Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
Vom Netzwerk:
nickte und nahm die Liste entgegen, die Kowalski ihm reichte.
    »Aßmann ist in Berlin«, sagte er. »Und wo Sie die anderen finden können, das lasse ich überprüfen.«
    »Danke.« Rath wartete, bis Wengler die Liste zusammengefaltet und eingesteckt hatte, bevor er die nächste Frage stellte. »Ihr Bruder – kann es sein, dass er geahnt hat, dass er in Gefahr war?«
    »Nicht dass ich wüsste. Wir haben allerdings auch nicht so oft miteinander gesprochen. In den letzten Jahren jedenfalls.« Wengler schüttelte den Kopf. »Verdammt. Wie schnell so etwas geht, dass jemand nicht mehr lebt. Einfach nicht mehr da ist.«
    »Wussten Sie, dass Ihr Bruder vor Kurzem umgezogen ist?«
    »Wohnt er nicht mehr in Schöneberg?«
    Rath schüttelte den Kopf. »Nein. Ich hatte gehofft, Sie könnten uns vielleicht die neue Adresse nennen. Ihr Bruder scheint niemandem mitgeteilt zu haben, wohin er gezogen ist. Es sieht so aus, als habe er sich verstecken wollen. Gleichwohl ist er jeden Tag zum Dienst gekommen, als sei nichts geschehen.«
    Wengler zog an seiner Zigarette und schaute nachdenklich in die Ferne, zum Festtrubel am Kriegerdenkmal, wo sich die Treuburger mit den Erzeugnissen der Luisenbrennerei betranken.
    »Und Sie glauben, er hat sich zurückgezogen, weil er sich bedroht fühlte?«
    Rath nickte. »Im Dienst hat er sich wohl sicher gefühlt und geglaubt, dass er da nichts zu befürchten hat.«
    »Offensichtlich ein Irrtum.«
    »Offensichtlich. Können Sie uns Freunde Ihres Bruders nennen? Menschen, denen er seine neue Adresse möglicherweise mitgeteilt hat?«
    »Ich fürchte, da kann ich Ihnen nicht helfen. Siegbert hatte nie viele Freunde.« Wengler trat die Zigarette aus. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen. Ich wäre gerne einen Moment allein.«
    Rath und Kowalski schauten Gustav Wengler hinterher, wie er zum Seeufer hinüberging, allein mit sich und seinen Gedanken. Jetzt wirkte der große Mann von Treuburg doch ziemlich einsam.
    56
    M anfred Unger saß wie gewöhnlich in seinem Büro hinter der Glasscheibe und guckte sie mit großen Augen an, als sie in der Zentralküche erschien, mit vier bis fünf Stunden Verspätung und in Begleitung eines einzelnen Herrn. Sein Gehirn schien einen Moment zu brauchen, um diesen Eindruck zu verarbeiten, dann sprang der Chefkoch von seinem Schreibtischstuhl auf, schnell wie ein Springteufel, hastete zur Tür und riss sie auf.
    »Was glauben Sie eigentlich, was Sie sich erlauben können?«, brüllte er Charly an. »Wissen Sie, wie spät es ist? Sie können gleich wieder gehen! Und sich Ihre Papiere abholen!«
    »Wir gehen auch gleich wieder, Herr Unger.« Lange zückte seinen Dienstausweis, und jetzt schien es dem Chefkoch zu dämmern, woher er Charlys Begleiter kannte. »Allerdings werden Sie mitkommen.«
    »Warum sollte ich?«
    »Dringender Tatverdacht. Erpressung in mehreren Fällen. Ich darf Sie bitten, uns unauffällig zu folgen. Ich denke, es ist auch in Ihrem Sinne, so wenig Aufsehen wie möglich zu erregen.«
    »Aber …« Unger zeigte auf die Zentralküche, auf sein Reich. »Die Arbeit hier …«
    »Die wird schon erledigt, Herr Unger«, sagte Charly. »Es gibt doch genug Leute, die alles tun würden für eine Stelle im Haus Vaterland . Man muss sie nur von der Straße holen.«
    Unger glotzte sie an. Er schien immer noch nicht zu begreifen, welche Rolle sie hier spielte. Er schaute Lange an.
    »Hat die Schlampe mich denunziert? Der dürfen Sie nichts glauben. Dieses Negerliebchen will mich doch nur in die Pfanne hauen!«
    »Ich rate Ihnen, sorgfältiger bei Ihrer Wortwahl zu sein«, sagte Lange, »diese Schlampe , wie Sie Fräulein Ritter unpassenderweise nennen, ist Kriminalbeamtin.«
    »Wie bitte?«
    Unger starrte sie an mit geöffnetem Mund und sah dabei nicht sonderlich intelligent aus.
    »Fräulein Ritter ist Kommissaranwärterin«, erklärte Lange.
    »In was für einer Welt leben wir eigentlich?«, sagte der Koch und schüttelte den Kopf, »Frauen bei der Polizei!«
    »Am besten, Sie gewöhnen sich daran, Herr Unger«, sagte Lange. »Sie werden die Kollegin Ritter in den nächsten Tagen wahrscheinlich häufiger sehen.«
    »Was für eine Welt! Am Ende kommen die Sozen noch auf die Idee und machen eine Frau zum Minister. Oder gleich zum Reichskanzler.«
    »Wenn Sie weiter solche Reden schwingen, Herr Unger, lasse ich doch noch einen Trupp Uniformierte anrücken, die Ihnen Handschellen anlegen und Ihr Büro auf den Kopf stellen.« Lange zog ein paar amtliche Schreiben aus

Weitere Kostenlose Bücher