Die Ahnen von Avalon
sie von dem Treffen mit Tiriki zurückgekehrt waren, und stets mit dem gleichen geringen Erfolg. Und jetzt war es fast schon zu spät für Gespräche.
Mit Tjalans Segen, ja, mit dessen unverhohlener Ermutigung hatte Haladris die gesamte Priesterschaft zum Steinkreis gerufen. Sie hatten vor, das Erwecken der Steine so schnell wie möglich zu vollenden.
In einem oder höchstens in zwei Tagen, so wusste Micail, wäre nicht mehr zu verhindern, dass der Steinkreis für ihre Zwecke, welche auch immer das sein mochten, genutzt wurde.
»Was Ihr sagt, würde stimmen, wenn es sich tatsächlich um Sumpfbewohner handelte«, bemerkte Mahadalku mit einem besserwisserischen Gehabe, das jedem normalen Menschen auf die Nerven gehen musste, »aber in Wirklichkeit sind es Priester und Hüter, genau wie wir. Mag sein, dass sie bis zu einem gewissen Grad Eingeborene geworden sind, aber in ihnen steckt mehr.« Die tarissedische Hohe Priesterin zog die Schleier fest um sich, um sich gegen den Wind aus der Ebene zu schützen. »Stathalkha berichtet, dass sich während der vergangenen Tage die Intensität der Energie auf dem Heiligen Berg verdreifacht habe. Was ist der Grund dafür? Die einzige Erklärung ist: Sie wissen, dass wir hier sind. Es wäre das Beste, wir setzten uns mit ihnen auseinander, bevor sie zum Schlag gegen uns ausholen.«
»Aber das Sonnenrad ist noch nicht fertig«, widersprach Micail. »Wir hatten noch nicht einmal Zeit, uns darüber klar zu werden, ob wir…«
»Mag sein, dass es noch nicht fertig ist«, fiel Mahadalku ihm ins Wort, »aber alle Versuche haben gezeigt, dass es die nötigen Vibrationen enthält und diese auch projizieren kann. Ardravanant und Naranchada sind übereinstimmend zu diesem Schluss gekommen.« Sie sprach in einem gleichmäßigen, sachlichen Ton, der jede Widerrede im Keim ersticken musste. Mit sinkendem Mut ließ Micail den Blick über die anderen Priester und Priesterinnen schweifen, die ihrerseits seinem Blick auswichen.
Zweifellos würde Jiritaren ihm folgen, wenn er jetzt den Raum verließe. Auch Naranchada hatte mehr als einmal Zweifel an ihrer derzeitigen Handlungsweise zum Ausdruck gebracht. Vielleicht würden sich noch ein paar andere anschließen… wenn Micail aufs Ganze ging. Er war sich ziemlich sicher, dass auch Galara und die Priesterschüler ihm folgen würden… aber wäre das eine gute Lösung?
Tjalan würde uns wahrscheinlich unter Hausarrest stellen und damit drohen, die anderen Gefangenen zu quälen, um zu verhindern, dass ich etwas unternehme, um seine Pläne zu vereiteln. Aber wenn ich bleibe… Er seufzte. Dann läuft es womöglich darauf hinaus, dass ich selbst Tiriki töte! In diesem Fall würde ich mir die Kehle durchschneiden und mich im Leben nach diesem Leben bei ihr entschuldigen - und ich wäre dazu verdammt, den Prophezeiungen zu folgen!
Seit dem Treffen mit Tiriki war ihm immer wieder die Überlegung durch den Kopf gegangen, ob er nicht mit ihr hätte gehen sollen, anstatt duckmäuserisch hierher zurückzukehren. Er hatte sich eingeredet, dass Tjalan sie dann vielleicht beide verfolgt hätte; er hatte an seine Pflicht den Priesterschülern gegenüber und an die Erfüllung seiner anderen Eide gedacht… Doch jetzt, da er die scharfen Umrisse der aufrecht stehenden Steine sah, die sich gegen den blauen Sommerhimmel abhoben, erkannte er, dass es die Liebe eines Handwerkers zu seiner Arbeit war, die ihn hier gehalten hatte.
Ich bin wie ein Mann, dessen Sohn auf die schiefe Bahn gerät, dachte er. Die Vernunft sagt einem, dass man sich von ihm lossagen muss, doch ein guter Vater hofft immer noch, dass der Junge eines Tages auf den rechten Pfad zurückkehren wird. Der Steinkreis birgt doch auch so viel Gutes in sich.
»Wie ist das mit unserer Tradition in Einklang zu bringen?«, versuchte er es erneut. »Tiriki und Chedan wurden nicht der Häresie beschuldigt - wir haben ihnen nicht den Krieg erklärt. Es ist einfach nicht rechtens, dass wir uns unseren Priesterbrüdern und -schwestern gegenüber so benehmen! Und es gibt noch viel tiefer gehende Gründe, die es verbieten, diese Art von Macht in den Dienst eines so eitlen Zwecks zu stellen!« Er deutete auf die Reihe von Soldaten, die am äußeren Rand des Grabens, der den Kreis umgab, aufgestellt waren. Es war nicht klar, ob sie dort standen, um die Priester gegen irgendwelche Übergriffe von außen zu schützen - oder um sie am Ausbrechen zu hindern.
»Warum sollten wir Prinz Tjalan dabei helfen, sein
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