie – ich bin Lord-General Zhyrac von den Wiedergeborenen Shyntanil, Kommandant des Steinatem-Regiments, Übercaptain des Schlachtschiffs Knochenträger . Sie befinden sich in unserer Gewalt. In Kürze wird man Sie in den Caul legen. Ihr Herz wird aufhören zu schlagen, Ihr Blut wird sich abkühlen, Ihr Geistfleisch wird zur Ruhe kommen. Wenn Sie aus dem Caul hervorkommen, werden Sie den Weg des Staubes kennen und die Schönheit des Gehorsams zu würdigen wissen.«
    Er hob die Hand, worauf zwei etwas kleinere Gestalten in dunkelgrauen Rüstungen erschienen.
    »Schafft ihn zur Knochenträger und in den Caul – das ist mein Befehl.«
    Als die Shyntanil sich seinem Stuhl näherten, stieg Kao Chih wieder der muffige Geruch in die Nase. Diesmal war er jedoch stärker ausgeprägt und erinnerte eher an faulendes Fleisch. Als man ihn wegkarrte, machte sich eiskaltes Grauen in ihm breit.

9 Legion
    Ein steter Nieselregen fiel aus der tief hängenden grauen Wolkendecke auf die Schulter des Riesen herab, auf das Vorgebirge, das mit seinen steilen Flanken die Küste westlich von Port Gagarin beherrschte. Auf dem Gipfelplateau verdunkelte die Regennässe die Ruinen des alten Uvovo-Tempels, sammelte sich auf dem Pflaster und durchweichte die Trümmer der zerstörten Fertighäuser. Ihre Stelle an der Schmalseite des Plateaus nahm jetzt eine große brolturanische Anlage mit glänzenden dunkelgrünen Wänden ein. Darunter lag ein gewaltiger Graben, der sich zum Eingang des Vorraums absenkte. Dahinter befand sich die Warpbrunnenkammer, in der Analysemechas das Energieprofil des Brunnens überwachten. Vor fünf Tagen hatten sich die beiden Sprösslinge des Legionsritters in das leuchtende Maul des reaktivierten Warpbrunnens gestürzt; der erste hatte ein Gerät eingeschaltet, das den Gravitationsfluss umkehrte und es dem zweiten Sprössling ermöglichte, den grauenvollen Abstieg durch Hunderte Hyperraumschichten hindurch bis zum Kerker in der tiefsten Tiefe des Hyperraums zu überleben. Groben Schätzungen zufolge würde er zwei bis drei Tage unterwegs sein, und deshalb würde es insgesamt vier bis sechs Tage dauern, bis die ersten Cyborgkrieger der Legion, die Vorboten eines neuen Zeitalters, den Boden Dariens

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