Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
schlammiges Wasser. Dann prasselte es wie Hagel nieder: Wasserspritzer, Holzsplitter, kleine Steinchen.
Seeleute und Soldaten rissen die Arme über den Kopf, um sich zu schützen.
Ahtap konnte nur dastehen und starren. Zwei Schritt entfernt war ein Stück von einem Finger auf das Deck gefallen. Feine Stofffetzen segelten in der Luft.
Was hatte er getan? Der Horizont war ein Chaos aus Flammen und Rauch.
Er hatte das nicht vorhergesehen! Zwei Schiffe allein hätten Vahan Calyd niemals gefährlich werden dürfen. Selbst wenn sie tausend Krieger in den Hafen getragen hätten. Das Geschenk des Devanthar! Das verfluchte Schießpulver … Er hätte daran denken müssen! Aber niemand in Albenmark führte auf diese Weise Krieg. Das war neu.
Ahtap musste sich an der Reling festhalten, so sehr zitterten ihm die Glieder. Er war es gewesen, der sie hierher gebracht hatte. Wie hatte er nur glauben können zu wissen, was die Menschen vorhatten! Sein verdammter Hochmut hatte Vahan Calyd zerstört.
Bunte Laternen wurden an den Rahen der Ordensschiffe hochgezogen. Befehle gellten über die Decks. Die ganze Flotte setzte sich in Bewegung.
DAS LETZTE SCHIFF
Luc war unendlich enttäuscht. Das hatte er sich alles ganz anders vorgestellt! Er stützte sich schwer auf die Reling der Nordstern. Noch immer war er so schwach, dass er sich mit einem Seil festgelascht hatte, weil er der Kraft seiner Beine nicht traute.
Seine Lanterna bildete die Nachhut der Flotte. Das letzte Schiff, das Albenmark verlassen würde. Ein paar Stunden noch, und sie wären wieder am Rabenturm. Wenigstens diesmal wollte Luc dabei sein, wenn sein Schiff die Grenze zwischen den Welten passierte.
Er wusste, vernünftig war das nicht. Er sollte in seiner Koje liegen und Kräfte sammeln. Dass er Honoré geheilt hatte, hätte ihn fast umgebracht. Er hatte seine Kräfte nicht mehr kontrollieren können. Manche glaubten, Tjured sei in ihm gewesen. Zumindest war ein Wunder geschehen, so viel war gewiss. Alle an Bord des Flaggschiffs waren geheilt worden. Und das Tor zwischen den Welten hatte sich verändert. Doch niemand wusste zu sagen, ob dies gut oder schlecht war.
Für ihn aber war es ganz eindeutig schlecht gewesen, dachte Luc grimmig. Nur langsam erholte er sich. Immer wieder begann er unkontrolliert zu zittern. Er war so schwach, dass er kaum einen Wasserbecher halten konnte. Und das in der schwülen Hitze hier!
Das ganze Jahr, das er auf Reisen gewesen war, hatte Luc sich ausgemalt, wie der Krieg in Albenmark aussehen würde. Er hatte sich vorgestellt, wie ihre Flotte Städte belagerte, wie Ritterheere zum Zweikampf aufeinanderprallten. Wie
er einen Troll niederstreckte. Um all das fühlte er sich nun betrogen. Kein einziger Kanonenschuss war gefallen. In der Hafenstadt der Elfen hatte es keinerlei Widerstand gegeben. Wer die Explosion der Stolz und der Gottes Zorn überlebt hatte, war in die Mangroven geflohen. Sie hatten eine Geisterstadt besetzt, für zwei Tage nur.
Mehr als zehntausend Krieger hatte Honoré nach dem Preis des Sieges suchen lassen. Und es grenzte an ein Wunder, dass zuletzt gefunden wurde, was der Primarch unbedingt in Händen halten wollte: die silberne Schwanenkrone Albenmarks. Man hatte sie in den Mangroven gefunden, in den Ästen eines Baumes hängend, mehr als eine Meile vom Hafen entfernt. Verzogen und mit Blut und Schlamm bespritzt, sah sie nicht mehr sehr erhaben aus. Honoré hatte Luc besucht, um ihm die Krone zu zeigen. Dies war der eine Schatz, den der Primarch haben wollte. Er würde sie den Heptarchen überbringen, damit niemand mehr an der Macht der Neuen Ritterschaft zweifelte.
Während Luc in seiner Koje gelegen hatte, erschöpft allein von der Anstrengung zu atmen, hatten alle anderen die Wunder der Elfenstadt bestaunt. Niemand aus der ganzen Flotte würde arm zum Rabenturm zurückkehren, so unermesslich waren die Schätze in den Ruinen gewesen. René und Raffael hatten ihn zweimal besucht, um von ihren Streifzügen zu berichten. Von Perlen, groß wie Taubeneier, von Schmuck und Stoffen, wunderschönen Möbeln, hauchzartem Glas.
Alles, was ihm bliebe, war die Erinnerung an den durchdringenden Leichengeruch, der mit jeder Stunde schlimmer geworden war. Man hatte nichts dagegen tun können. Und so waren sie nach zwei Tagen wieder aufgebrochen, bevor die Seuchengefahr zu groß wurde.
»Kapitän, Segel achteraus!«, meldete sein Steuermann.
Luc blickte zurück. Am Horizont war ein kleines, dreieckiges Segel
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