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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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machen.
    Hufeland eilte die Stiege hinab und trat auf die Gasse. Beinahe wäre er über eine erbärmliche Gestalt gestürzt, die zusammengerollt auf dem Pflaster lag, wohl um ihren Rausch auszuschlafen. Von irgendwoher erklang ein helles Lachen.
    |18| Plötzlich erinnerte er sich an den vergangenen Abend. Mit heißen Wangen entsann er sich, aus der Bibel rezitiert zu haben, als sich eine namenlose Schöne auf seinen Schoß setzte und die Arme um ihn schlang. Er hatte getrunken. Weit mehr als er vertrug. Er, der sich insgeheim darin rühmte, sich vortrefflich im Griff zu haben, war außer Kontrolle geraten. Und was noch weit schlimmer war: Es hatte ihm einen höllischen Spaß bereitet.
    Die Welt hinter den Butzenscheiben der Wirtshäuser war eine, die ihm bislang verborgen geblieben war, laut und zügellos. Alles dort schien einem absonderlichen Rausch verfallen zu sein. Einem Rausch, der ihn nun wieder einholte, als er spürte, dass die Welt um ihn schwankte.
    Hufeland stützte sich an die Wand eines eleganten Bürgerhauses und wartete, bis der Schwindel sich legte. Ein harter, prasselnder Regen setzte ein und ließ das von der Sonne erhitzte Kopfsteinpflaster dampfen. Er eilte voran, durch lange Gassen stolpernd, vorbei an hohen, farbig verputzten Häusern, denen man den Wohlstand der Bewohner ansah.
    Alles nur Fassade, dachte er. Machte man nur einen Schritt abseits, gelangte man in ein Gässchen, direkt hinter dem Rathaus, durch das ein Bach floss, in dem sich die Kloaken der Hinterhöfe vereinigten. Dem Gestank war jetzt, in der Schwüle des Spätsommers, auch mit wöchentlichen Spülungen mit dem Wasser des Leutrabaches nicht beizukommen. Und doch gab es nicht wenige, die sich von dem weithin bekannten Rosmaringässchen angezogen fühlten, barg es doch neben dem tatsächlichen Schmutz auch den der käuflichen Vergnügungen.
    Der Regen lief an Hufeland hinab, durchnässte seine Kleidung, als er den Weg in Richtung Stadtgraben einschlug. Er erinnerte sich an den Tag seiner Ankunft, an das Gefühl der Freiheit, als er das erste Mal allein mit der Postkutsche fuhr, aufrecht sitzend, den Koffer fest an seine Seite gepresst.
    Der Ruf Jenas war zu ihm vorgedrungen, noch ehe er Kötschau passiert hatte, und das Gehörte hatte ihn mit einer eigentümlichen Spannung erfüllt. Roh seien die Sitten, studiert würde nur nebenher. |19| Man trachte danach, sich mit Bier und Weib zu vergnügen und sich bei jeder Gelegenheit zu duellieren.
    Ob sein Vater davon gewusst hatte?
    Hufeland dachte an ihn mit dem Respekt eines Jungen, der den Fleiß und die Frömmigkeit des Vaters ehrte. Nur selten hatte er es sich erlaubt, darüber zu grollen, dass ihn täglich die Wucht der Knute traf.
    Nein, er hatte nicht vor, dem Laster zu verfallen. Er, Christoph Wilhelm Hufeland, würde sich gegen die Versuchungen dieser verteufelten Stadt stemmen.
    Das Accouchierhaus lag auf einer kleinen Anhöhe, so dass es über die Häuser der Stadt emporragte. Ein baufälliges dreistöckiges Gebäude aus dem 16. Jahrhundert, das man mit geringen Mitteln instand gesetzt hatte, um es für jene Frauen zu öffnen, die ihre meist unehelichen Kinder entbinden wollten, ohne dafür in Haft zu kommen. Gleichzeitig sollte es als Lehranstalt dienen, für Hebammen und auch für angehende Ärzte. Eine ungeheuerliche Neuerung, gab es doch nur wenige Gebärende, die sich von Männern untersuchen lassen wollten.
    Das große Haus mit dem Treppentürmchen lag direkt neben dem Pulverturm und den Rosensälen. Man hatte einen dieser neuartigen Gewitterableiter angebracht, um es vor einem Blitzeinschlag zu schützen, doch weit nötiger wäre es gewesen, es vor den Philistern zu bewahren, Spießbürgern, die die Einrichtung im Vorbeigehen als Sündenpfuhl verfluchten und Steine gegen die Mauern warfen.
    Als Hufeland sich näherte, sah er Dürrbaum, den Hausvogt des Accouchierhauses, der die Stufen vor dem Eingang fegte. Sorgfältig, als wolle er damit den Vorbeieilenden beweisen, wie sauber es hier zugehe. Er blickte auf, als er ihn bemerkte, und winkte ihm freundlich zu, bevor er mit seiner Arbeit fortfuhr.
    Noch während Christoph Hufeland die Brücke des Stadtgrabens überquerte und über den kleinen Platz zum Haus ging, drang ein gellender Schrei aus einem der Fenster. Hufeland hielt inne. Er zögerte, dachte an das neue Leben, das in ebendiesem Moment |20| begann, inmitten eines Schwalls von Blut und Wasser, und verspürte wenig Lust weiterzugehen.
    »Los jetzt, geh schon«,

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