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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Reich zu errichten?«, fuhr Micail fort.
    »Weil dieses Reich die Entstehung des neuen Tempels fördern wird«, antwortete Ocathrel wütend, und die anderen schienen seine Verärgerung zu teilen. Micail kam der Gedanke, dass er besser aufhören sollte zu reden, bevor die Anwesenden zu dem Schluss kämen, dass nicht nur moralische Zweifel an ihm angebracht waren, sondern dass er wirklich vertrauensunwürdig - und vielleicht sogar selbst ein Häretiker - war. Dann würden sie entscheiden, ob er bleiben oder gehen sollte.
    Wenigstens war Ardral nicht zugegen, um bei diesem unerfreulichen Spiel mitwirken zu müssen. Als der Gong sie an diesem Morgen zusammengerufen hatte, hatte sich der Meister der Mysterien mit Übelkeit aufgrund übermäßigen Weingenusses entschuldigt und war in seinen Gemächern geblieben. Doch trotz des verständnisvollen Nickens der Zöglinge wusste Micail, dass Ardral eigentlich nie krank war. Die Frage war nur: Blieb er einfach fern, oder machte er sich davon?
    Micail wandte sich müde von Ocathrel und Haladris und den Übrigen ab und setzte sich in den Schatten eines der aufrecht stehenden Sandsteine, um seine Gedanken zu den Ereignissen vom Abend zuvor zurückschweifen zu lassen.
    Er hatte sich in Ardrals Gemächer begeben, um diesen um Beistand zu bitten; dort hatte er ihn angetroffen, wie er gerade dabei war, sich durch verschiedene Pergamentrollen zu wühlen. Einige davon hatten bereits lichterloh in einem Kohlebecken unter dem Rauchabzug gebrannt. Dieser Anblick hatte ausgereicht, um Micail für eine Weile die Sprache zu verschlagen - schließlich war Ardral der Kustos der Tempelbibliothek von Ahtarrath gewesen.
    »Nein, nein, es ist nicht so, wie Ihr vielleicht denkt«, hatte ihn der alte Hüter beruhigt. »Ich sortiere nur ein paar unwichtige Schriften und Gedichte sowie persönliche Gedankenergüsse aus. Keine alten Geheimnisse - oder zumindest keine, bei denen ich die Verpflichtung verspüre, sie der Nachwelt zu erhalten. Man könnte natürlich dagegenhalten, dass alle Geheimnisse, die ich verwahre, alt sind! Doch nach lebenslangem Studieren, Meditieren und Philosophieren weiß ich nur eines wirklich, nämlich wie wenig wir alle wissen.« Und er hatte gelacht.
    Micail erinnerte sich an den Widerschein des Feuers auf den adlerartigen Gesichtszügen, als Ardral, wie so oft, sein mit einzelnen Silbersträhnen durchzogenes Haar aus der Stirn zurückgeworfen hatte.
    »Würdet Ihr Euch auf einen letzten Teli'ir zu mir gesellen?«, hatte er dann gefragt, als ob sie auf einer Terrasse mit vergoldetem Geländer gesessen und den Sonnenuntergang über Ahtarras Hafen oder vielleicht sogar über Atalan beobachtet hätten. Micail war so verblüfft gewesen, dass ihm nichts anderes übrig geblieben war, als zuzustimmen.
    Sie hatten die Zeit auf angenehme Weise verbracht. Sie hatten über viele Dinge gesprochen, und die meisten davon waren erheiternd gewesen. Als es Micail endlich gelungen war, das Gespräch auf die Themen zu bringen, die ihm am Herzen lagen, hatte er sowohl Ardral als auch den ganzen vom Feuerschein erleuchteten Raum durch einen verklärenden Dunst gesehen. Doch die Ausführungen des Mysterienmeisters waren durch und durch klar formuliert gewesen, wenn auch deren tieferer Sinn für ihn manchmal ein wenig im Dunkeln blieb.
    »Glaubt Ihr wirklich, meine Argumente könnten Tjalan überzeugen, wenn das mit den Euren nicht gelungen ist? Ich bin ein guter Redner, wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf, aber Ihr seid sein Vetter, und was noch mehr zählt, er betrachtet Euch als engen Freund.« Ardral hatte den Kopf geschüttelt. »Ich muss zugeben, ich habe die Prinzessin Chaithala und die Kinder entzückend gefunden und ihre Gesellschaft stets sehr genossen, aber der Prinz von Alkonath und ich hatten uns noch nie viel zu sagen, was über allgemeine Höflichkeitsfloskeln hinausging. Und niemand von ihnen wird viel vermissen, wenn ich einmal nicht mehr da bin.«
    »Wenn Ihr nicht mehr da seid?« Micail war erstarrt und hatte sich gefragt, ob die Gerüchte von einer Krankheit möglicherweise der Wahrheit entsprachen. Jedenfalls hatte Ardral gewiss nicht krank ausgesehen, aber andererseits sah er auch sonst nicht so alt aus, wie er in Wirklichkeit war, dabei war er schon alt gewesen, als Micails Eltern noch in den Windeln gelegen hatten. »Aber Ihr seid doch gesund!«, hatte er ausgerufen, ohne sich sicher zu sein, ob das eine Feststellung oder ein frommer Wunsch war. Ardral hatte eine

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