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Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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Daumennagels das Gesicht und steckte ihn in den Mund, um daran zu saugen. »Und die Situation in der Stadt?«
    Changs Antwort wurde übertönt von einem Fluch, als die Kutsche plötzlich stehen blieb. Er streckte den Oberkörper zur Tür hinaus. Die Straße war mit Kutschen verstopft. Über ihren Köpfen erklangen Trompeten, gefolgt von einem bedrohlichen Trommelwirbel und dem Lärm stampfender Stiefel. Chang zog sich wieder in die Kutsche zurück und sagte rasch: »Die Armee kontrolliert die Straße – wir sollten zu Fuß weiter, bevor es zu Ausschreitungen kommt.« Chang sprang unter dem Protest des Fahrers, den er ignorierte, hinaus und reichte Cunsher die Hand. »Können Sie gehen?«
    »Oh ja, ich muss wohl. Wenn vom Circus Garden her die Straße gesperrt ist, dann ist das hier … Moulting Lane? Egal – wenn wir bis zum Kanal weitergehen …«
    Doch Chang hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. Der kleinere Mann folgte tapfer, und während sie sich einen Weg durch den Schutt bahnten, rief er Chang zu: »Die Soldaten sind keine Schutzmänner – das heißt, sie denken nicht an Verdächtige und Verkleidungen. Leute wie wir können vielleicht unbemerkt entwischen.«
    Cunsher blickte über die Schulter, als ein weiterer Trompetenstoß ertönte. Ein Schuss fiel, dann fünf weitere. Cunsher stolperte über eine Kiste verfaulter Kohlköpfe und blieb stehen. Das nächste Schmettern der Trompeten war vermischt mit Schreien.
    »Oh Gott.«
    Chang packte Cunshers Arm und zog ihn weiter. »Gott hat damit nichts zu tun.«
    Der Duke’s Canal war ein schmaler Kanal mit grünem Wasser und so zugebaut mit Brücken und Gerüsten, dass er über weite Strecken verschwand und dann zwischendrin wieder auftauchte wie eine ältere Tante, die entschlossen ist, die jüngeren Verwandten zu überdauern. Doch war die Strecke frei von Soldaten, und eingedenk Cunshers geschwächten Zustands machte Chang in einem nahe gelegenen Wirtshaus Halt. Er bestellte einen Krug bitteres Bier für jeden und Soleier aus einem Topf für Cunsher. Der kleine Mann aß stumm, nippte an seinem Bier und kaute geduldig wie ein Esel.
    »Waren Sie in der Kathedrale?«
    Chang wandte sich zu der gemauerten Feuerstelle des Wirtshauses um, wo ein grauhaariger Mann in Hemdsärmeln mit einer Kellnerin saß. Er nickte.
    »Wann wird es aufhören?«, fragte die Frau. »Wo ist die Königin?«
    »Königin?«, polterte der Mann. »Wo ist der alte Herzog? Ihn brauchen wir! Er wird sie niedermähen wie Weizen – verdammte Rebellen!«
    »Eine Horde Leute ist in Raaxfall eingefallen«, rief der Barkeeper. »Haben den Ort wie einen Scheiterhaufen abgebrannt.«
    Der Ältere bei der Feuerstelle nickte mit grimmiger Genugtuung. »Sie haben es nicht besser verdient.«
    »Waren die Rebellen aus Raaxfall?«, fragte Chang.
    »Natürlich!«
    »Aber wir kommen gerade vom Circus Garden«, sagte Chang. »Niemand aus Raaxfall weit und breit. Nur Soldaten, die auf Leute in den Straßen schießen.«
    »Rebellen im Circus Garden?«, piepste ein Mädchen.
    »Jagt sie fort!« Der Alte knallte seinen Krug so fest auf die Bank, dass ihm der Schaum über die Hand schwappte. »Direkt ins Grab!«
    Chang nahm einen Schluck. »Und was, wenn sie hier auftauchen?«
    »Werden sie nicht.«
    »Und wenn doch?«
    Der Mann zeigte auf zwei rostfleckige Säbel über der Feuerstelle. »Wir zeigen’s denen.«
    »Bevor oder nachdem die Soldaten die gesamte Straße abgebrannt haben?«
    Die Atmosphäre im Wirtshaus wurde augenblicklich frostig. Chang stellte seinen Krug ab und erhob sich. »Der Herzog von Stäelmaere ist schon seit zwei Monaten tot.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte der Barkeeper.
    »Ich habe seinen verrotteten Leichnam gesehen.«
    »Bei Gott – drücken Sie sich gefälligst etwas respektvoller aus!« Der Alte stand auf.
    »Es hat keine Bekanntmachung gegeben«, sagte das Mädchen. »Kein Begräbnis …«
    »Wo finden die Begräbnisse für die Toten vom Zollhaus statt?«
    »Was für ein Priester sind Sie eigentlich?«, knurrte der Barkeeper.
    »Gar keiner.«
    Der Barkeeper trat nervös zurück. Cunsher räusperte sich. Er hatte das dritte Ei aufgegessen. Chang legte zwei Münzen auf den Tresen und schnippte der Hilfskellnerin auf dem Weg zur Tür eine dritte zu.
    »Wenn Sie nicht wissen, gegen wen Sie kämpfen, dann sollten Sie die Beine in die Hand nehmen.«
    »Ich sehe keinen Sinn darin, den Leuten Angst zu machen«, stellte Cunsher fest, während sie ihren Weg am Kanal entlang fortsetzten.

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