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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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nicht stimmte. Ohne eine weitere Bemerkung gehorchte er.
    Rath setzte sich auf den Beifahrersitz. Diesmal knallte er die Tür.
    »Was ist denn los?«, fragte der Kriminalassistent. »Ist Berlin nicht zufrieden mit uns?«
    Pünktlich um eins hatte Kowalski fünf Namen geliefert, fünf Mitarbeiter der Luisenbrennerei im Jahre 1924, denen der Kleinstadttratsch ebenfalls nachsagte, in den Schwarzbrennerskandal verwickelt zu sein. Zwei davon waren weggezogen, drei lebten noch in Treuburg. Und arbeiteten immer noch in der Brennerei, unter anderem auch Dietrich Aßmann, der Betriebsleiter, der gerade auf Geschäftsreise in Berlin war.
    »Ihre Namensliste ist in Ordnung, gute Arbeit, Kowalski.«
    Tatsächlich hatte Böhm jeden einzelnen Namen aufs Genaueste notiert. Noch einen Fehler wollten sie sich in Berlin wohl nicht erlauben. Wahrscheinlich lief die Fahndung bereits auf Hochtouren.
    Während Kowalski den Wanderer anrollen ließ, schaute Rath aus dem Fenster. Die Kommunisten hatten wieder plakatiert: Gegen den Faschismus! Kämpft mit den Kommunisten! Wählt Liste 3 ! Diesmal offensichtlich bei Tageslicht, die Wahlparolen glänzten noch feucht vom Kleister. Aber heute war das auch kein Problem, heute war der Treuburger Marktplatz so ausgestorben wie sonst um Mitternacht, und in der Mitte wartete ein Holzstoß darauf, angezündet zu werden. Es sah aus, als suche die Stadt noch nach der Hexe oder dem Ketzer, die darauf verbrannt werden sollten.
    »Was ist denn los, Herr Kommissar? Wenn Berlin mit unserer Arbeit zufrieden ist, warum sind Sie dann so schlecht gelaunt?«
    Rath schaute den Kriminalassistenten an. »Kowalski«, sagte er, »haben Sie schon einmal eine Todesnachricht überbracht?«
    Kowalski erbleichte.
    Gustav Wengler jedoch reagierte gefasst. Gefasster jedenfalls, als Rath zu hoffen gewagt hatte. Beinahe, als habe er mit einer solchen Nachricht gerechnet. Sie hatten den Direktor aus dem Festzelt holen müssen, vom Tisch seiner Mitarbeiter, an dem ausgelassene Stimmung herrschte.
    Erst etwas abseits des Festtrubels im Hindenburgpark war Rath mit der Nachricht herausgerückt. Er hatte sie so vorgetragen, wie Gennat es ihnen einschärfte: nicht mit der Tür ins Haus fallen, es aber auch nicht zu sehr hinauszögern.
    »Eine traurige Nachricht«, so hatte er angefangen, »Ihr Bruder in Berlin …« Da hatte Gustav Wengler schon verstanden, hatte nach dem Zigarettenetui in seiner Tasche gegriffen und eine Zigarette herausgefummelt.
    »Es tut mir leid, Herr Wengler, aber Ihr Bruder ist tot. Im Dienst ermordet.« Die endgültige Nachricht.
    Wengler sagte eine Weile gar nichts, er steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen und suchte seine Taschen nach einem Feuerzeug ab oder nach Streichhölzern, ohne welche zu finden. Rath gab ihm Feuer, zündete sich selbst eine Overstolz an und erzählte, wann und wo Hauptwachtmeister Siegbert Wengler ums Leben gekommen war.
    Fragen Sie die Leute nicht gleich aus. Lassen Sie die Leute reden, wenn Sie merken, dass sie reden wollen. Wenn nicht, dann reden Sie. Gennats nächster Tipp für das weitere Verhalten nach dem Überbringen der Nachricht.
    Wengler wollte nicht reden.
    »Wir vermuten, dass es derselbe Täter war, der bereits Ihre ehemaligen Arbeiter auf dem Gewissen hat.«
    Wengler nickte und nahm einen tiefen Zug.
    »Artur Radlewski?«, fragte er.
    »Wie es aussieht, ja. Nur dass wir noch keinerlei Spur von ihm haben. Der Mann scheint sich unsichtbar machen zu können.«
    »Im Dienst ermordet, sagen Sie?«
    Rath nickte. Mehr sagte er nicht. Einzelheiten wollte er Wengler vorerst ersparen.
    »Es tut mir sehr leid, Herr Wengler, dass ich Sie auf einem Fest, das für Sie ohnehin schon mit traurigen Erinnerungen verbunden ist, mit einer solchen Nachricht behelligen muss.«
    Kowalski hielt sich die ganze Zeit im Hintergrund. Rath sah ihm an, dass er sich in der Situation nicht wohlfühlte. Kein Wunder, er hatte Siegbert Wengler noch als Polizisten gekannt. Und Gustav Wengler war auch vor zehn Jahren schon ein wichtiger Mann in der Stadt gewesen.
    »Wir müssen Ihnen noch ein paar Fragen stellen, Herr Wengler«, sagte Rath.
    »Müssen Sie wohl. Sie erledigen ja auch nur Ihre Arbeit.«
    »Wir haben hier ein paar Namen. Männer, die ebenfalls mit dem Schwarzbrennerskandal in Zusammenhang gebracht wurden. Ich möchte Sie bitten, dass Sie uns helfen, diese Männer zu erreichen. Wir wollen sie warnen und nach Möglichkeit schützen. Damit es nicht noch mehr Tote gibt.«
    Wengler

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