Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)
die ihn mit sich zerrten, gerieten ins Stolpern. Es tat einen weiteren Stoß, und Kao Chih teilte einen Fußtritt aus und brachte einen der Fremden aus dem Gleichgewicht. Wutgeheul ertönte, und Kao Chih riss sich aus der Umklammerung des anderen Angreifers los.
Da traf ihn ein Faustschlag am Kopf, dass ihm die Ohren klingelten und ihm Sterne vor den Augen tanzten. Er ging in die Knie. Jemand packte ihn mit knochigen, rauen Händen bei den Unterarmen – er hatte das Gefühl, die Finger des anderen bestünden aus altem Leder – und fesselte ihm mit Plastikriemen die Handgelenke. Eine knarzende Stimme murmelte ihm etwas Unverständliches ins Ohr, dann wurde er hochgerissen. Ein muffiger Geruch stieg ihm in die Nase. Eine andere Stimme war zu hören, heiser und krächzend wie die erste, dann gab die erste Antwort.
Die Spracherweiterung in seinem Kopf, die er vor ein paar Wochen von Tumakri bekommen hatte, löste die Silben auf, verglich die grammatikalischen Muster, führte eine Begriffsbestimmung durch und speiste schließlich etwas Verständliches in sein Hörzentrum ein.
»… Unglück, hörst du, verknackte Zukunft. Wir sollen das Schiff der Maschinen vor den Lebensreifen angreifen …«
»Dein Pech, deine Zukunft – Geflüster aus der Asche, mehr nicht …«
»Ach ja? Wart nur ab, was Alter Eisenzahn sagt, wenn wir ihm den bringen – dann sind es schon zwei aus dem ganzen Schiff. Sehr schlecht, großes Unglück …«
Wie Kao Chih so der Unterhaltung lauschte, versetzte ihn ein Déjà-vu zurück in die Schwarzneststation, wo ihn die Handlanger Munaaks, des Gangsterbosses, der Tumakri ermordet hatte, gefangen genommen hatten. Unwillkürlich überlegte er, ob es Sinn hätte, ein Stoßgebet an seine Ahnen zu richten.
Verehrte Ahnen, wenn es Euch gefällt, diesen demütigen und unwürdigen Nachfahren von seinem Leid zu erlösen, wäre es dann möglich, dies durch ein verlässliches Wesen geschehen zu lassen, sei es mechanischer oder organischer Herkunft?
Eine Luke glitt auf und schloss sich seufzend hinter ihnen. Kao Chih wurde ein paar Schritte weit gezerrt, herumgedreht und auf einen harten Stuhl niedergedrückt. Die Handfesseln wurden gelöst, dann band man ihm die Handgelenke separat an den Stuhllehnen fest. Auch seine Füße wurden fixiert. Erst dann nahm man ihm die Kapuze ab.
Es war nicht besonders hell, und Kao Chih brauchte eine Weile, bis er etwas erkennen konnte. Das Licht kam von den gleichen bunten Fadenagglomeraten, die überall im Sonnenauge-Schiff anzutreffen waren. Vor sich aber hatte er einen Sendrukaner, der wie er an einen Stuhl gefesselt war und ihm in ein paar Metern Abstand gegenüber saß.
»Ah, der Laufbursche des Admirals. Du hast dich als tüchtiger erwiesen, als ich es erwartet hätte. Vielleicht hätte ich dich gleich töten sollen.«
Die Stühle standen in einem Alkoven neben einem erhöhten Laufgang. Der Geläuterte trug eine eng sitzende grüne Uniform mit blauen Verzierungen. Er war zusätzlich an Brust und Hüfte gefesselt, auch sein Kopf war fixiert. Kao Chih verstand nicht, was der Geläuterte meinte, hatte aber eine Entgegnung parat.
»In seinen kühnsten Träumen«, sagte er, »mag man sich vieles ausmalen, doch die Realität erweist sich meist als widrig.«
»Klugscheißer«, brummte der Sendrukaner. »Impertinent.« Er blickte einen über und hinter Kao Chih befindlichen Punkt an. »Lord-General, ich glaube, ich sollte allmählich aufbrechen. Würden Sie bitte mein Shuttle bereitmachen?«
»Sie befinden sich in unserer Gewalt«, ertönte eine trockene, raue Stimme, die gelassen und doch energisch klang. »Wenn Sie den Glückstod überstanden haben, werden Sie den Weg des Staubs und die Ketten des Gehorsams zu schätzen wissen.«
Der Sendrukaner grinste breit. »Ich fürchte, Sie irren sich.« Er legte den Kopf in den Nacken. Dunkle Linien bildeten sich auf seinem Hals, breiteten sich über die Schläfen bis zur Schädeldecke aus. Entsetzt beobachtete Kao Chih, wie die dunklen Linien zu qualmen begannen. Unter dem verkohlten Fleisch schimmerte es rötlich. Die Gliedmaßen des Sendrukaners verkrampften sich, zuckten immer heftiger. Übelkeiterregender Gestank breitete sich aus.
Das groteske Schauspiel endete damit, dass der Sendrukaner sämtliche Muskel anspannte, dann gab irgendetwas nach, und er sackte auf dem Stuhl zusammen. Aus den schwarzen Augenhöhlen und aus seinem Mund quoll Rauch oder Dampf. Ein massiger Humanoide in einem dunklen Gewand erschien in Kao
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