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Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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gemeinsam ihr Gebiet gegen Diebstahl sicherten – war für die Nacht noch nicht geschlossen worden. Chang nickte den Torwächtern zu und marschierte hindurch. Nummer 87 war geschlossen. Chang presste sein Gesicht an einen Spalt neben dem Torpfosten: Dahinter befand sich ein großer sandbedeckter Hof, auf dem Fässer, Backsteine und Sand lagerten. Die Fenster der Hütte auf der gegenüberliegenden Seite waren dunkel.
    Allein sein Erscheinen hatte die Aufmerksamkeit der Männer am Tor erregt, und Chang vermutete, dass sie ihn nicht aus den Augen ließen. Er wusste, dass sein Dietrich nicht in das Schloss passen würde. Mit einer unvermittelten Bewegung stellte Chang einen Fuß auf das Schloss, zog sich hoch und schwang sich über das Tor. Er kam geduckt auf und rannte zum Eingang – die Wachen am Tor waren bestimmt schon unterwegs.
    Die Tür war verschlossen, doch nach zwei Tritten flog sie weit auf. Chang fluchte angesichts der Dunkelheit und nahm die Brille ab: eine Schmiede – Ambosse und Hämmer, eine Wanne und Eisenzangen –, aber niemand da. Der nächste Raum war mit einem Oberlicht versehen, durch das Hitze und Gestank von geschmolzenem Glas entweichen sollten. Lange Barren harten, groben Glases waren auf einer Werkbank aufgeschichtet, bereit, in Form gegossen zu werden. Die Steine des Schmelzofens waren kalt.
    Noch immer kein Zeichen von den Wachen. Hinter dem Schmelzofen befand sich ein weiterer Hof, wo Stühle und ein Tisch standen, der mit Flaschen und Bechern vollgestellt war. In der aufgeweichten Erde darunter lagen wie die Patronenhülsen eines Re volvers halb aufgerauchte Zigaretten. Die Stummel waren von einer Zigarettenspitze zusammengedrückt. Hinter einem Stuhl lag zusammengeknülltes Wachspapier. Chang faltete es auseinander und entdeckte einen Fettfleck in der Mitte. Er hielt ihn an die Nase und berührte das Papier mit der Zunge. Marzipan.
    Auf der anderen Seite des Hofs war ein großer Trockenofen zu sehen. Darin lag eine zerbrochene Tontafel: eine leere Gussform, die zum Härten von Glas oder Metall bei extremer Hitze diente. Jede Gussform war für einen jeweils anders geformten Schlüssel gedacht.
    Von vorn waren Stimmen und das Rütteln am Tor zu hören. Zu beiden Seiten des Trockenofens stand ein Zaun, der die Glashütte von den Nachbarn trennte. Von rechts ertönte das Getrippel von Federvieh. Chang nahm einen Ziegel und warf ihn hinüber. Der Wurf löste ein wildes Gegacker aus. Dann sprang er über den gegenüberliegenden Zaun und landete auf einem Stapel Getreidesäcke. Sofort stürzte er zum nächsten Zaun, sprang über diesen und die nächsten drei, wobei er nur auf einen Hund traf – einen gefleckten Jagdhund, der von Changs plötzlicher Anwesenheit genauso überrascht war wie dieser von dem Hund – und keinem Menschen begegnete, der mutig genug gewesen wäre, sich einzumischen. Beim letzten Sprung landete er auf einem Stapel Holzkisten, die mit Stroh vollgestopft waren. Ob sie nun exotische Früchte, Eisblöcke oder Dresdner Figürchen enthielten, erfuhr er nie. Er rückte seine Brille zurecht, ging ohne Eile an der Familie vorbei, die vor dem Haus beim Abendessen saß, und entfernte sich von der neugierigen Menge, die sich angesichts des Tumults vier Tore weiter versammelt hatte.
    Er zweifelte nicht daran, dass Pfaff dort gewesen war. War sie deshalb verlassen? Die zusammengedrückten Zigaretten beschworen die Contessa di Lacquer-Sforza herauf. War das Marzipan eine Leckerei, um sich das Wohlverhalten von Francesca Trapping zu erkaufen? Chang war bereits spät dran, aber selbst wenn er noch zwei Stunden gehabt hätte, spielte es kaum eine Rolle mehr – es war eine tote Spur.
    Er eilte gen Norden und wurde nicht nur in den überfüllten Straßen von aufgebrachten Menschen aufgehalten, sondern auch von allerlei angesehenen Männern und Frauen, die voll der grimmigen Entschlossenheit von Reisenden auf einem Bahnhof waren. Chang drängte sich mit einer düsteren Vorahnung hindurch. Die Menge hatte das gleiche Ziel wie er.
    Als er St. Isobel schließlich erreichte, musste Chang den Hals recken, um die Statue der Heiligen sehen zu können. Ausgelassen kreischende Straßenkinder kreuzten seinen Weg. Die Menge um ihn herum wich zurück – zuerst wegen der Kinder und dann wegen der schwarzen Kutsche, die in ihrem Gefolge vorandrängte. Der Kutscher schlug auf sein Gespann ein und drohte jedem, der ihm im Weg war, mit der Peitsche. Die Kutschvorhänge waren zugezogen, aber im

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