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Die Akte Kachelmann

Die Akte Kachelmann

Titel: Die Akte Kachelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Knellwolf
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stimme und sich belegen lasse», hieß es, «wäre für Kachelmann und seine Anwälte Panik auch die einzige angemessene Reaktion.» «Focus» schilderte detailliert, was die Frau dem Oberstaatsanwalt am Telefon erzählt habe.
    Es ging weiter wie so oft im Medienfall Kachelmann. Die «Bild»-Zeitung zog nach und titelte: «Brutalo-Sex: Neue Vorwürfe gegen Kachelmann» und «Wird ihm dieses Handy zum Verhängnis?» Im Bericht wurde auch Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker zitiert: «Keiner der Vorwürfe ist wahr. Hinter der ‹Focus›-Berichterstattung steckt eine üble Kampagne des Hubert-BurdaVerlags.»
    Jolanda R. ist keine klassische «Beziehungszeugin», keine eigentliche Parallelpartnerin Jörg Kachelmanns. Sie traf den Wettermann zweimal: Die erste Begegnung fand im Fotostudio für ihren Arbeitgeber statt, mit ihm vor und ihr hinter der Kamera. Der zweiten – an die sie sich ungern erinnert – misst die Staatsanwaltschaft Mannheim große Bedeutung zu, zumal sie nur drei Wochen vor der angeklagten angeblichen Vergewaltigung stattgefunden haben soll.
    Am 15. Februar 2011 in Zürich sagt Jolanda R. acht Stunden lang aus. «Gesittet» sei es zu und her gegangen, wird ihr Anwalt Valentin Landmann danach erklären, trotz des einen oder anderen «verbalenSchlagabtauschs». Ansonsten dringen keine Informationen über die Vernehmung nach draußen. Die Staatsanwaltschaft Zürich hat allen Beteiligten eine Schweigepflicht bis zur Urteilverkündung in Mannheim auferlegt. Es dauert aber keinen Tag, da findet die Online-Ausgabe des mitverteidigenden «Spiegel»: Die Schweizreise der Justiz habe «nicht das von der Staatsanwaltschaft erhoffte Ergebnis gebracht». Es habe sich herausgestellt, dass sich Jörg Kachelmann und die Fotografin beim Fotoshooting «gut verstanden und beim Abschied geküsst» hätten. «Dieser Annäherung Kachelmanns, die sie angeblich nicht beabsichtigt hatte, habe sie sich nicht widersetzt.» Zu weiteren Treffen, so schreibt «Spiegel online», sei es nicht gekommen. Sein Fazit: «Außer Spesen nichts gewesen.»
    Zwei Wochen später erfolgt der publizistische Gegenschlag: «Focus» berichtet, «was die Zeugin erzählte» («eine unheimliche Episode»), «Bild am Sonntag» schreibt, was die «gefährliche Zeugin» ausgesagt haben soll («Jolanda R. soll über ihr Erlebnis schockiert gewesen sein»), und «Der Sonntag» aus der Schweiz titelt: «Kachelmann demütigte Schweizerin». Stimmen die detaillierten Berichte, hat die Online-Redaktion des «Spiegel» nicht nur vieles falsch dargestellt, sondern die Schilderung der Zeugin auch grob verharmlost. Die Kanzlei Höcker jedoch mahnt alle drei Blätter ab, weil sie «stigmatisierend» über das vermeintliche Sexualleben ihres Mandanten schrieben und so irreparablen Schaden anrichteten. Das Landgericht Köln verbietet zentrale Passagen aus den Artikeln.
    Wenige Tage nach diesen negativen Berichten über ihn und Jolanda R. heiratet Jörg Kachelmann. Bald beginnt er über die Atomkatastrophe in Fukushima zu twittern. Per Kurzmitteilungen erhebt er Vorwürfe an die japanischen Behörden: «In Japan werden die entscheidenden Daten zensiert.» Kachelmann referiert, wie viel Strahlung ein Mensch «auf die Mütze kriegen» kann, ohne daran Schaden zu nehmen. Und er warnt: «Regenschauer in der verstrahlten Region, was zu regional extrem erhöhten Radioaktivitätswerten führen wird.»
    Vieles scheint wie vor 25 Jahren, als er, der Journalist gewordene Umweltschützer, für den «SonntagsBlick» schrieb: «Also doch! VerstrahlteMilch landete in Rahm und Butter» und «Mehr Krebs! So verändert Tschernobyl unser Leben». Der Frischverheiratete macht auch in Deutschland wieder Radiowetter: für den Privatsender «Primavera» in Aschaffenburg. Jörg Kachelmann ist zurück in der Vergangenheit.

Im Namen des Volkes
    Plötzlich ist sie wieder da. Um 9.02 Uhr am 18. Mai 2011 betritt sie den Saal 1 des Mannheimer Landgerichts, in schwarzer Bluse, lilafarbener Hose und schwarzen Turnschuhen, mit ernster Miene, ohne Halstuch. Alle Blicke sind auf sie gerichtet.
    Er war kurz durch die gegenüberliegende Seitentür verschwunden. Nun taucht er wieder auf, das Haar kürzer als in den ersten zähen Verhandlungsmonaten, «Konfirmandenschnitt» werden sie schreiben, dezent dunkelblau ist der Anzug. Einen knappen ernsten Blick nur wirft er zu ihr hinüber.
    41 Tage lang hat die 5. Große Strafkammer des Mannheimer Landgerichts herauszufinden versucht, was zwischen den

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