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Die Akte

Titel: Die Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Gehsteig vorbei, und seither habe ich nichts mehr gegessen.«
    »Sie sehen dünn aus.«
    »Danke, falls das ein Kompliment sein soll. Haben Sie schon einmal hier gegessen?« Sie las ihre Speisekarte.
    Er betrachtete seine. »Nein, aber das Essen soll sehr gut sein. Sie haben Ihr Haar wieder verändert.« Es war jetzt hellbraun, und er entdeckte eine Spur von Mascara und Rouge. Und Lippenstift.
    Die Drinks wurden gebracht, und sie bestellten.
    »Wir rechnen damit, dass die Times morgen früh etwas bringt.« Die Zeitung von New Orleans wollte er nicht erwähnen, weil sie Fotos von Callahan und Verheek gebracht hatte. Er vermutete, dass sie sie gesehen hatte.
    Das schien sie nicht zu interessieren. »Und was?« fragte sie und sah sich dabei um.
    »Das wissen wir nicht. Wir hassen es, wenn die Times uns zuvorkommt. Es ist eine alte Rivalität.«
    »Das interessiert mich nicht. Ich verstehe nichts vom Journalismus, und ich will auch nichts darüber lernen. Ich bin hier, weil ich eine - und nur eine - Idee habe, wie wir Garcia finden können. Wenn sie nicht funktioniert, und zwar schnell, dann bin ich weg.«
    »Verzeihen Sie mir. Worüber würden Sie gern reden?«
    »Europa. Welches ist Ihr Lieblingsland in Europa?«
    »Ich hasse Europa, und ich hasse die Europäer. Ich reise gelegentlich nach Kanada und Australien und Neuseeland. Weshalb mögen Sie Europa?«
    »Mein Großvater ist aus Schottland eingewandert, und ich habe dort noch eine Menge Verwandte. Ich habe sie zweimal besucht.«
    Gray drückte die Limone über seinem Gin und Tonic aus. Eine Gruppe von sechs Leuten kam von der Bar herein, und sie musterte sie eingehend. Während sie sprach, ließ sie den Blick schnell durch den Raum schweifen.
    »Ich glaube, Sie brauchen ein paar Drinks, damit Sie sich entspannen können«, sagte Gray.
    Sie nickte, sagte aber nichts. Die sechs setzten sich an einen Tisch in der Nähe und begannen, sich auf Französisch zu unterhalten. Es klang angenehm.
    »Haben Sie je Cajun-Französisch gehört?« fragte sie.
    »Nein.«
    »Es ist ein Dialekt, der rasch verschwindet, genau wie die Feuchtgebiete. Man sagt, Franzosen könnten ihn nicht verstehen.«
    »Das ist nicht mehr als recht und billig, denn ich bin sicher, dass die Cajuns die Franzosen nicht verstehen.«
    Sie trank einen großen Schluck Weißwein. »Habe ich Ihnen von Chad Brunei erzählt?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Er war ein armer Cajunjunge aus Eunice. Seine Familie lebte vom Fallenstellen und Fischen in den Marschen. Er war ein überaus intelligenter Junge; er besuchte mit einem Vollstipendium die Louisiana State University und studierte dann an der Juristischen Fakultät von Stanford, wo er mit dem höchsten Notendurchschnitt in der Geschichte der Fakultät abschloss. Als er in Kalifornien bei Gericht zugelassen wurde, war er einundzwanzig. Er hätte für jede Anwaltskanzlei im Lande arbeiten können, aber er nahm eine Stellung bei einer Firma in San Francisco an, die sich auf Umweltschutz spezialisiert hatte. Er war brillant, ein wahres juristisches Genie, das schwer arbeitete und bald große Prozesse gegen Öl- und Chemiekonzerne gewann. Im Alter von achtundzwanzig Jahren war er ein überaus versierter Prozessanwalt, der von großen Ölfirmen und anderen Umweltverschmutzern gefürchtet wurde.« Sie trank noch einen Schluck Wein. »Er verdiente eine Menge Geld und gründete eine Gruppe zum Schutz der Feuchtgebiete von Louisiana. Er wollte in den Pelikan-Fall einsteigen, wie er genannt wurde, hatte aber zu viele andere Verpflichtungen. Er gab Green Fund eine Menge Geld zum Bestreiten der Prozesskosten. Kurz vor Beginn der Verhandlung in Lafayette verkündete er, dass er nach Hause kommen würde, um den Green-Fund-Anwälten zur Seite zu stehen. In der Zeitung von New Orleans standen mehrere Artikel über ihn.«
    »Was ist mit ihm passiert?«
    »Er beging Selbstmord.«
    »Was?«
    »Eine Woche vor Beginn der Verhandlung fand man ihn in einem Wagen mit laufendem Motor. Ein Gartenschlauch führte vom Auspuff zum Fahrersitz. Ein simpler Selbstmord durch Kohlenmonoxid-Vergiftung.«
    »Wo stand der Wagen?«
    »In einer bewaldeten Gegend am Bayou Lafourche in der Nähe der Stadt Galliano. Er kannte die Gegend gut. Im Kofferraum lagen Campingsachen und Angelzeug. Kein Abschiedsbrief. Die Polizei stellte eine Untersuchung an, fand aber nichts Verdächtiges. Der Fall wurde abgeschlossen.«
    »Das ist doch unglaublich.«
    »Er hatte früher einige Probleme mit Alkohol gehabt und war bei

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