Die Akte
Building arbeiteten. Und das Wüten ging weiter, hin und zurück. Voyles war rot und schwitzte, und die Tatsache, dass er in den Hörer schrie und dass es der Präsident war, der am anderen Ende der Leitung saß und sich das alles anhören musste, spielte nicht die geringste Rolle. Er wusste, dass Coal irgendwo mithörte.
Offensichtlich gelang es dem Präsidenten, bei dem Gespräch die Oberhand zu gewinnen, und er gab einen langatmigen Sermon von sich. Voyles wischte sich mit einem Taschentuch die Stirn, ließ sich auf seinem alten Lederdrehstuhl nieder und zwang sich zu kontrolliertem Atmen, um Blutdruck und Puls zu senken. Er hatte einen Herzinfarkt überlebt und musste mit einem zweiten rechnen, und er hatte K. O. Lewis oft genug erklärt, dass Fletcher Coal und sein Idiot von einem Boss eines Tages seinen Tod bedeuten würden. Aber das hatte er auch schon über die letzten drei Präsidenten gesagt. Er kniff sich in die dicken Falten auf seiner Stirn und ließ sich tiefer in seinen Stuhl sinken. »Das können wir tun, Mr. President.« Er war jetzt fast liebenswürdig. Er war ein Mann, der zu schnellen und radikalen Stimmungsumschwüngen imstande war, und plötzlich war er die Höflichkeit selbst. »Danke, Mr. President. Ich werde morgen da sein.«
Er legte sanft den Hörer auf und sprach mit geschlossenen Augen. »Er will, dass wir diesen Reporter von der Post überwachen. Sagt, dergleichen hätten wir schon früher getan, würden wir es also wieder tun? Ich habe ihm gesagt, wir würden.«
»Welche Art von Überwachung?« fragte K. O.
»Wir folgen ihm einfach durch die Stadt. Rund um die Uhr mit zwei Leuten. Stellen fest, wo er abends hingeht, mit wem er schläft. Er ist ledig, stimmt’s?«
»Wurde vor sieben Jahren geschieden«, antwortete Lewis. »Passt genau auf, dass wir nicht erwischt werden. Nehmt Leute in Zivil und wechselt sie alle drei Tage aus.«
»Glaubt er wirklich, dass wir es waren, die nicht dichtgehalten haben?«
»Nein, das wohl nicht. Wenn er meinte, dass das Leck bei uns liegt, weshalb würde er dann verlangen, dass wir den Reporter beschatten? Ich glaube, er weiß, dass es seine eigenen Leute waren. Und er will wissen, wer dahintersteckt.«
»Es ist ein kleiner Gefallen, den wir ihm tun können«, erklärte Lewis hilfsbereit.
»Ja. Aber wir dürfen nicht dabei erwischt werden, okay?«
Das Büro von L. Matthew Barr lag versteckt im dritten Stock eines armseligen, verfallenden Bürohauses an der M Street in Georgetown. An den Türen hingen keine Hinweisschilder. Ein bewaffneter Wachmann mit Jackett und Krawatte hinderte Unbefugte am Verlassen des Fahrstuhls. Der Teppich war abgeschabt, das Mobiliar bunt zusammengewürfelt und verstaubt. Es war offensichtlich, dass die Einheit kein Geld für häusliche Zwecke ausgab.
Barr leitete die Einheit, bei der es sich um eine inoffizielle, geheime Nebenabteilung des Komitees zur Wiederwahl des Präsidenten handelte. Das Komitee verfügte über eine große, elegante Bürosuite jenseits des Flusses in Rosslyn. Dort gab es Fenster, die man öffnen konnte, und Sekretärinnen, die lächelten, und Frauen, die jeden Abend saubermachten. Aber nicht in diesem Loch.
Fletcher Coal trat aus dem Fahrstuhl und nickte dem Wachmann zu, der das Nicken erwiderte, ohne ein Wort zu sagen. Sie waren alte Bekannte. Er durchquerte das kleine Labyrinth schäbiger Büros, hinter denen das von Barr lag. Coal bemühte sich immer, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein, und ehrlicherweise sagte er sich, dass er in ganz Washington vor keinem Menschen Angst hatte, Matthew Barr vielleicht ausgenommen. Manchmal hatte er Angst vor ihm, manchmal nicht. Aber bewundern tat er ihn immer.
Barr war ein ehemaliger Marineinfanterist, ein ehemaliger CIA-Agent, ein ehemaliger Spion, der zweimal wegen Sicherheitsaffären verurteilt worden war, bei denen er Millionen beiseite geschafft und das Geld vergraben hatte. Er hatte ein paar Monate in einem der Country Clubs abgesessen, aber nicht sonderlich viele. Coal hatte Barr persönlich als Leiter der Einheit rekrutiert, die offiziell überhaupt nicht existierte. Sie hatte ein Jahresbudget von vier Millionen, alles bar aus verschiedenen Schmiergeldfonds, und Barr leitete eine kleine Gruppe hochqualifizierter Ganoven, die unauffällig die Arbeit der Einheit taten.
Barrs Tür war immer verschlossen. Er öffnete sie, und Coal trat ein. Die Unterredung würde kurz sein, wie gewöhnlich.
»Lassen Sie mich raten«, begann Barr. »Sie möchten
Weitere Kostenlose Bücher