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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Nachfrage nach Organen. Und weniger Nachfrage hat in der freien Marktwirtschaft niedrige Preise zur Folge – eine ganz einfache Rechnung. Und deshalb wird das Schiff in ein paar Minuten von einem halben Dutzend Sprengladungen zerrissen im Meer versinken.«
    »Sprengladungen? Deine Männer haben Sprengstoff angebracht?«
    »Erraten, Kollege. Keinem dieser Kerle weint ein Mensch auch nur eine Träne nach. Und meine Jungs sind vom Fach, noch vom KGB geschult.«
    Gropius sah Prasskov lange an. Trotz der Dunkelheit erkannte er das Teuflische in dessen Gesichtsausdruck, und ihm kam ein Gedanke. »Prasskov, könnte es sein, dass das Sprengstoffpaket an Felicia Schlesinger, das beinahe mich getötet hätte, deinen Absender trug?«
    Einen Augenblick wirkte Prasskov unsicher, dann entgegnete er spöttisch: »Wo denkst du hin, Gropius, so etwas würde ich nie tun. Obwohl – verdient hättest du es. Schließlich hast du mir das Geschäft vermasselt.«
    Da hob Gropius beide Fäuste und schlug wie von Sinnen auf Prasskov ein. »Du elendes Schwein!«, rief er außer sich.
    Prasskov drehte sich blasiert zur Seite und überließ es zwei seiner Männer, den tobenden Gropius zur Räson zu bringen, indem sie ihm die Arme auf den Rücken bogen.
    »Hör zu, du Preisboxer!«, sagte Prasskov mit erhobenem Zeigefinger. »Bevor du auf harmlose Leute einschlägst, solltest du dich erinnern, dass wir einmal zusammen Golf gespielt haben.«
    Mit einem leisen Pfiff holte er seine Männer zusammen, von denen einer mit einer Taschenlampe ein Signal gab. Das Powerboat drehte bei, und Prasskov und seine Männer ließen sich an einem Seil, das an der Reling befestigt war, hinab. Noch ehe Gropius reagieren konnte, nahm das schnelle Schiff Fahrt auf.
    Gropius war einer Ohnmacht nahe. Er schloss die Augen. Das war's, dachte er. Jeden Augenblick konnte er kommen, der große Knall. Dann war alles aus. Er dachte nicht mehr, er fühlte nicht mehr, er befand sich in einer Art Schwebezustand.
    So nahm Gropius auch das Motorengeräusch nicht wahr, das sich von Westen erneut näherte. Erst als jemand seinen Namen rief, erwachte er aus seinem Schockzustand und öffnete die Augen.
    »Gropius!«
    Er blickte über die Reling nach unten.
    Prasskov stand im Heck des Powerboats und fuchtelte wild mit beiden Armen. »Mensch, spring! Das ist deine letzte Chance.«
    Auf dem Achterdeck der ›In Nomine Domini‹ gingen die Lichter an. Der Lärm hatte die Mannschaft geweckt.
    Gropius überlegte nicht lange, er schwang sich über die Reling und sprang mit einem Satz auf den Bug des Schnellboots. Sein rechtes Bein schmerzte, aber als er die dröhnenden Motoren hörte, klang es wie eine Erlösung.
    Das Boot stellte den Bug steil gegen die Wellen. Hart wie Felsbrocken knallten die Brecher gegen das von Prasskov gesteuerte Schnellboot. Gropius klammerte sich an die Sitzbank in der hinteren Reihe. Der Lärm, den die Maschinen verursachten, machte jede Unterhaltung unmöglich.
    Plötzlich wandte sich der Mann neben Prasskov um. Er hielt ein Kästchen mit kurzer Antenne in beiden Händen und schien ganz ruhig. Prasskov rief ihm irgendetwas zu, und der Mann mit dem Sender vollführte eine heftige Bewegung.
    Im selben Augenblick erhellte eine gewaltige Explosion das Meer bis zum Horizont. Verstört starrte Gropius auf den zuckenden Feuerball in der Ferne. Flammen loderten in den Himmel.
    Prasskov stieß einen Schrei aus wie ein Sieger, dem ein großer Coup gelungen ist, und gab dem Rennboot höchsten Schub. Die Flammen hinter ihnen wechselten die Farbe, das grelle Gelb veränderte sich in tiefes Rot wie ein glühender Klumpen Eisen. Nach wenigen Minuten – das Schnellboot hatte sich bereits zwei bis drei Meilen entfernt – wurde der lodernde Lichtschein von der Dunkelheit verschluckt.
    Während das Boot einem unbekannten Ziel entgegenraste, dämmerte im Osten der graue Morgen. Gregors Schädel brummte vom harten Schlag der Wellen. Prasskov steuerte das rasende Geschoss in geduckter Haltung. Auf dem Radarschirm neben ihm flimmerte ein grellgrünes Bild.
    Nach einer Stunde tauchte vor ihnen die Küste auf, ein diffus leuchtender Streifen zuerst, dann eine Linie mit deutlichen Konturen: Barcelona.
    Als sie sich der Mole des Yachthafens bis auf eine halbe Meile genähert hatten, verlangsamte Prasskov die Fahrt und überließ einem seiner Männer das Ruder. Dann kletterte er über die Sitzlehne zu Gropius auf die Rückbank. Gregor brachte kein Wort hervor. Er wusste nicht, was

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