Die Akte
»Wakefield und ich haben im vorigen Jahr zusammen Tennis gespielt.«
Feldman war aufgestanden und wanderte herum. »Wie haben Sie Morgan ausfindig gemacht?«
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Gray.
»Geben Sie mir die Kürzestfassung.«
»Wir haben einen Jurastudenten gefunden, der im Sommer als Praktikant bei White and Blazevich gearbeitet hat. Er hat ein Foto von Morgan identifiziert.«
»Wie sind Sie an das Foto gekommen?« fragte Litsky. »Fragen Sie nicht. Das tut nichts zur Sache.«
»Ich bin dafür, dass wir die Story bringen«, sagte Krauthammer laut.
»Ich auch«, sagte Elliot Cohen.
»Wo waren die Kassette und die Erklärung?«
»In einem Schließfach der First Columbia. Morgans Frau hat mir heute morgen um fünf den Schlüssel gegeben. Ich habe nichts Unrechtes getan. Das Pelikan-Dossier ist von einem Unbeteiligten vollauf verifiziert worden.«
»Wir sollten sie bringen«, sagte Ernie DeBasio. »Mit der größten Schlagzeile seit NIXON ZURÜCKGETRETEN.« Feldman blieb neben Smith Keen stehen. Die beiden Freunde musterten sich eingehend. »Wir sollten sie bringen«, sagte Keen. Er wendete sich an den Anwalt. »Vince?«
»In juristischer Hinsicht gibt es keine Einwände. Aber ich würde die Story gern sehen, wenn sie geschrieben ist.«
»Wie lange werden Sie dazu brauchen?« fragte der Chefredakteur Gray.
»Der Teil über das Dossier ist bereits skizziert. Den kann ich in ungefähr einer Stunde fertig haben. Geben Sie mir zwei Stunden für Morgan. Höchstens drei.«
Feldman hatte nicht gelächelt, seit er Darby die Hand gegeben hatte. Jetzt durchquerte er den Raum und baute sich vor Gray auf. »Was ist, wenn diese Kassette ein Schwindel ist?«
»Ein Schwindel? Wir reden über Leichen, Jackson. Ich habe die Witwe gesehen. Sie ist eine echte, lebendige Witwe. Unsere Zeitung hat über den Mord an Morgan berichtet. Er ist tot. Sogar seine Firma hat gesagt, dass er tot ist. Und das ist er selbst auf der Kassette, der vom Sterben redet. Ich weiß, dass er es ist. Und wir haben mit der Notarin gesprochen, die seine Unterschrift auf der eidesstattlichen Erklärung beglaubigt hat. Sie hat ihn identifiziert.« Gray wurde lauter und ließ den Blick durch den Raum wandern. »Alles, was er gesagt hat, verifiziert das Pelikan-Dossier. Alles. Mattiece, den Prozess, die Morde. Und dann haben wir Darby, die Verfasserin des Dossiers. Und weitere Leichen, und sie haben sie durchs ganze Land gejagt. Da gibt es keine Löcher, Jackson. Es ist eine Story.«
Endlich lächelte Feldman. »Es ist mehr als eine Story. Sehen Sie zu, dass Sie bis zwei Uhr fertig sind. Jetzt ist es elf. Benutzen Sie diesen Konferenzraum und schließen Sie die Tür zu.« Feldman wanderte wieder herum. »Wir kommen um Punkt zwei hier wieder zusammen und lesen den Entwurf. Zu niemandem ein Wort.«
Die Männer standen auf und verließen den Raum, aber nicht, bevor jeder Darby die Hand gegeben hatte. Sie wussten nicht recht, ob sie herzlichen Glückwunsch oder danke oder was auch immer sagen sollten, deshalb lächelten sie nur und schüttelten ihr die Hand. Sie blieb sitzen.
Nachdem sie allein waren, setzte sich Gray neben sie, und sie hielten sich bei den Händen.
»Wie fühlen Sie sich?« fragte er.
»Ich weiß nicht. Dies ist das Ende der Straße, nehme ich an. Wir haben es geschafft.«
»Das hört sich nicht sonderlich glücklich an.«
»Ich habe schon bessere Monate gehabt. Ich freue mich für Sie.«
Er sah sie an. »Weshalb freuen Sie sich für mich?«
»Sie haben die Teile zusammengefügt, und morgen kommt es heraus. Und es steht ganz groß Pulitzerpreis darauf.«
»Daran habe ich überhaupt nicht gedacht.«
»Lügner.«
»Okay, vielleicht einmal. Aber als Sie gestern aus dem Fahrstuhl kamen und mir sagten, dass Garcia tot ist, da habe ich aufgehört, an Pulitzerpreise zu denken.«
»Das ist nicht fair. Ich habe die ganze Arbeit getan. Wir haben meinen Verstand und mein Aussehen und meine Beine benutzt, und Sie heimsen den ganzen Ruhm ein.«
»Ich werde mit Vergnügen Ihren Namen nennen. Ich werde sagen, dass Sie das Dossier geschrieben haben. Wir bringen Ihr Foto auf der Titelseite, neben denen von Rosenberg, Jensen, Mattiece, dem Präsidenten, Verheek und...«
»Thomas? Wird auch sein Foto gebracht werden?«
»Das hat Feldman zu entscheiden. In diesem Fall hat er das letzte Wort.«
Sie dachte darüber nach und sagte nichts.
»Also, Ms. Shaw. Ich habe drei Stunden, um die größte Story meiner Laufbahn zu
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