Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)
war gleich so außer sich, dass ich gar nicht mehr zu Wort kam.«
»Wie? So eine Dreistigkeit! Verdreht die Tatsachen, wie er es braucht!«
»Kommissar Dettmann! Ich muss Sie bitten, sich etwas zu mäßigen! Sie haben mir vorhin Ihre Version der Geschichte erzählt, nun lassen Sie Kommissar Rath auch die seine erzählen.« Dann wandte sich der Buddha wieder Rath zu. »Herr Kommissar, wenn es so ist, wie Sie sagen, dann wundert es mich doch sehr, dass Sie nicht geholfen haben, dieses Malheur, das Sie da angerichtet haben, wieder zu bereinigen. Oder dass Sie sich wenigstens dafür entschuldigt haben.«
»Entschuldigt habe ich mich auch noch, wenn ich mich recht erinnere«, sagte Rath, »allerdings habe ich mich dann dafür entschieden, das Büro des Kollegen zu verlassen, nachdem er mit dem Tintenfass nach mir geworfen hat.«
»Stimmt das?«, fragte Gennat.
»Kommissar Rath erzählt nichts als Lügen. Er hatte niemals die Absicht, sich bei mir zu entschuldigen. Geschweige denn, mir beim Aufräumen zu helfen. Oder …« Er schaute Rath grimmig an. »… beim erneuten Schreiben des Berichts.«
Rath blieb ungerührt. »Wir können gerne die Spurensicherung bemühen, wenn Sie mir nicht glauben, Herr Kriminalrat. Ich wette, an der Tür, an der das Tintenfass gelandet ist, lassen sich noch Spuren finden.«
»Ich denke, wir lassen den Kollegen Kronberg da außen vor«, sagte Gennat. »Das regeln wir unter uns. Kollege Dettmann, haben Sie mit dem Tintenfass nach dem Kollegen Rath geworfen?«
»Ja, aber …«
»Gut«, sagte Gennat, und Dettmann schwieg. »Dann hatten Sie jetzt beide Gelegenheit, Ihre Sicht der Dinge zu schildern. Und nun möchte ich, dass Sie sich die Hand geben und wieder Frieden schließen. Das hier ist eine Mordinspektion und kein Kindergarten.«
Die beiden Kommissare blieben sitzen. Keiner machte Anstalten aufzustehen und als Erster die Hand auszustrecken.
»Haben Sie mich verstanden?«, sagte der Buddha, und diesmal klang seine Stimme deutlich schärfer.
Rath stand auf, und schließlich quälte sich auch Dettmann aus dem durchgesessenen Polster. Die Männer gaben sich die Hand. Dettmanns Augen funkelten vor Wut, doch er sagte nichts. Rath hielt dem wütenden Blick stand und lächelte freundlich.
»Ich bitte nochmals um Verzeihung für meine Ungeschicklichkeit.«
Dettmann sagte nichts, sein Händedruck wurde fester, beinahe schmerzhaft, während er Rath weiter anfunkelte, als wolle er ihn mit seinem Blick ermorden. Dann ließ er abrupt los, murmelte eine Verabschiedung und verließ das Büro.
Rath wollte ihm folgen, doch Gennats scharfe Stimme hielt ihn zurück.
»Mit Ihnen bin ich noch nicht fertig, Kommissar Rath! Setzen Sie sich!«
Gennat schaute Rath prüfend an. Er wartete, bis Dettmann auch das Vorzimmer verlassen hatte, dann rührte er erst einmal in seiner Kaffeetasse.
»Das haben Sie sich ja schön zurechtgelegt«, sagte er schließlich. »Und diese Geschichte soll ich Ihnen glauben?«
»Herr Kriminalrat, es ist …«
»Verdammt, erzählen Sie mir keinen Blödsinn!«
Rath zuckte zusammen, denn zum zweiten Mal an diesem Tag hatte der sonst so ruhige Gennat seine Stimme erhoben. Er konnte sich nicht erinnern, den Buddha jemals so laut gehört zu haben.
»Meinen Sie, ich merke nicht, wenn man mich für dumm verkauft? Was meinen Sie, wie viele Leute schon hier gesessen haben, die besser lügen konnten als Sie? Erzählen Sie mir also keine Märchen!«
»Ich …«
»Dem Kollegen Dettmann haben Sie Ihre offizielle Version präsentiert, aber ich möchte jetzt endlich wissen, was da los war!«
»Es tut mir leid, Herr Kriminalrat.« Rath gab sich zerknirscht. »Sie haben recht, ich habe es mit Absicht getan.«
»Und das nur, weil ich Ihnen den Fall weggenommen und an Dettmann übertragen habe? Ich habe meine Gründe dafür, glauben Sie mir.« Gennat schüttelte den Kopf. »Da kann ich ja nur hoffen, dass Sie als nächsten Racheakt nicht einfach mein Büro anstecken. Oder gleich das ganze Präsidium.«
»Der Phantomfall, das war nicht der Grund.«
»So? Und was war dann der Grund? Wenn es für so etwas überhaupt einen Grund geben kann!«
»Es tut mir leid, aber darüber kann ich nicht sprechen.«
»Das sollten Sie aber, wenn Sie nicht wollen, dass ich Ihnen die Hölle heißmache.«
»Tut mir leid, Herr Kriminalrat, machen Sie mir die Hölle heiß, wenn es sein muss, aber die Diskretion gebietet mir zu schweigen. Ich kann nur so viel sagen, es hat mit dem Verhalten des
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