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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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aber nackt und mit den nichtssagenden Namen eitler Reisenden überdeckt; die Fenster, welche ohne Fassung, und Wind und Wetter geöffnet waren, gingen auf den Garten der Lindaraxa und die Orangen-und Zitronenbäume bogen ihre Zweige in das Zimmer. Jenseits dieser Zimmer waren zwei weniger hohe, auch in den Garten gehende Säle. In den Feldern der verzierten Decken waren Körbe von Früchten und Kränze von Blumen von einer geschickten Hand gemalt und ziemlich gut erhalten. Auch die Mauern waren in Fresco, im italienischen Styl gemalt gewesen, aber die Malereien fast verwischt; die Fenster waren in demselben wüsten Zustande, wie in den andern Gemächern. Diese merkwürdige Reihe von Zimmern endigte in einer offenen Galerie mit Geländern, welche in rechten Winkeln eine andere Seite des Gartens entlang lief. Die ganze Zimmerreihe hatte eine Zierlichkeit und Anmuth in ihrer Ausschmückung, und es war etwas so Freundliches und Abgeschlossenes in ihrer Lage, diesen entlegenen kleinen Garten entlang, daß sie ein Interesse an ihrer Geschichte erweckten. Als ich nachfragte, erfuhr ich, sie seyen eine in dem Anfange des vergangenen Jahrhunderts, zur Zeit, als Philipp V. und die schöne Elisabeth von Parma in der Alhambra erwartet wurden, von italienischen Künstlern verzierte Zimmerreihe, welche für die Königin und die Damen ihres Gefolges bestimmt waren. Eines der höchsten Zimmer war ihr Schlafgemach gewesen; und eine kleine Treppe, welche aus demselben führt, jetzt aber vermauert ist, öffnete sich auf ein entzückendes Belvedere, ursprünglich ein Söller der maurischen Sultaninnen, aber zu einem Toilettenzimmer für die schöne Elisabeth eingerichtet, daher es noch heute den Namen des Tocador, oder der Toilette der Königin hat. Das Schlafzimmer, dessen ich erwähnt habe, hatte von dem einen Fenster die Aussicht auf das Generalife und seine umlaubten Terrassen; unter einem andern Fenster spielte der Alabaster-Brunnen des Gartens der Lindaraxa. Der Garten führte meine Gedanken noch weiter zurück, in die Periode einer andern Herrschaft der Schönheit, zu den Tagen der maurischen Sultaninnen.
    »Wie schön ist dieser Garten!« sagt eine arabische Inschrift, »wo die Blumen der Erde mit den Sternen des Himmels wetteifern! Was kann mit der Vase jenes Alabaster-Brunnens, gefüllt mit crystalnem Wasser, verglichen werden? Nichts als der Mond, wenn er voll ist und in der Mitte eines wolkenlosen Himmels glänzt!«
    Jahrhunderte sind entschwunden, und doch – wie vieles von dieser Scene von offenbar so vergänglicher Schönheit blieb noch. Der Garten der Lindaraxa war noch mit Blumen geschmückt; der Brunnen bot noch seinen crystalnen Spiegel dar; es ist wahr, der Alabaster hat seine Weiße verloren und das Basin darunter, mit Unkraut bedeckt, ist der Aufenthalt der Eidechsen; aber es war selbst in der Verfallenheit etwas, das das Interesse der Scene erhöhte, indem es von dem Wechsel sprach, der das unwiderrufliche Loos des Menschen und aller seiner Werke ist. Auch die Oede dieser Gemächer, einst die Wohnung der stolzen und anmuthreichen Elisabeth, hatte einen rührenderen Reiz für mich, als wenn ich sie in ihrem frühern Glanz, von dem Prunke eines Hofes stralend, gesehen hätte. Ich beschloß sofort, in diesen Zimmern meine Wohnung aufzuschlagen.
    Mein Entschluß erregte großes Staunen in der Familie, die sich gar keinen vernünftigen Grund für die Wahl einer so einsamen, entlegenen und verlassenen Wohnung denken konnten. Die gute Tia Antonia betrachtete es für höchst gefährlich; die Nachbarschaft, sagte sie, sey mit Tagedieben angefüllt; die Höhlen der nahen Berge wimmelten von Zigeunern; der Palast sey im Verfall und an vielen Orten leicht zugänglich; und das Gerücht von einem Fremden, der allein in einer der zerfallenden Zimmerreihen wo die übrige Bewohnerschaft ihn nicht hören könne, wohne, möchte des Nachts leicht unwillkommene Besucher reizen, besonders da man von Fremden immer annehme, daß ihre Börse gut gefüllt sey. Dolores schilderte die schreckliche Einsamkeit des Platzes, wo weitum nichts zu sehen sey als Fledermäuse und Eulen; sodann hielten sich auch ein Fuchs und eine wilde Katze um die Gewölbe auf und streiften Nachts umher.
    Ich war nicht von meinem Einfall abzubringen; daher wurde ein Zimmermann zur Beihülfe hergerufen, so wie der stets dienstfertige Mateo Ximenes, welche Thüren und Fenster bald in einen Zustand von ziemlicher Sicherheit brachten. Aller dieser Vorbereitungen

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