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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Grabungsstätte in Jerusalem in die Luft gejagt wurde, an sich genommen haben. Rodriguez hatte zuletzt so etwas angedeutet. Dieser Knochen und die Blutreste auf dem originalen Turiner Leichentuch genügten, mithilfe der DNA zweifelsfrei nachzuweisen, dass Jesus von Nazareth ein Mensch war wie du und ich.
    Gropius klappte die Akte zu. Sein Herz schlug bis zum Hals. Er startete den Motor und schaltete den Scheibenwischer ein. Die Autowracks vor ihm begannen zu wanken, ihre Konturen zerflossen zu Schlangenlinien. War es der Regen auf der Windschutzscheibe, der das bewirkte, oder spielten seine Sinne verrückt? Gregor wusste es nicht. Er legte den Gang ein und gab Gas.
    Im Schritttempo näherte sich Gropius dem Eingangstor, Wasserlachen und herumliegenden Schrott vorsichtig umfahrend. Was dann geschah, erlebte Gropius so, als spielte er eine Rolle in einem Film. Am Eingang kam ihm eine Limousine mit abgedunkelten Scheiben entgegen. Die Zufahrt war eng, so schmal, dass Gregor rechts ranfuhr und stehen blieb, um den schwarzen Mercedes vorbeizulassen. Als beide Fahrzeuge sich auf gleicher Höhe befanden, hielt die Limousine an. Das hintere Seitenfenster wurde heruntergelassen. Dunkle Wolken eines regenverhangenen Himmels verhinderten, dass Gropius die Insassen erkennen konnte. Nach allem, was er in der Vergangenheit erlebt hatte, erwartete Gregor, dass im Fenster der Mündungslauf einer Maschinenpistole erscheinen würde. Er war wie gelähmt.
    Doch statt einer todbringenden Waffe kam im Seitenfenster des Autos ein schwarzer Aktenkoffer zum Vorschein. Eine einzelne Hand öffnete die Schließen und klappte den Deckel auf. Verwirrt starrte Gropius auf zwei Reihen Geldbündel mit lilafarbenen 500-Euro-Scheinen.
    Er wusste nicht, wie lange er regungslos dagesessen hatte. Der Unsichtbare schloss den Koffer mit dem Geld und reichte ihn aus dem Fenster. Gropius kurbelte die Scheibe herunter und nahm den Geldkoffer entgegen. Wie unter Hypnose händigte er im Gegenzug die Akte aus.
    Erst als er auf der Wasserburger Landstraße stadteinwärts fuhr, kam Gropius die ganze Tragweite seines Handelns zu Bewusstsein. Er bereute es nicht. Eine innere Stimme hatte ihn geleitet.
    Nach Hause zurückgekehrt, stellte Gropius den Geldkoffer in der Garderobe ab. Es dauerte eine ganze Weile, bis er Francesca über das Geschehen auf dem Schrottplatz aufklärte.
    »Und was hat man dir für die Akte gezahlt?«, fragte Francesca nach einer Zeit langen Nachdenkens.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Gregor wahrheitsgemäß. Und mit einem gekünstelten Lächeln meinte er: »Du kannst ja nachzählen!«
    Francesca holte den Koffer und stellte ihn auf Gropius' Schreibtisch.
    »So viel Geld habe ich noch nie im Leben gesehen«, bemerkte sie staunend und begann eines der Geldbündel zu zählen.
    »Ich auch nicht«, entgegnete Gropius.
    Francesca stockte: »Mein Gott, das sind zehn Millionen.«
    Gregor nickte: »Genug, um ein neues Leben zu beginnen.«
    Noch am selben Tag rief Gropius Felicia an.
    »Du erinnerst dich an unsere Reise nach Wien?«, begann Gregor ohne Umschweife.
    »Oh ja«, gab Felicia zurück, »eine sehr angenehme Erinnerung. Aber weshalb rufst du mich wirklich an?«
    »Der Inhalt des Schließfachs in der Bank!«
    »Was hat es damit auf sich?«
    »Das war kein Hufeisen aus Elfenbein!«
    »Sondern?«
    »Ein Knochenfragment des Jesus von Nazareth.«
    »Ach«, erwiderte Felicia, einfach nur ›ach‹. Dann entstand eine endlose Pause. Gropius hatte angesichts der Tragweite seiner Nachricht das nicht anders erwartet.
    Endlich fragte er vorsichtig: »Du hast doch nicht etwa das Schließfach bereits aufgelöst?«
    »Ich hatte es eigentlich vor«, erwiderte Felicia, »aber mir fehlte die Zeit. Was hältst du davon, wenn du das Schließfach samt seinem Inhalt übernimmst? Du weißt sicher mehr damit anzufangen.«
    »Felicia, weißt du überhaupt, was du da sagst?«
    »Natürlich.«
    »Ich muss dir nämlich noch etwas mitteilen. Schlesingers Akte Golgatha ist aufgetaucht. Sie lag im Kofferraum seines Citroën.«
    Zuerst lachte Felicia, aber schon im nächsten Augenblick wurde sie ernst, und sie antwortete: »Gregor, ich will mit der Angelegenheit nichts mehr zu tun haben, hörst du. Nimm die Akte und den Knochen und verbrenne alles oder, noch besser, mache alles zu Geld. Aber lass mich damit zufrieden. Und noch etwas: Anatol Rauthmann darf nichts davon erfahren. Wir verstehen uns?«
    »Ja«, antwortete Gregor Gropius knapp.
    Gregor und Francesca

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