Die Akte
Lagerhauses. Schon nach dem ersten Klopfen öffnete er die Tür mit vorgelegter Kette.
»Ich suche James Maylor«, sagte Gray wie ein alter Kumpel. »Der bin ich.«
»Ich bin Gray Grantham von der Washington Post, und ich würde Ihnen gern ein paar ganz kurze Fragen stellen.« Die Kette wurde gelöst und die Tür geöffnet. Gray betrat die Zwei-Zimmer-Wohnung. In der Mitte war ein Fahrrad geparkt, das den größten Teil des Raumes einnahm.
»Worum geht es?« Er war neugierig und offensichtlich bereit, Fragen zu beantworten.
»Soweit ich weiß, haben Sie im Sommer für White and Blazevich gearbeitet.«
»Das stimmt. Drei Monate.«
Gray machte sich Notizen. »In welcher Abteilung?«
»International. Überwiegend Knochenarbeit. Nichts Grandioses. Eine Menge Recherchen und Rohentwürfe für Abkommen.«
»Wem waren Sie unterstellt?«
»Keiner Einzelperson. Da waren drei angestellte Anwälte, die dafür sorgten, dass ich beschäftigt war. Der für sie zuständige Partner war Stanley Coopman.«
Gray zog ein Foto aus der Tasche. Es war Garcia auf dem Gehsteig. »Erkennen Sie dieses Gesicht wieder?«
Maylor nahm das Foto und betrachtete es eingehend. »Ich glaube nicht. Wer ist das?«
»Ein Anwalt, der vermutlich bei White and Blazevich arbeitet.«
»Es ist eine riesige Firma. Ich habe in der Ecke einer Abteilung gesessen. Dort arbeiten mehr als vierhundert Anwälte.«
»Ja, das habe ich gehört. Sie sind sicher, dass Sie ihn nicht gesehen haben?«
»Ganz sicher. Sie residieren auf zwölf Stockwerken, und in die meisten davon bin ich nie gekommen.«
Gray steckte das Foto wieder ein. »Sind Sie dort noch irgendwelchen anderen Praktikanten begegnet?«
»Oh, sicher. Zwei von Georgetown, die ich schon kannte, Laura Kaas und Jo-Anne Ratliff. Zwei Studenten von George Washington, Patrick Franks und einem Typ, der Vanlandingham hieß; einem Mädchen von Harvard namens Elizabeth Larson; einem Mädchen von Michigan namens Amy MacGregor; und einem Typ von Emory, der Moke hieß, aber ich glaube, den haben sie gefeuert. Im Sommer wimmelt es dort immer von Praktikanten.«
»Wollen Sie für die Firma arbeiten, wenn Sie mit dem Studium fertig sind?«
»Ich weiß es noch nicht. Ich bin nicht sicher, ob eine von diesen großen Firmen das richtige für mich ist.«
Gray lächelte und verstaute den Notizblock in seiner Gesäßtasche. »Sie haben dort gearbeitet. Wie kann ich diesen Mann finden?«
Maylor dachte einen Moment lang darüber nach. »Ich nehme an, Sie können nicht dort aufkreuzen und herumfragen.«
»Die Annahme ist richtig.«
»Und alles, was Sie haben, ist dieses Foto?«
»Ja.«
»Dann tun Sie vermutlich genau das Richtige. Einer der Praktikanten wird ihn erkennen.«
»Danke.«
»Steckt der Mann in Schwierigkeiten?«
»Nein, nein. Es könnte nur sein, dass er etwas beobachtet hat. Und selbst das ist nur eine Vermutung.« Gray öffnete die Tür. »Nochmals vielen Dank.«
Darby studierte den Vorlesungsplan für den Herbst am Schwarzen Brett gegenüber den Münzfernsprechern. Sie wusste noch nicht genau, was sie tun würde, wenn die Neun-Uhr-Seminare vorüber waren, aber sie versuchte angestrengt, sich etwas einfallen zu lassen. Das Schwarze Brett sah genauso aus wie das in Tulane: säuberlich untereinander angeordnet die Hörsaal-Angaben; Bemerkungen zu Aufgaben; Anzeigen wegen Büchern, Fahrrädern, Zimmern, Mitbewohnern und hundert anderen derartigen Bedürfnissen, auf gut Glück angeheftet; Hinweise auf Parties, universitätsinterne Sportveranstaltungen, Clubtreffen. Eine junge Frau mit einem Rucksack und Wanderstiefeln blieb neben ihr stehen und betrachtete das Schwarze Brett. Sie war zweifellos eine Studentin.
Darby lächelte sie an. »Entschuldigen Sie. Kennen Sie zufällig Laura Kaas?«
»Natürlich.«
»Ich muss ihr etwas ausrichten. Könnten Sie sie mir zeigen?«
»Ist sie jetzt hier?«
»Ja, sie hat Verwaltungsrecht bei Ship, Zimmer 207.« Plaudernd wanderten sie gemeinsam in Richtung auf Ships Verwaltungsrecht. Auf dem Flur herrschte plötzlich Gedränge, als vier Säle sich gleichzeitig leerten. Darbys Begleiterin deutete auf eine hochgewachsene, kräftige Frau, die auf sie zukam. Darby dankte ihr und folgte Laura Kaas, bis sich die Menge verlief und das Gedränge nachgelassen hatte.
»Entschuldigen Sie, Laura. Sie sind doch Laura Kaas?« Die hochgewachsene Frau blieb stehen und musterte sie. »Ja.«
Das war der Teil, den sie gar nicht mochte. »Ich bin Sara Jacobs, und ich arbeite an
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