Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Akte

Titel: Die Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
er.
    »Wo wollen Sie übernachten?« fragte sie und beobachtete dabei die Eingangstür.
    »Im Hilton, unten am Fluss.«
    »Ich weiß, wo es liegt. Ich rufe am späten Abend oder morgen früh an. Spüren Sie mir nicht wieder nach. Ich bezahle von jetzt an bar. Kein Plastik mehr.«
    »Gute Idee, Darby. Bleiben Sie in Bewegung.«
    »Vielleicht bin ich schon tot, bevor Sie ankommen.«
    »Nein, bestimmt nicht. Können Sie da unten eine Washington Post auftreiben?«
    »Vielleicht. Weshalb?«
    »Besorgen Sie sich eine. Die Morgenausgabe. Hübsche Story über Rosenberg und Jensen und den, der es vielleicht getan hat.«
    »Ich kann’s kaum erwarten. Ich rufe später wieder an.«
    Der erste Zeitungsstand hatte die Post nicht. Sie wanderte im Zickzackkurs zur Canal, verwischte ihre Spur, achtete auf Verfolger, die St. Ann hinunter, an den Antiquitätengeschäften auf der Royal vorbei, zwischen den schäbigen Kneipen auf beiden Seiten der Bienville hindurch und schließlich über Decatur und North Peters zum French Market. Sie war flink, aber gelassen. Sie verhielt sich, als ginge sie irgendwelchen Geschäften nach, und hinter der Sonnenbrille schossen ihre Augen in alle Richtungen. Wenn sie irgendwo da hinten im Schatten waren und sie beobachteten und ihr folgten, dann waren sie gut.
    Sie kaufte von einem Straßenhändler eine Post und eine Times-Picayune und fand einen Tisch in einer leeren Ecke des Café du Monde.
    Titelseite. Unter Berufung auf eine vertrauliche Quelle berichtete die Story über die Legende Khamel und seine Verwicklung in die Morde. In jüngeren Jahren, hieß es, hatte er aus Überzeugung gemordet, aber jetzt tat er es nur noch für Geld. Massenhaft Geld, vermutete ein Geheimdienstexperte im Ruhestand, der zwar gestattet hatte, dass man ihn zitierte, aber keinesfalls beim Namen genannt werden wollte. Die Fotos waren verschwommen und undeutlich, aber nebeneinander gestellt äußerst dubios. Sie konnten nicht die gleiche Person darstellen. Aber schließlich, sagte der Experte, war er nicht zu identifizieren und seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr fotografiert worden.
    Endlich kam ein Kellner vorbei, und sie bestellte Kaffee und ein Croissant. Der Experte sagte, viele glaubten, er wäre tot. Interpol glaubte, er hätte noch vor sechs Mona ten gemordet. Der Experte bezweifelte, dass er mit einer Linienmaschine fliegen würde. Auf der Liste des FBI stand er an erster Stelle.
    Sie schlug langsam die Zeitung aus New Orleans auf. Thomas stand nicht auf der Titelseite, aber auf Seite zwei fand sie sein Bild mit einer langen Story. Die Polizei ging von Mord aus, hatte aber nicht viel in der Hand. Eine weiße Frau war kurz vor der Explosion in der Nähe gesehen worden. Die juristische Fakultät stand unter Schock, sagte der Dekan. Die Polizei ließ wenig verlauten. Der Gedenkgottesdienst fand morgen auf dem Campus statt. Es handelte sich um einen grauenhaften Irrtum, sagte der Dekan. Wenn es Mord war, dann musste jemand die falsche Person umgebracht haben.
    Ihre Augen waren feucht, und plötzlich hatte sie wieder Angst. Vielleicht war es wirklich ein Irrtum gewesen. Es war eine gewalttätige Stadt, in der es viele Verrückte gab, und vielleicht hatte jemand etwas durcheinandergebracht und sich den falschen Wagen ausgesucht. Vielleicht war überhaupt niemand draußen, der ihr folgte.
    Sie setzte die Sonnenbrille auf und betrachtete sein Foto. Sie hatten es aus dem Jahrbuch der Fakultät, und auf seinem Gesicht lag das herablassende Grinsen, das er immer aufsetzte, wenn er der Professor war. Er war glattrasiert und sah so gut aus.
    Granthams Khamel-Story versetzte Washington am Freitagmorgen in helle Aufregung. In ihr wurden weder das Memo noch das Weiße Haus erwähnt; deshalb war das hitzigste Spiel in der Stadt das Spekulieren über die Quelle, aus der sie stammte.
    Besonders hitzig war das Spiel im Hoover Building. Im Büro des Direktors wanderten Eric East und K. O. Lewis nervös hin und her, während Voyles zum dritten Mal in zwei Stunden mit dem Präsidenten sprach. Voyles fluchte, nicht direkt auf den Präsidenten, aber auf alle in seiner Umgebung. Er verfluchte Coal, und als der Präsident zurückzufluchen begann, schlug Voyles vor, den Lügendetektor aufzustellen, jeden einzelnen seiner Mitarbeiter, mit Coal angefangen, daraufzuschnallen und auf diese Weise festzustellen, wer nicht dichtgehalten hatte. Ja, auch er selbst, Voyles, würde sich diesem Test unterwerfen, und überhaupt alle, die im Hoover

Weitere Kostenlose Bücher