Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)
seltsame Dinge?«
»Als Adalbert kam, war er in einem furchtbaren Zustand. Um Jahre gealtert, die Haare schlohweiß, mit nackten Brauen und wimpernlosen Augen. Schwester Jutta, die Medica des Klosters, sagte, die Luftgeister hätten Besitz von ihm ergriffen, und nachdem er die Medizin verweigert hatte, verlegte sie sich aufs Beten. Doch Gott der Herr hatte andere Pläne. Am nächsten Morgen fand man Adalbert tot auf. Noch am selben Tag starb Schwester Elisabeth an furchtbaren Krämpfen. Ich hörte, wie sie litt, aber ich dachte, es käme von der Völlerei, denn es war zur Zeit des Morgenmahls.«
»Woher kamen die Krämpfe?«
»Ich weiß es nicht, Schwester, aber du kannst mir glauben, dass es seitdem viele Nonnen gibt, die morgens lieber fasten, so wie es der heilige Benedikt vorgesehen hat.«
»Sie glauben, es sei eine Strafe?«
»Die Regeln erlauben nur eine warme Mahlzeit am Tag und im Sommer noch etwas Brot am Abend. Aber die selige Meisterin war gegen die strenge Askese, und so führte die Priorin zum Getreidebrei am Morgen auch noch das tägliche Brot am Abend ein, selbst in den Wintermonaten.«
»Und was glaubst du?«
Margarete sah sie überrascht an. »Ich weiß nicht, was ich erzählen kann und was nicht«, begann sie zögernd, »aber mein Herz quillt über von all der Traurigkeit und den Worten, die ich zurückhalte, weil ich mich niemandem offenbaren darf.«
Elysa nahm schweigend Margaretes Hände.
»Warum Elisabeth starb, kann ich nicht sagen, aber in einem anderen Punkt glaube ich etwas zu wissen.«
»Der Mönch?«
»Ich habe ihn gefunden«, flüsterte die Nonne und senkte den Kopf. »Ich glaube nicht an das, was Jutta sagt. Auch wenn ich mich in der Krankenpflege nicht auskenne, so weiß ich doch um all die Wirkungen von Pflanzen und Mineralien aus den Werken unserer Bibliothek.«
Die Nonne sah auf, und ihre Augen funkelten. »Ich habe ganz alleine das De Medicina des Isidor von Sevilla für unsere Klosterbibliothek kopiert. Und, bei Gott, in einem bin ich mir sicher: Adalbert von Zwiefalten wurde vergiftet!«
- Ende der Leseprobe aus »Pergamentum - Im Banne der Prophetin« -
Informationen zur Autorin
HEIKE KOSCHYK, 1967 in New York geboren, war Heilpraktikerin mit einer eigenen Praxis und Dozentin für Homöopathie, bevor sie zu schreiben begann. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg und ist Trägerin des Agatha-Christie-Krimipreises.
Mehr Informationen zur Autorin unter www.heike-koschyk.de
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