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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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geworden war, das wusste sie. Dass sie arbeiten wollte. Und trotzdem Kinder haben und trotzdem ein Zuhause. Nur wie man so etwas machte, das konnte ihr keiner sagen.
    Es klopfte an die Tür.
    »Bist du bald fertig? Ich muss auch ins Bad.«
    »Kann sich nur um Stunden handeln.«
    Die Tür ging auf, und Greta steckte ihren Kopf ins Zimmer. »Was ist denn los, meine kleine Küchenfee?«, sagte sie und grinste, »hat Aschenputtel Probleme, sich wieder in eine Prinzessin zu verwandeln?«
    Charly steckte der Freundin ihre wasserglänzenden Hände entgegen. Greta schnupperte und verzog das Gesicht.
    »Schon mal mit Zahncreme probiert?«, fragte sie.
    »Mundgeruch ist nicht mein Problem.«
    »Nein, im Ernst. Gib mal her.« Greta nahm Charlys Hände, drückte einen Streifen Chlorodont darauf und rieb die Innenflächen gegeneinander. »Altes Hausmittel. Würdest du kennen – wenn du auch bei uns zu Hause mal öfter Zwiebeln schneiden würdest.«
    Charly spülte die Zahnpastamatsche mit klarem Wasser ab. Ihre Hände rochen jetzt zwar ein wenig nach Minze, aber nicht mehr nach Zwiebeln. Sie schaute in den Spiegel. Die Augen wurden auch langsam wieder.
    Ob Gereon überhaupt schon zu Hause war? Sie hatte noch einmal im Büro angerufen am Nachmittag, aber wieder nur die Voss an der Strippe gehabt. Über die Sekretärin konnte sie ihm natürlich nichts ausrichten lassen. Der Herr Kommissar war mal wieder auf Achse. Hatte sich nach einer neuen Spur angehört, aber so ganz schlau war sie aus den Worten der Sekretärin nicht geworden. Sollte sie vielleicht auch nicht.
    Obwohl sie Haus Vaterland am liebsten fluchtartig verlassen hätte, war sie der Einladung des schwarzen Kellners gefolgt und hatte noch in der Wildwestbar vorbeigeschaut. Mohamed Husen, der afrikanische Cowboy, hatte sich gefreut und ihr einen Luisenbrand spendiert.
    »Das tut gut«, hatte sie gesagt und die flache Hand über das Glas gehalten, als Husen Anstalten machte, noch einmal aufzufüllen. »Schmeckt aber nicht unbedingt amerikanisch.«
    »Wenn wir echt amerikanisch wären, dann gäbe es hier auch keinen Bourbon, dann gäbe es überhaupt keinen Alkohol. In Amerika ist der verboten.« Husen zeigte unauffällig auf eine Gruppe lautstark grölender Gäste. »Genau deshalb kommen die Amis ja so gerne zu uns. Die trinken alles, auch Korn und Wodka und Weinbrand. Hauptsache, hochprozentig. Wenn Sie mich fragen: Die Prohibition hat die Gier nach Alkohol nur verstärkt.«
    »Haben Sie denn überhaupt Zeit, mich zu bewirten?«
    »Ich habe eben beschlossen, meine Zigarettenpause hier drinnen zu verbringen.«
    Er hatte sein Etui schon gezückt und bot auch ihr eine an. Charly griff zu.
    Mohamed Husen schien sich gut auszukennen im Haus Vaterland , er arbeitete schon fast zwei Jahre hier. Er wusste sogar, dass es mit gepanschtem Luisenbrand Probleme gegeben hatte. Den Amis in der Wildwestbar war das nicht aufgefallen, aber Riedel, der Spirituoseneinkäufer, der öfter mal ein Gläschen hier trank, hatte wohl dezent Alarm geschlagen. Unauffällig hatten die Kellner sämtliche Flaschen Luisenbrand, die noch im Umlauf waren oder im Regal standen, einsammeln müssen. Drei von sieben Flaschen hatten sich schließlich als gepanscht herausgestellt, allein in der Wildwestbar: Alles in allem, erzählte Husen, hatten rund zwei Dutzend Flaschen billigen Fusel statt edlen Kornbrand enthalten.
    Die Leute in der Wildwestbar schielten immer wieder verstohlen zu ihnen hinüber, während sie sich unterhielten. Zunächst glaubte Charly, sie bilde sich das ein, es sei das Gefühl, enttarnt worden zu sein, das einen ab und an ereilen konnte bei so einer verdeckten Ermittlung, doch dann merkte sie, dass sie sich die Blicke der übrigen Gäste nicht einbildete und dass der Grund dafür neben ihr am Tresen saß. Sie war sich nicht ganz sicher, ob Husens exotisches Äußeres und sein Cowboykostüm die Blicke anzog, oder aber die Tatsache, dass da ein deutsches Mädchen mit einem Neger an einem Tisch saß.
    Mohamed Husen hatte sich nichts anmerken lassen. Wahrscheinlich war er solche Blicke gewöhnt, dachte Charly, während sie ihr müdes Gesicht im Spiegel betrachtete und den Lippenstift nachzog, für ein weiteres Gespräch jedenfalls würde sie mit ihm woanders hingehen müssen, in der Wildwestbar fielen sie zu sehr auf. Und sollten die Kellner dort auch noch zu tratschen anfangen, wären die Gerüchte schnell in der Zentralküche und Charly ihre Stelle wieder los.
    Als sie endlich im Taxi nach

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