Die Akademie der Abenteuer - Die Knochen der Götter
große Flut. Auf eine richtig große, bei der alle hier in der Akademie am Ende sehen können, was passiert. Und sie ist überzeugt, dass sie die mit ihrem Fragment auslösen wird. Und da redet sie eben immer mal drüber.«
»Immer mal«, schnaubte Lucy. »Das ist ihr absolutes Lieblingsthema, von dem sie fast jeden Tag redet. Allerdings muss man zugeben, dass sie wirklich wie besessen über ihr Fragment forscht und sehr viel studiert. Die großen Fluten sind auch ziemlich beeindruckend, so eine möchte jeder gerne mal auslösen. Und je größer eine Flut wird, desto mehr Leute nehmen an ihr teil. Ihre Geschichte kann sich über die ganze Akademie ausbreiten. In jedem Saal und Zimmer können dann Ereignisse auftauchen. Das ist einfach gigantisch. Noch viel größer als das Schiff im Moment. Und diese Flut ist schon ganz schön gewaltig. Gestern haben die beteiligten Flutler angeblich mehrere Stunden mit dem Schiff in einem Hafen verbracht. Die ganzen oberen Jahrgänge können das inzwischen sehen. So was passiert nicht oft.«
»Hast du denn schon eine eigene Flut ausgelöst?«, fragte Filine sie.
»Ja, mehrere. Neulich erst wieder eine kleine. Ich habe aus einem Stück Feuerstein die Geschichte eines Faustkeils erfahren. Das war einfach unbeschreiblich.« Lucys Augen begannen zu glänzen. »Alles fing damit an, dass ich ein paar Leute auf einem Acker sah, die um einen kleinen, seltsam geformten Stein herumstanden und dachten, der Stein wäre ein Speer der Götter.«
»Ein Donnerkeil!«, rief Rufus.
Lucy nickte. Doch ehe sie fortfahren konnte, tauchte hinter ihnen Werkmeister Zachus auf. Rufus zuckte zusammen. Bestimmt wollte er ihnen sagen, dass sie nicht so viel quatschen sollten. Das hier war immer noch Unterricht. Aber dann merkte er, dass er sich geirrt hatte.
»Ich muss leider weg«, erklärte der Werkmeister eilig. »Einige der älteren Lehrlinge wollen etwas über die Verwendung der Werkzeuge bei den Phöniziern wissen. Ihr entschuldigt mich bitte. Der Unterricht geht morgen Nachmittag weiter. Lucy und Ottmar, wenn ihr Zeit habt, kommt doch später noch in mein Büro. Ich habe ein paar tahitianische Holzbearbeitungsgeräte für dich, Lucy. Und Ottmar, du wolltest doch noch etwas über mittelalterliche Leinwände wissen.«
Staunend sah Rufus Werkmeister Zachus nach, der ohne weitere Umstände aus der Halle lief. An der Akademie herrschten offenbar wirklich andere Regeln als in der Schule. »Ist das hier normal, dass der Lehrer einfach aus dem Unterricht verschwindet?«
Lucy lachte. »Ihr habt noch keine Artefakte, aber wenn es so weit ist, werdet ihr ganz bestimmt selbst so viel damit zu tun haben, dass ihr gar nicht immer in den Unterricht gehen könnt.«
»Und was macht man dann die ganze Zeit?« No sah Lucy ungläubig an.
»Das werdet ihr schon merken. Es ist nie genau dasselbe, und voraussagen kann man es sowieso nicht. Ich zum Beispiel gehe jetzt ein paar Vermutungen nach, die ich zu meinem Artefakt hege. Es geht um ausgestorbene Holzarten. Mein Artefakt scheint nämlich aus einem Holz zu sein, das heute keiner mehr kennt.«
No nickte. »Verstehe. Obwohl ich bisher nur von ausgestorbenen Tieren gehört habe.«
Lucy schnalzte wieder mit der Zunge. »Na, hör mal. Das gibt es auch bei Pflanzen.«
»Ja«, sagte Ottmar. »Hast du noch nie was von alten Obstsorten gehört? Es gibt Hunderte von äußerst wohlschmeckenden Apfelsorten, die mit der Industrialisierung von der Erde verschwunden sind. Dabei schmecken sie echt viel, viel besser.« Er klopfte auf seinen runden Bauch.
Lucy stieß ihn in die Seite. »Ich vermute jedenfalls«, fuhr sie dann fort, »dass mein Artefakt aus Toromiro-Holz ist. Das war ein kleiner Baum mit gefiederten Blättern und orangegelben Blüten. Es gab ihn nur auf der Osterinsel. Und das würde natürlich heißen, dass auch mein Artefakt wahrscheinlich von dort stammt.«
»Osterinsel«, murmelte No. »Das ist echt der Hammer. Stammt dein Fragment vielleicht von einem von diesen riesigen Steinköpfen?«
»Sie hat doch gerade gesagt, dass es aus Holz ist!«, wies ihn Filine zurecht.
»Trotzdem«, grinste No. »Vielleicht ist es ja ein Zahnstocher von einem dieser Steintypen.«
»Es ist eher von einer Rongorongo-Tafel«, lachte Lucy. »Rongorongo ist eine Schrift, die es nur dort gab, und man ritzte sie mit Haifischzähnen in Holztafeln«, erklärte Ottmar.
No staunte. »Das ist echt der …«
»Hammer!« Ottmar nickte fröhlich. »Aber du wirst dich dran gewöhnen. Es
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