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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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Kanonikus zu erkennen. »Meine liebe Elysa. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, ist Euch die kritiklose Annahme mysteriöser Überlegungen fremd.«
    »Ihr glaubt also nicht an die Anwesenheit des Teufels?«
    Clemens von Hagen lachte verhalten. »Das Fegefeuer, das die Leiber der Verdammten peinigt, ist eine Erfindung unseres verehrten Kirchenvaters Augustinus, um die armen Sünder zur Umkehr zu bewegen. Die Wahrheit liegt in der Allegorie. Warum also sollte sich der Teufel persönlich nach Eibingen begeben, um ein Feuer zu zünden?«
    Elysa ahnte, worauf Clemens von Hagen abzielte. »Ihr glaubt, es steckt eine planvolle Absicht dahinter?«
    Der Kanonikus schwieg. Elysa beobachtete das Ufer, das in der Ferne von flackernden Lichtern erhellt wurde. Unversehens hatte Clemens von Hagen etwas in ihr berührt, das sie neugierig machte. Wenn man alles, wie es die Scholastiker verkündeten, mit wachem Verstand hinterfragen konnte, musste es dann nicht auchfür die Vorgänge im Kloster eine Erklärung geben? Sollte man es nicht zumindest in Erwägung ziehen?
    Eine Erinnerung stieg in ihr auf und führte sie in die Kindheit, zurück zum elterlichen Anwesen. Sie nahm die Sonne auf ihrem Haar wahr, den Duft der Wiesenblumen, das Klappern der Hufe, das Rütteln des Pferdewagens, der dem unebenen Weg zur Holzbrücke folgte, unter dem sich der tiefe Wassergraben auftat. Neben ihr die Mutter, mit geröteten Wangen, lachend. Sie hatte das knackende Geräusch nicht gehört, aber Elysa vernahm es. Damals hatte sie es jedoch nicht zuordnen können. Als der Wagen die Brücke erreichte, geschah es: Die Achse brach, der Wagen kippte zur Seite und krachte gegen das hölzerne Geländer. Ihre Mutter wurde hinausgeschleudert, hinab in den Graben. Das Wasser spritzte hoch und prasselte auf Elysas Gesicht. Noch heute spürte sie das Entsetzen, das sie angesichts der Schreie der Mutter empfunden hatte. Eine der Wachen des Burgtores schaffte es, sie aus dem Wasser zu ziehen, bevor sie ertrank, doch fortan war sie verändert. Es hieß, der Teufel habe ihr ein Bein gestellt. Es sei die Strafe für den Hochmut, den sie empfunden hatte, als sie lachend vor Glück über die Felder geritten war.
    Erst Jahre später hatte Elysa erkannt, dass es noch eine andere Wahrheit gab, geben musste. Man konnte es Schicksal nennen, dass die Achse ausgerechnet auf der Brücke gebrochen war. Und was sprach gegen die absichtsvolle Handlung eines missgünstigen Hörigen etwa, die Achse brüchig zu machen?
    Die Rufe des Mannes, der am Heck das Ruder bediente, vertrieben ihre Gedanken. Elysa erkannte am Ufer kleine Feuer, die man entzündet hatte, um die mondlose Nacht zu erhellen. Zwei Männer, ihrer Kleidung nach Laienbrüder, standen winkend daneben, sie wurden anscheinend erwartet.
    »Wir sind gleich da«, erklärte Clemens von Hagen und sah Elysa fest an. »Ich bitte Euch nun, gleichgültig, was ich sage, vertraut mir. Und tut nichts, was Argwohn wecken könnte, es sei denn, Ihr wollt meine Mission gefährden.«
    Der Schiffer lenkte das Boot mit dem Bug voran an die Böschung. Elysa ließ sich von dem Kanonikus ans Ufer helfen und beobachtete, wie die Männer die Pferde an Land führten. Sie versuchte, im Licht der Fackeln einen Pferdewagen zu entdecken oder eine Karre für die vielen Truhen, in denen sie ihre gesamte Habe bewahrte, die Kleidung, den Schmuck, die Bücher ihres Onkels. Aber sie sah nichts dergleichen.
    Als sie sich zum Boot umdrehte, beobachtete sie, wie der Kanonikus kurz mit einem der Laien sprach und ihm etwas zusteckte. Kurz darauf kletterte der Mann auf das Boot zu den Schiffern, während der andere es vom Ufer abstieß und sofort mit einem großen Satz aufsprang.
    Clemens von Hagen trat zu ihr. »Die Truhen bleiben auf dem Boot. Wir können sie nicht mitnehmen.«
    »Aber warum? Die Männer werden damit verschwinden!«
    »Sie gehören zum Kloster. Eure Habe kommt an einen sicheren Ort.«
    »Wo könnte sie sicherer sein als im Kloster?«
    Der Kanonikus antwortete nicht. Wortlos führte er die Pferde heran und half Elysa in den Sattel. Dann nahm er eine der Fackeln und bestieg sein eigenes Pferd.
    »Es gibt noch etwas, das Ihr wissen solltet.«
    »Was kann es noch geben?«
    »Der Brief, den ich unter dem Siegel des Mainzer Erzbischofs Konrad mit mir führe, enthält auch eine Empfehlung, und Ihr müsst mir jetzt sagen, ob Ihr möchtet, dass ich sie vor der Priorin verlese oder augenblicklich vernichte.«
    Elysa umklammerte die Zügel ihres

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