Die Akte
Wagen und stieg ein. Er saß einfach da, wartete darauf, dass der Gottesdienst zu Ende ging und er noch einen letzten Blick auf die Trauergäste werfen konnte für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie wirklich so dämlich gewesen war, daran teilzunehmen.
Der Dünne hatte keine zehn Minuten gebraucht, um sich hineinzuschleichen, die Versammlung von schätzungsweise zweihundert Leuten zu mustern und zu dem Schluss zu gelangen, dass sie nicht da war. Vielleicht hatte er nach dem roten Haar Ausschau gehalten. Oder nach blond gebleichtem. Nein, es war eher zu vermuten, dass sie Leute hatten, die bereits drinnen waren, die andächtig und mit Trauermiene dasaßen und nach ihr suchten oder nach jemandem, der vielleicht so ähnlich aussah wie sie. Sie hätten den Dünnen mit einem Nicken oder Kopfschütteln oder Blinzeln informieren können. An diesem Ort wimmelte es von ihnen.
Havanna war der ideale Zufluchtsort. Es spielte keine Rolle, ob zehn oder auch hundert Länder eine Prämie auf seinen Kopf ausgesetzt hatten. Fidel war ein Bewunderer und gelegentlicher Klient. Sie tranken zusammen, teilten sich Frauen und rauchten Zigarren. Er hatte alles, was das Herz begehrte: eine hübsche kleine Wohnung an der Calle de Torre in der Altstadt, einen Wagen mit Fahrer, einen Banker, der ein Genie im blitzschnellen Überweisen von Geld in der ganzen Welt war, jedes Boot, das er haben wollte, ein Militärflugzeug, wenn er eines brauchte, und massenhaft junge Frauen. Er sprach die Landessprache, und seine Haut war nicht blass. Er fühlte sich wohl in der Stadt.
Er hatte sich einmal bereiterklärt, Fidel umzubringen, schaffte es aber nicht. Er war an Ort und Stelle, und es waren nur noch zwei Stunden bis zur Tat, aber er brachte es einfach nicht fertig. Die Bewunderung war zu groß. Das war damals in der alten Zeit, als er noch nicht ausschließlich für Geld mordete. Er spielte ein doppeltes Spiel und informierte Fidel. Sie täuschten einen Hinterhalt vor, und anschließend wurde das Gerücht ausgestreut, der große Khamel wäre auf den Straßen von Havanna niedergeschossen worden.
Nie wieder würde er mit einer Linienmaschine fliegen. Die Fotografen in Paris waren eine Schande für einen Profi wie ihn. Er hatte einen Fehler gemacht, war nach so vielen Jahren Berufserfahrung leichtsinnig gewesen. In Amerika war sein Foto auf den Titelseiten erschienen. Äußerst unerfreulich. Seinem Klienten hatte das nicht gefallen.
Das Boot war ein zwölf Meter langer Schoner mit zwei Mann Besatzung und einer jungen Frau, sämtlich Kubanern. Sie war unten in der Kabine. Ein paar Minuten, bevor sie die Lichter von Biloxi sahen, war er mit ihr fertig geworden. Jetzt war er voll und ganz bei der Arbeit, inspizierte sein Schlauchboot, packte seine Tasche, sprach kein Wort. Die Besatzungsmitglieder hockten auf dem Deck und hielten sich von ihm fern.
Um genau neun Uhr ließen sie das Schlauchboot zu Wasser. Er warf seine Tasche hinein und sprang hinterher. Sie hörten den tuckernden Motor, als er in der Dunkelheit des Sundes verschwand. Sie sollten bis Tagesanbruch vor Anker liegen und dann nach Havanna zurückkehren. Sie hatten einwandfreie Papiere, die auswiesen, dass sie Amerikaner waren - für den Fall, dass sie entdeckt wurden und irgendjemand anfing, Fragen zu stellen.
Er glitt geduldig durch das ruhige Wasser, wich Leuchtbojen aus und machte einen großen Bogen um vereinzelte kleine Wasserfahrzeuge. Auch er hatte einwandfreie Papiere und drei Waffen in seiner Tasche.
Es war Jahre her, dass er in einem Monat zweimal zugeschlagen hatte. Nachdem er angeblich in Kuba niedergeschossen worden war, hatte es eine fünfjährige Trockenzeit gegeben. Geduld war seine Stärke. Sein Durchschnitt war ein Auftrag pro Jahr.
Und dieses kleine Opfer würde kein Aufsehen erregen. Niemand würde ihn verdächtigen. Es war eine Kleinigkeit, aber sein Klient bestand darauf, und er war zufällig in der Gegend und die Bezahlung stimmte, und deshalb saß er wieder in einem kleinen Schlauchboot auf dem Weg zur Küste und hoffte, dass sein Kumpel Luke diesmal nicht als Farmer gekleidet war, sondern als Fischer.
Dies würde für lange Zeit das letzte Mal sein, vielleicht für immer. Er hatte mehr Geld, als er ausgeben oder verschenken konnte. Und er hatte angefangen, kleine Fehler zu mache n.
In der Ferne sah er die Mole und bewegte sich von ihr fort. Er musste noch eine halbe Stunde warten. Er fuhr eine Viertelmeile an der Küste entlang, dann hielt er auf sie zu.
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