Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)
nach!«
Kelling stürzte durch die Tür, aber die Ministerialbeamten zögerten. »Gibt es Licht?«, fragte einer.
Ein Krachen und ein Schmerzenslaut ertönten. »Da sind Stufen«, rief Mr. Kelling.
Svenson öffnete eine Schranktür und holte eine metallene Eisenbahnerlaterne heraus.
»Wie sind Sie darauf gekommen?«, fragte Schoepfil.
»Pont-Joule muss die Tunnel zu Überwachungszwecken genutzt haben.«
»Sie sehen ja, was ihm das eingebracht hat«, sagte Schoepfil verächtlich und rief dann: »Ein Streichholz! Ein Streichholz! Zünden Sie gefälligst das verdammte Ding an !«
Kelling wartete neben einem Stapel Kleidungsstücke. Schoepfil stand an dem dunklen Becken und betrachtete das Brodeln und Blubbern. Die Ministerialbeamten waren unschlüssig. Einer, hin- und hergerissen zwischen Fürsorge und Komplizenschaft, stand Arm in Arm mit der Herzogin da, weil Schoepfil es nicht wagte, sie alleinzulassen. Ein weiterer hielt die Laterne hoch, aber die Höhle hatte keinen anderen Ausgang als das Becken.
Svenson warf einen Blick auf die Kerze, bemerkte die Asche auf dem Fußboden darunter und ein winziges Stück rotes Papier. Die Contessa hatte eine Nachricht hinterlassen, die Miss Temple klugerweise verbrannt hatte.
Der Kleiderhaufen war noch einfacher zu erklären: Eine Frau war der Spur der anderen gefolgt und hatte, um schwimmen zu können, die Kleider abgelegt. Svenson kniete sich neben das Becken, tauchte die Finger in das blubbernde Wasser, hielt sie sich anschließend an die Nase und steckte sie dann in den Mund.
»Kälter als die Bäder«, sagte er, »doch die Mineralien belegen eine Vermischung. Der Kanal führt zum Fluss. Unterirdisch.«
»Ein Geheimgang«, sagte die Herzogin. »Er wurde für schreckliche Dinge benutzt.«
Er ging nicht davon aus, dass es irgendwelcher Erklärungen bedurfte; schließlich befanden sie sich unter einem Palast. »Der Abschnitt kann nicht lang sein, bis er wieder zur Oberfläche führt. Folgen wir den beiden?«
Er packte seinen Waffenrock mit Daumen und Zeigefinger, als wäre er bereit, ihn abzulegen. Schoepfil blickte finster drein. »Natürlich nicht. Diese Asche da, Kelling – was wurde da verbrannt?«
»Ein Brief. Unleserlich, Sir.«
»Verdammte Frauenzimmer. Unverschämt. Dreist.« Schoepfil zeigte vorwurfsvoll auf die Kleider. »Hat sie auf der anderen Seite frische Sachen liegen? Natürlich. Und sobald dieses kleine Miststück dort angekommen ist, wird sie auch mein Buch haben!«
Svenson hatte Miss Temple für tot gehalten, nur um sie dann in den Bädern wiederzusehen – ausgerechnet mit der Contessa, und dann auch noch bei einer Audienz mit der kranken, an Verstopfung leidenden Königin. Von ihrem Versteck aus hatten Schoepfil und er das gesamte Gespräch mit angehört, einschließlich der hinterhältigen Beschuldigung, dass Robert Vandaariff und Lord Axewith für den Mord am Herzog von Stäelmaere verantwortlich seien. Minuten später hatte Colonel Bronque selbst eine Audienz und wurde anstelle von Axewith mit einer ganzen Litanei von Schmähungen überschüttet, dessen Gesuch um das Königliche Siegel rundweg abgelehnt wurde. Schoepfil hätte beinahe ihr Versteck verraten, als er wegen des Rückschlags für seinen Onkel kichern musste. Onkel! Was für ein Leben in beneidenswerter Nähe zur Macht konnte diese seltsame Kreatur erklären?
Von dort war Svenson an den verhassten Kelling weitergereicht worden, der ihm – mit zwei Grenadieren – einen anderen mit Kork ausgekleideten Raum gezeigt hatte, vollgestopft mit Aufzeichnungen über den Comte d’Orkancz und den Indigolehm: Bücher und Papiere, Diagramme, Gemälde, zur Hälfte bearbeitete Messing- und Eisenstücke. Kelling wartete begierig ab, worauf sich seine Aufmerksamkeit richtete, als sei Svenson ein Pilger in einer alchemistischen Allegorie, dem ein Tisch voller Reiche präsentiert wurde, auf dass er wählen könnte, welchen Weg seine Seele nehmen solle.
»Lorenz.« Svenson tippte auf einen Stapel Notizen. »Aus einem Luftschiff ins eisige Meer geworfen.«
Kelling schwieg. Svenson ging zum nächsten Stapel.
»Fochtmann. In Parchfeldt in den Kopf geschossen.« Er lächelte Kelling an, als handele es sich um eine schöne Erinnerung. »Gray, von Kardinal Chang in Harschmort getötet. Und Crooner … jeder vergisst ihn. Hat beide Arme verloren – in Glas verwandelt und abgebrochen. Ist am Schock gestorben, nehme ich an …«
»Was ist mit der Hochzeit ?« Kelling reckte den knorrigen Hals wie
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