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Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
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vollkommen perplex aus, dann legte sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Es war ein spitzbübisches Grinsen, das das Kind in ihm wiederaufleben ließ. »Sie haben den ganzen Zirkus hier umsonst gemacht. Heute erst habe ich zu Herrn Jung gesagt, dass Imagination in enger Verbindung zum Kampfsport steht und nicht einfach so erlernt werden kann.« Er lachte auf. »Tut mir leid, da kann ich Ihnen nicht helfen.«
    Loki erwiderte das Lächeln. »Ich denke, das bekommen wir hin. Wir fangen morgen an. Wann hast du genug Freizeit, am besten so drei bis vier Stunden?«
    Chester blinzelte. »Hören Sie mir gar nicht zu?«
    »Er hört meistens nicht zu. Eine seiner besten Eigenschaften.« Tim ließ sich neben dem Schülersprecher auf das Bett fallen.
    »Sie machen übrigens einen miesen Job«, sagte Chester zu Tim. »Man sieht Ihnen von weitem an, dass Sie kein Schlipsträger sind, und schon gar nicht jemand, der hinter einem Schreibtisch sitzt.«
    Tim blies Atem aus und verdrehte die Augen. »So viel Lob von allen Seiten, da wird mir ganz schwindelig.« Er griff nach den Zigaretten auf dem Tisch und zündete sich eine an. Als er Chesters Blick sah, hielt er ihm die Schachtel hin. Der Schülersprecher griff zu.
    »Rauchen ist auf dem Grundstück der Schule nicht erlaubt«, sagte er und ließ sich von Tim Feuer geben.
    »In diesem Raum ist es erlaubt«, erwiderte Loki. »So wie vieles andere auch. Also, wann treffen wir uns morgen?«
    Chester musterte Loki wieder. »Wie wollen Sie denn damit die Vermissten finden? Glauben Sie, die haben Unterricht in Imagination genommen und sich in eine andere Welt gebeamt?«
    Loki beugte sich vor. »Geht das denn?«
    »Gott, nein! Das war ein Witz. Das hat überhaupt nichts mit Imagination zu tun.«
    Loki seufzte und setzte sich wieder zurück. »Wir werden sehen.«
    »Sie sind auf dem Holzweg, da verwette ich meine Lederriemen.«
    »Deine Lederriemen?«
    Chester nickte. »Für einen Schüler hier das wichtigste, das er besitzt.«
    Tim warf einen Blick auf die Handgelenke des Schülersprechers, konnte die Riemen aber nicht sehen. Er schien sie nicht zu tragen.
    »Ich habe immer gegen neunzehn Uhr Zeit.«
    Loki nickte. »Wir treffen uns hier, in Johnnys Zimmer. Wenn der Direktor aufmerksam werden und dich fragen sollte, warum du so viel Zeit mit uns verbringst, sagst du ihm die Wahrheit. Sag ihm, ich hätte ein abnormes Interesse an der Imagination. Aber kein Wort mehr.«
    »Okay. Und wer ist Johnny?«
    Tim hob die Hand. »Das bin ich. Ein kleiner Witz unter Freunden.«
    »Du kannst jetzt gehen«, sagte Loki und drehte sich zum Schreibtisch um.
    Chester hob die Hand mit der halb gerauchten Zigarette. »Ich habe noch nicht fertig geraucht.«
    »Macht nichts. Die Zigarette ist geschenkt. Nimm sie mit.«
    Der Schülersprecher sah verdutzt Tim an. Er konnte wieder nur mit den Schultern zucken. Chester stand auf, drückte die Zigarette in Ermangelung eines Aschenbechers in die Kunststoffschale von Lokis Salat und verabschiedete sich.
    »Bekomme ich eine Erklärung für die Sache mit Chester?«, fragte Tim den Rücken seines Cousins. »Ich nehme mal an, du stellst da wirklich eine Verbindung zwischen diesem Zombie-Mädchen und der Schule her. Was, wenn Chester mit seiner komischen Gabe der Verursacher ist?«
    Loki hob den Kopf und hielt inne, drehte sich aber nicht um. »Du fängst an, gute Fragen zu stellen, mein Lieber. Vielleicht liegt dieser lichte Moment am nüchternen Magen. Das sollten wir erforschen.« Er senkte den Kopf wieder über die Schülerlisten. »Wenn es tatsächlich Chester ist, dann haben wir ihn jetzt zumindest in Aufruhr gebracht.«
    Tim ließ sich aufs Bett zurückfallen. »Super. Bald wird auf mich geschossen, hab da so eine Ahnung.«

* * *

    Chest fand sich in ohrenbetäubender Musik wider. Alles bebte mit dem Bass, selbst sein Brustkorb vibrierte. Er blinzelte ein paar Mal, richtete sich auf dem Sofa auf und begann, sich einen Joint zu drehen.
    ›Rauch schnell‹, meinte Hora. ›Wir müssen gleich los.‹ Mit diesen Worten trat er in den Gemeinschaftsraum. Er sah frisch geduscht aus.
    ›Keinen Tag gealtert‹, erwiderte Chest, während er prüfend Hora ansah.
    Hora grinste.
    Chest rauchte den Joint, schnallte sich drei ihrer Täschchen um Brustkorb und Bauch, prüfte seine Schlagringe in den Schnallen, zog Jacke und Schuhe an und verließ mit Hora die Wohnung.
    Es war stockdunkel. Sicheren Fußes marschierten sie über die gewohnten Pfade, wichen den einschlägigen

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