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Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
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nicht zugelassen. Aufregend ist das falsche Wort. Ich bevorzuge aufreibend . Ich wette, die Psychotherapie im Anschluss muss ich auch noch selbst zahlen.«
    Die Pathologin lachte und öffnete eine Tür. Es war nicht das erste Mal, dass Tim in der Pathologie war, aber jedes Mal wieder wünschte er sich heim. Der Gestank ließ sich einfach nicht vertreiben, und obwohl er nicht wusste, was davon von den Mittelchen der Ärzte stammte und was von den Leichen, hasste er dieses Gemenge. Er hob den Arm und drückte sich die Jacke gegen die Nase. Sie blieben vor einer Bahre stehen. Die Leiche war abgedeckt.
    »Wir sind mit der Obduktion noch nicht fertig. Ich hoffe, ich kann Ihnen trotzdem einige Ihrer Fragen beantworten.«
    »Wie lange ist sie tot?« Loki griff nach dem Leichensack und begann, den Reißverschluss zu öffnen. Die Pathologin wollte ihn daran hintern, doch er warf ihr nur einen knappen Blick zu.
    »Das ist nicht so leicht zu beantworten. Ihr Herz scheint gearbeitet zu haben, bis sie heute Morgen erschossen wurde, das Gehirn aber zeigt Auffälligkeiten. Ich sagte Ihnen ja, dass wir noch nicht fertig sind.«
    Tim hielt den Blick starr auf die Pathologin gerichtet. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Loki den Reißverschluss bis zu den Füßen aufzog. »Sie wurde heute Morgen erschossen«, murmelte er in seinen Jackenärmel. »Damit ist sie seit heute Morgen tot.«
    Die Pathologin sah ihn an. »Nun ja, einige ihrer Gedärme lassen eine andere Schlussfolgerung zu. Sehen Sie selbst.« Sie beugte sich hinunter und verschwand damit aus Tims Blickfeld.
    Gegen seinen Willen folgten seine Augen ihrer Bewegung. Tim sah den offenen Brustkorb, den Schnitt bis zum Bauchnabel hinunter, die Innereien, die blasse Haut und den stierenden Blick der Leiche, und dann drehte er sich um und kotzte.
    Die Pathologin war sofort bei ihm und reichte ihm eine Schale. Sie zog einen Stuhl heran und half Tim, sich zu setzen. »Keine Bange, das wischen wir schon auf«, sagte sie. »Sie sind heute nicht der erste, der diesem Anblick nicht standhält.« Damit drehte sie sich wieder um.
    »Ich empfehle noch immer die Meeresfrüchte«, hörte Tim Loki sagen. Und zur Pathologin: »Sie wollten vorhin etwas über den Zustand der Innereien loswerden?«
    »Ja. Sehen Sie hier, die Gerinnung? Und die Ablagerungen hier? Hätte ich allein daran den Todeszeitpunkt festsetzen müssen, hätte ich gesagt, dass das Mädchen bereits ein paar Tage lang tot ist.«
    »Etwa eine Woche?«
    »In etwa fünf, sechs Tage. Dafür spricht übrigens auch der Zustand des Gehirns, aber das untersuchen gerade noch unsere Spezialisten.«
    Ein paar Momente folgte Schweigen.
    »Das sind Bisse«, sagte die Pathologin schließlich.
    »Von einem Tier?«
    »Nein. Menschliche Bisse. Ganze Fleischfetzen wurden herausgebissen.«
    Wieder ein paar Momente Stille. Tim dachte sofort an die Wunden, welche die Leiche auf den Fotos am Hals hatte. Er schüttelte sich innerlich.
    Loki tauchte neben Tim auf. »Wir können fahren. Ich habe gesehen, was ich sehen wollte.« Er drehte sich zur Pathologin um. »Danke für Ihre Zeit. Und wenn Sie dem Herrn Kommissar Ihren Abschlussbericht vorlegen, dann erinnern Sie ihn doch bitte daran, dass er mir eine Kopie zukommen lässt.« Er winkte Tim, ihm zu folgen und ging hinaus.
    »Noch hungrig?«, fragte Loki, als sie in den Wagen stiegen.
    Tim, kreidebleich, reagierte nicht. Er lehnte den Kopf zurück gegen den Beifahrersitz und schwieg die ganze Fahrt über.

    *
    Loki schob sich eine Tomate in den Mund und tupfte sich die Lippen mit der Serviette ab. »Das Mädchen verschwindet also und wird eine Woche später gefunden, vollkommen desorientiert und augenscheinlich nicht mehr sie selbst. Sie läuft sogar gegen eine Wand, wie wir auf den Fotos gesehen haben. Ihre Gedärme haben vor einigen Tagen angefangen, sich aufzulösen, sich zu zersetzen. Ihr Gehirn wahrscheinlich auch.«
    »Wie kannst du nur essen«, stöhnte Tim. Er lag in seinem Bett, die Decke über den Kopf gezogen und versuchte, die Übelkeit loszuwerden, und vor allem die Bilder der Fotos und des Leichnams zu vergessen.
    »Ja, Essen ist eine lästige Sache. Aber der menschliche Organismus verlangt danach.«
    Tim schlug die Decke zurück und setzte sich auf. »Kannst du das nicht in deinem Zimmer machen?«
    Loki warf ihm einen Blick zu. »Wir müssen uns besprechen, mein Lieber. Also zurück zum Thema: Wir können davon ausgehen, dass alle Verschwundenen mittlerweile im gleichen Zustand sind wie

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