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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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mit weiter Mündung] und vielleicht einen Diener zu Fuß mit einer Büchse auf der Schulter bei sich zu haben, und die unbedeutendste Reise wird mit den Vorbereitungen eines kriegerischen Unternehmens angetreten.
    Die Gefahren auf der Heerstraße veranlassen auch eine Reiseart, die in einem kleinen Maßstab den Karawanen des Osten gleicht. Die Arrieros, oder Kärner, vereinigen sich zu Geleitschaften und gehen an bestimmten Tagen in großen und wohlbewaffneten Zügen ab, während hinzukommende Reisende ihre Zahl vermehren und ihre Stärke erhöhen. Auf diese alt einfache Weise wird der Handel des Landes betrieben. Der Maulthiertreiber ist der allgemeine Vermittler des Verkehrs und der gesetzmäßige Durchzieher des Landes, der die Halbinsel von den Pyrenäen und den asturischen Gebirgen bis zu den Alpujarras, der Serrania de Ronda und selbst zu den Pforten von Gibraltar durchstreift. Er lebt mäßig und mühevoll; sein Alfurjas[Reisesack] von grobem Tuche enthält seinen knappen Vorrath von Lebensmitteln; eine Lederflasche, die an dem Sattelbogen hängt, ist mit Wein oder Wasser gefüllt, um auf dem öden Gebirg oder den dürren Ebenen den Durst zu stillen. Eine Maulthierdecke, auf den Boden gebreitet, ist des Nachts sein Bette und sein Packsattel ist sein Kissen. Seine kleine, aber schön gegliederte und kräftige Gestalt zeugt von Kraft; seine Gesichtsfarbe ist dunkel und sonneverbrannt; sein Auge entschlossenen aber ruhigen Ausdrucks, ausgenommen wenn eine plötzliche Erregung es entflammt; sein Benehmen ist frei, männlich, höflich und er geht nie an dir vorbei ohne einen ernsten Gruß:
»Dios guarde à usted!« »Va usted con Dios, Caballero!«
– »Gott schirme euch! Gott sey mit euch; Herr!«
    Da diese Leute oft ihr ganzes Vermögen in dem Gepäck ihrer Maulthiere tragen, so haben sie ihre Waffen, die an den Sattel befestigt und augenblicklich zu verzweifeltem Widerstand bereit sind, stets zur Hand. Ihre vereinte Zahl aber sichert sie gegen kleine Banden von Schnapphähnen; und der einsame Bandolero[Straßenräuber] , bis zu den Zähnen bewaffnet und auf seinem Andalusier sitzend, umschwebt sie, wie ein Seeräuber das Geleitschiff eines Kauffahrers, ohne einen Angriff zu wagen.
    Der spanische Maulthiertreiber hat einen unerschöpflichen Vorrath von Liedern und Balladen, um sein unaufhörliches Wanderleben damit zu erheitern. Die Weisen sind rauh und einfach, indem sie nur aus wenigen Inflexionen bestehen. Diese singt er mit lauter Stimme und langem, gezogenem Tonfall heraus, während er quer auf seinem Maulthier sitzt, das mit unendlichem Ernste zu lauschen und mit seinem Schritte den Takt zu der Weiße zu halten scheint. Die so abgesungenen Strophen sind oft alte überlieferte Romanzen, die Mauren betreffend, oder irgend eine Heiligen-Legende, oder ein Liebesliedchen; oder, was noch häufiger der Fall ist, eine Ballade auf einen kecken Schleichhändler, oder einen kühnen Bandolero, denn der Schmuggler und der Räuber sind poetische Helden bei dem gemeinen Volke Spaniens. Oft ist der Gesang des Maulthiertreibers ein Erzeugniß des Augenblicks und bezieht sich auf eine örtliche Scene oder auf irgend einen Reisevorfall. Dieses Talent des Gesanges und der Improvisation ist sehr häufig in Spanien und soll ihnen von den Mauren vererbt worden seyn. Es hat etwas wild Ergötzliches, diesen Liedern in den rauhen und einsamen Gegenden, von denen sie Kunde geben, zu lauschen, wenn sie von dem Geklingel der Glocke des Maulthirs begleitet werden.
    Es ist auch von einer sehr malerischen Wirkung, in einem Gebirgspaß auf einen Zug von Maulthiertreibern zu stoßen. Zuerst hört man die Glocken der vordern Maulthiere, die mit ihrem einfachen Tone die Stille der luftigen Höhe unterbrechen; oder vielleicht die Stimme des Maulthiertreibers, der ein träges oder vom Weg abgekommenes Thier ermahnt, oder mit der ganzen Kraft seiner Lunge eine alte Ballade singt. Endlich sieht man die Maulthiere sich langsam den engen Felsenpaß entlang winden, zuweilen steile Klippen niedersteigend, so daß sie sich scharf gegen den Himmel abzeichnen, zuweilen aus den tiefen öden Klüften unten sich empor arbeitend. Während sie sich nähern, unterscheidet man ihren bunten Schmuck von wollenen Büschen, Troddeln und Satteldecken, während, bei’m Vorüberziehen, der stets bereite Trabuco hinter den Päcken und Sätteln, die Unsicherheit der Straße andeutet.
    Das alte Königreich Granada, in welches wir nun eintreten, ist eines der

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