Die Akte
vierundvierzig. Es war die Strickjacke ohne Krawatte. Genau, wie ich gesagt habe.«
»Ich dachte, es wären fünfundvierzig gewesen«, sagte der Präsident, während er einen gelben Ball anschlug und zusah, wie er genau ins Loch rollte.
»Sie haben recht. Fünfundvierzig.«
»Das ist das höchste seit ...«
»Elf Monaten. Seit Flug 402 im November vorigen Jahres sind wir nicht mehr über fünfzig gewesen. Das ist eine wunderbare Krise, Chef. Die Leute sind schockiert, aber viele sind selig darüber, dass Rosenberg tot ist. Und Sie sind der Mann in der Mitte. Einfach wunderbar.« Coal drückte auf einen der blinkenden Knöpfe und griff wieder nach dem Hörer. Dann knallte er ihn wieder auf die Gabel, ohne ein Wort gesprochen zu haben. Er rückte seine Krawatte zurecht und knöpfte sein Jackett zu.
»Es ist halb sechs, Chef. Voyles und Gminski warten.«
Der Präsident schlug und beobachtete den Ball. Er rollte zwei Zentimeter zu weit nach rechts, und er verzog das Gesicht. »Sie sollen ruhig warten. Wir halten morgen früh um neun eine Pressekonferenz ab. Ich nehme Voyles mit, aber er muss den Mund halten. Und hinter mir stehen. Ich liefere ein paar weitere Details und beantworte ein paar Fragen. Die Fernsehstationen werden sie bestimmt live übertragen, meinen Sie nicht auch?«
»Natürlich. Gute Idee. Ich werde es veranlassen.«
Der Präsident zog die Handschuhe aus und warf sie in eine Ecke. »Holen Sie sie herein.« Er lehnte seinen Schläger an die Wand und schlüpfte in seine Bally-Schuhe. Wie gewöhnlich hatte er sich seit dem Frühstück sechsmal umgezogen und trug jetzt einen zweireihigen Glencheck-Anzug mit einer rot und blau gepunkteten Krawatte. Amtstracht. Das Jackett hing an einem Ständer neben der Tür. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und betrachtete stirnrunzelnd einige Papiere. Er nickte Voyles und Gminski zu, stand aber nicht auf und bot ihnen auch nicht die Hand. Sie ließen sich auf der anderen Seite des Schreibtisches nieder, und Coal nahm seine übliche Haltung ein, wie ein Wachtposten, der es nicht abwarten kann, drauflos zu schießen. Der Präsident griff sich an den Nasenrücken, als hätten die Strapazen des Tages eine Migräne ausgelöst.
»Das war ein langer Tag, Mr. President«, sagte Bob Gminski, um das Eis zu brechen. Voyles sah zum Fenster hinaus.
Coal nickte, und der Präsident sagte: »Ja, Bob. Ein sehr langer Tag. Und ich habe heute abend ein Essen mit ein paar Äthiopiern, also wollen wir es kurz machen. Fangen wir mit Ihnen an, Bob. Wer hat sie umgebracht?«
»Ich weiß es nicht, Mr. President. Aber ich versichere Ihnen wir hatten damit nichts zu tun.«
»Ihr Ehrenwort, Bob?« Er hörte sich fast flehentlich an.
Gminski hob die rechte Hand so, dass die Handfläche dem Schreibtisch zugewendet war. »Ich schwöre es. Beim Grabe meiner Mutter.«
Coal nickte beifällig, als ob er ihm glaubte und als ob es auf seine Zustimmung ankäme.
Der Präsident richtete den Blick auf Voyles, dessen gedrungene Figur den Stuhl ausfüllte und nach wie vor mit einem formlosen Trenchcoat bekleidet war. Der Direktor kaute langsam auf seinem Gummi herum und musterte den Präsidenten verächtlich.
»Ballistik? Autopsie?«
»Habe ich«, sagte Voyles und öffnete seinen Aktenkoffer. »Lassen Sie hören. Die Berichte lese ich später.«
»Die Waffe war ein kleines Kaliber, vermutlich eine .22er. Wurde, den Pulverspuren nach zu urteilen, auf Rosenberg und den Pfleger aus allernächster Nähe abgeschossen. Bei Ferguson wissen wir es nicht genau, aber die Entfernung dürfte nicht mehr als dreißig Zentimeter betragen haben. Schließlich waren wir bei der Schießerei nicht zugegen. Drei Kugeln in jeden Kopf. Aus dem von Rosenberg haben sie zwei herausgeholt, die dritte wurde in seinem Kopfkissen gefunden. Allem Anschein nach haben er und der Pfleger geschlafen. Der gleiche Patronentyp, die gleiche Waffe, offensichtlich der gleiche Schütze. Eingehende Autopsieberichte sind noch in Arbeit, aber es gab keine Überraschungen. Schließlich sind die Todesursachen eindeutig.«
»Fingerabdrücke?«
»Keine. Wir suchen noch, aber es war sehr saubere Arbeit. Es sieht so aus, als hätte er nichts hinterlassen als die Projektile und die Leichen.«
»Wie ist er ins Haus gekommen?«
»Keinerlei Anzeichen für gewaltsames Eindringen. Ferguson durchsuchte das Haus, als Rosenberg gegen fünf ankam. Routinemaßnahme. Er hat zwei Stunden später seinen schriftlichen Bericht abgeliefert; demzufolge hat
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