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Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
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schien ein tiefdunkler Wulst durch die Luft auf Chest zuzurasen. Dieses Bild erinnerte ihn an eine Frequenzanzeige von früher, beim Herzstrommessen vielleicht, oder auf der Anzeige eines Radios.
    Dieser Gedanke war so schnell vorbei, wie er gekommen war. Chest war niemand, der sich ablenken ließ. Gedanken dienten ihm. Sie waren kein Zeitvertreib. Deshalb war er sofort wieder auf die Imagination konzentriert und auf dieses unbekannte Ziehen in seinem Inneren, das andere als seelischen Schmerz erkannt hätten, ihm allerdings vollkommen neu war.
    Er vertraute Hora also nicht mehr zu hundert Prozent. Nein, das stimmte so nicht. Er würde seinem Kompagnon jederzeit das Leben anvertrauen, und er wusste, dass er nicht enttäuscht werden würde. Worauf er nicht mehr vertraute, das war die Motivation Horas.
    Jetzt wurde ihm urplötzlich etwas anderes klar. Es war nicht Hora, dem er nicht mehr vertraute oder an dessen Motivation er zweifelte.
    Es war seine eigene.
    Chests Augen weiteten sich ein wenig. Jetzt glich er keinem Geparden mehr; jetzt glich er vielmehr dem Kind, das er nie gewesen war.
    Am Rande registrierte Chest, dass das blaue Blitzen in der Luft allmählich verblasste. Die Funken, die vorher noch in winzigen Explosionen umhergeschleudert worden waren, verloren ihre Intensität und rieselten bestenfalls wie verirrte Schneeflocken herab. Ihre Farbe bleichte regelrecht aus, wurde heller und heller, ehe sie sich gänzlich der subjektiven Realität fügte und unsichtbar wurde. Die Feuersbrunst zerfiel in sich selbst und hinterließ ein schwaches Gefühl der Unwirklichkeit, als hätte es sie nie gegeben. Der Kampf mit den Staubpartikeln in der Luft war verloren; der Staub der eindeutige Sieger, und die feine, kaum sichtbare Asche auf dem Boden der einzige Zeuge.

* * *

    Tim folgte Loki in dessen Unterkunft, das im Schnitt und der Möblierung eine genaue Kopie seines eigenen Zimmers war. Inzwischen aber sah es in diesem aus, als hätte ein fauler Jugendlicher wochenlang darin gewütet: Kleidungsstücke und Handtücher lagen herum, Zigarettenkippen fanden sich überall auf dem Teppichboden und auf dem Tisch, über das Bett waren Akten und Papiere verstreut, einige davon spitzten unter Klamotten hervor. Auf dem Tisch stand Lokis technische Reiseausrüstung: das Notebook, ein handlicher Drucker mit integriertem Faxgerät und der Sennheiser-Kopfhörer, ohne den sein Cousin kaum für längere Zeit das Haus verließ.
    »Hier gibt es wohl keine Haushälterin, die hinter dir nachräumt«, sagte Tim und wischte eine Socke und drei Zigarettenkippen vom Stuhl. Er setzte sich. »Sieht ja furchtbar aus.«
    »Wir bleiben nicht lange«, gab Loki zur Antwort. Er ging in die Knie, zog unter dem Bett eine schmale Stofftasche hervor und stand mit ihr auf. Mit ernstem Gesicht legte er sie auf das zugeklappte Notebook und machte sie auf. Seine Messersammlung kam zum Vorschein. Nachdenklich strich Loki mit der rechten Hand über die Griffe. Schließlich zog er ein Springmesser mit einer zweischneidigen, ungefähr zwanzig Zentimeter langen Klinge heraus und hielt es Tim hin.
    »Was soll ich denn damit?« Er nahm es, drehte es in der Hand und klappte die Klinge ein.
    »Es einstecken und stets griffbereit haben.« Loki zog ein zweites Springmesser heraus, ein etwas kleineres, und ließ es in seiner Hosentasche verschwinden. Er machte die Tasche wieder zu und schob sie zurück unters Bett.
    »Wozu brauchen wir Messer?«
    Lokis füchsisches Grinsen lag auf den schmalen Lippen. »Nur für den Fall, dass uns Zombies begegnen. Du hast ja gestern gesehen, wie widerstandsfähig sie sind. Mit einem Messer lässt sich die Kehle schneller aufschneiden.«
    Tim blinzelte. »Was zum Teufel hast du vor?«
    Sein Cousin hob die Bettdecke an, holte eine der vielen grauen Akten hervor und gab sie Tim. Anschließend setzte er sich auf den Stuhl vor dem Notebook, zündete sich eine Zigarette an und beobachtete, wie Tim die Mappe aufschlug.
    Dieser konnte nicht glauben, was er las. Nach der ersten überflogenen Seite hob er den Blick und sah Loki an. »Das ist der Lebenslauf des Direktors«, murmelte er. Tim senkte den Blick wieder und blätterte ein Schriftstück nach dem anderen durch. »Meine Güte, Loki! Wie lange hast du das schon?«
    Loki gab keine Antwort. Stattdessen bedeutete er mit der Hand, Tim solle weiterlesen.
    »Willst du mich verarschen?« Er senkte den Blick wieder und las laut vor: »Bei einem schweren Verkehrsunfall auf der A7 zwischen Kiel

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