Die Akte 2013
darum kümmern müssen, dass der Nachschub noch besser klappt, dass die Verteilung reibungslos funktioniert, dass die Preise stimmen und dass nach immer neuen Möglichkeiten für den weltweiten Versand gesucht wird.
Es soll sogar eine Forschungsabteilung zum Austüfteln raffinierter Transportverstecke eingerichtet werden.
Bewährte Tricks aus anderen Ländern und Organisationen sollen übernommen und abgewandelt werden. Auch dafür war der Erfahrungsaustausch der fünf Männer wichtig.
Gospodin Iwanowitsch verwendet für die Versendung von Heroin und Kokain im Großhandel gern Lastwagen und Container mit doppelten Böden.
Mustafa al Koven hat gute Erfahrungen mit Wareneinlagen in Teppichen und Matratzen gemacht.
Pedro Perez hat die letzten Ladungen aus Südamerika erfolgreich unter gefrorenem Fisch versteckt, Signor Romero in Tomatenmarkdosen und der Chinese Yang in Spielzeugkisten.
Alle Methoden haben eines gemeinsam: Die gefährliche Ware wird von ahnungslosen Spediteuren in Schiffen, Lastern und Containern unentdeckt rund um die Welt transportiert, dann von den örtlichen Großhändlern aufgeteilt und schließlich von großen und kleinen Dealern mit riesigen Gewinnen verkauft. Ein Milliardengeschäft!
Zufrieden rauchen die fünf Mafiabosse ihre Havanna-Zigarren, als vom Oberkellner, der vornehmer aussieht als seine Gäste, auf silbernem Tablett ein Telefonhörer serviert wird.
„Sie werden am Telefon verlangt, Senor Alvarez. Ihr Sekretär sagt, es sei dringend.“
Pedro Perez reagiert erst nicht, als er mit dem Decknamen angesprochen wird, unter dem er im Hotel abgestiegen ist. Dann nimmt er unwillig den Hörer entgegen.
„Qué tal? Was ist los?“, fragt er barsch. Und dann wird er blass.
Er murmelt ein paar saftige spanische Flüche, die nicht im Lexikon stehen. Dann legt er das Telefon beiseite und sagt zu seinen Geschäftsfreunden nur ein Wort: „Katastrophe!“
„Mamma mia! Was ist denn bloß passiert?“, ruft Romero aufgeregt und legt sein kubanisches Tabaklolli in den Jade-Aschenbecher.
„Der Containertrick ist aufgeflogen! In Hamburgo! Man hat dort einen der Fisch-Container geröntgt und das versteckte Heroin gefunden.“
„Wie hoch ist der Verlust?“, fragt Iwanowitsch.
„Ein paar hundert Millionen Dollar!“, antwortet Perez kreidebleich.
„Ein bisschen mehr als ein Schälchen Reis“, sagt Yang und lächelt gelassen. „Verlust gehört zum Geschäft. Wir werden eben nächstes Jahr noch bessere Geschäfte machen und die Panne ausgleichen!“
„Wie konnte das bloß passieren?“, grübelt Perez. „Ich muss sofort meine Nichte in Hamburg anrufen.“
Perez nimmt den Hörer des Hoteltelefons und wählt. Die Nummer kennt er auswendig.
„Hallo?“ Eine fremde weibliche Stimme meldet sich. Perez ahnt nicht, dass sie einer gewissen Sonja Sandmann gehört.
„Ich möchte Señora Diaz sprechen“, sagt Perez.
„Die kann im Moment nicht ans Telefon. Kann ich etwas ausrichten? Ich bin das Hausmädchen.“
„Sie soll mich dringend anrufen, wenn das Paket mit äh – mit Ölsardinen angekommen ist“, sagt Perez.
„Und wer hat angerufen?“
„Onkel Pedro. Sie weiß dann schon Bescheid“, sagt Perez rasch und unterbricht die Verbindung.
„Caramba! Da ist was faul. Das spüre ich. Sie hat ein spanisches Hausmädchen. Das weiß ich genau! Und diese Stimme hatte keinen spanischen Akzent! Ich muss sofort unseren Anwalt in Hamburg anrufen!“, sagt Perez nervös zu seinen Kollegen.
Er wählt die Nummer der Anwaltskanzlei. Leider ist der Anschluss belegt. Genervt drückt Perez auf die Wahlwiederholungstaste und zischt: „Nun geht schon ran, ihr Idioten!“
Endlich hebt auf der anderen Seite jemand ab. Eine freundliche Stimme flötet: „Hier Kanzlei Amsel, Drossel, Goldammer, Kohlmeise, Mümmelmann und Ratz. Was kann ich für Sie tun?“
„Verbinden Sie mich schnellstens mit Linus Ratz! Es eilt!“
„Das geht leider nicht. Herr Ratz ist eben zu einer Mandantin gerufen worden.“
„Dann verbinden Sie mich mit seiner Sekretärin.“
Von der Sekretärin erfährt Perez, dass der Anwalt wegen seiner Nichte Carmen Diaz zur Polizei musste!
„Sie wird verhört. Es sieht nicht gut aus“, seufzt die Sekretärin bekümmert. „Mehr möchte ich am Telefon nicht sagen.“
„Geht es um – äh – Thunfisch?“, fragt Perez.
„Ich glaube ja!“, sagt die Sekretärin, die nur teilweise eingeweiht ist. „Ich sollte außerdem alle Verwandten bitten, bei dem Makler nicht
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