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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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erledigt hatten. Vielleicht fuhr er auch völlig umsonst. Es war nur ein Gedanke, absurd wie das meiste, das er in den letzten Monaten erlebt hatte.
    Kurz nach Arbeitsbeginn um sieben Uhr, inzwischen hatte leichter Regen eingesetzt, passierte Gropius mit seinem Geländewagen das eiserne Firmentor mit dem Schild ›Adebar-Altmetall‹. Beiderseits der ungeteerten Straße stapelten sich Autowracks. Der Regen verstärkte den trostlosen Anblick. Am Ende des Weges kam eine riesige Schredderpresse ins Blickfeld, und davor lärmte ein Bagger auf vier spinnenartigen Beinen und mit einem Greifarm wie ein Krake, so groß, dass er mit einem einzigen Griff ein Auto zusammenpresste, in die Luft hob, seitlich schwenkte und wie angewidert in die Presse fallen ließ.
    Gropius hielt an und stieg aus. Der Platz war gespenstisch leer. Kein Mensch weit und breit, nur hoch oben in der Kanzel des Riesenbaggers war, wenn der Scheibenwischer gerade den Blick freigab, das Gesicht des Baggerführers zu erkennen.
    Die Hand über den Augen, suchte Gropius nach Schlesingers Citroën DS 21, der, so dachte er, unter hundert anderen alten Automobilen hervorstach. Während er die aufgereihten Wracks, die ihrem unrühmlichen Ende entgegenharrten, in Augenschein nahm, wandte er den Blick himmelwärts, wo gerade hoch über seinem Kopf ein Auto der Presse entgegenschwebte.
    Der Citroën!
    Gropius stieß einen Schrei aus in der Hoffnung, der Baggerführer würde ihn hören. Doch der setzte unbeeindruckt seine Arbeit fort. Da schwenkte Gropius die Arme und hüpfte wild gestikulierend in die Höhe und zeigte mit der Rechten auf den Wagen am Greifarm. Vergeblich. In Panik griff Gregor nach einem Metallteil, das auf dem Boden herumlag, und schleuderte es in Richtung der Führerkanzel des Riesenbaggers. Gregor erschrak selbst ob des Knalls, den sein Wurfgeschoss verursachte. Die Scheibe zersplitterte und regnete wie tausend Eistropfen zu Boden.
    Erschrocken beugte sich der Baggerführer aus seiner Kanzel. Er begriff nicht, was passiert war. Am Greifarm baumelte der Citroën. Gropius machte sich durch Rufen bemerkbar.
    Fluchend kletterte der Baggerführer auf einer schmalen Eisenleiter nach unten. Gropius hatte Schwierigkeiten, dem Mann zu erklären, dass er wichtige Papiere in dem Wagen vermute, der am Greifarm hänge. Erst als er beteuerte, für den angerichteten Schaden aufzukommen, erklärte sich der Baggerführer bereit, den Citroën wieder auf die Erde zu setzen.
    Die Greifer hatten sich durch die Wagenfenster in das Innere gebohrt und die Sitzpolster aufgeschlitzt. Wo sollte er suchen? Das Handschuhfach war leer, auch unter Fahrer- und Beifahrersitz – nichts. Ebenso unter der Rückbank. Der Deckel des Kofferraums klemmte. Erst mithilfe eines Brecheisens gelang es ihm, ihn zu öffnen. Das Reserverad war entfernt. Anstelle der Kofferraumauskleidung lagen verdreckte Blätter einer alten Zeitung herum. Enttäuscht wollte Gropius gerade aufgeben, als er eine Zeitung beiseite schob.
    »Das ist nicht wahr!«, stammelte er ungläubig vor sich hin. »Das kann nicht sein!« Vor ihm lag eine graue Akte, angeschmutzt und unscheinbar. Ein kurzer Blick genügte, und Gropius wusste: Er hatte gefunden, wonach er so lange suchte.
    Der Regen wurde stärker, und Gropius reichte dem Baggerführer seine Visitenkarte. Dann begab er sich zu seinem Geländewagen.
    Wie Geschosse prasselten dicke Regentropfen auf sein Autodach. Ihr Rhythmus verhinderte jeden klaren Gedanken. Gropius sah, wie seine Hände zitterten, als er den Aktendeckel aufschlug und zu blättern begann. Zwei DNA-Analysen mit identischem Strichcode und unterschiedlichem Datum, unterschrieben von Prof. Luciano de Luca, stachen sofort ins Auge. Darunter, eingeschweißt in eine Folie, ein vergilbtes Stück Leinen, handtellergroß und halbkreisförmig. In einer weiteren Folie ein Knochensplitter, kaum länger als ein Streichholz, mit einem Aufkleber: ›Sitzbein – Jesus Nazarenus * 0,33‹.
    Sitzbein? Vor Gropius geistigem Auge tauchte eine Szene auf, die beinahe fünf Monate zurücklag: Mit Felicia hatte er damals ein heimliches Schließfach geöffnet, das Schlesinger in einer Wiener Bank angemietet hatte. Sein Inhalt, vermeintlich ein Hufeisen aus Elfenbein, hatte sie enttäuscht, weil sie nichts damit anfangen konnten. Natürlich, schoss es Gregor durch den Kopf, bei dem vermeintlichen Hufeisen handelt es sich um ein Bruchstück des Sitzbeins des Jesus von Nazareth. Schlesinger musste es, bevor die

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