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Die Amazonen von Darkover

Die Amazonen von Darkover

Titel: Die Amazonen von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Tragödie, und in den folgenden Jahren vergaß ich diese Verschlüsselung fast. Ich hielt Melora für tot oder glaubte sie außerhalb meiner Reichweite. Aber vor etwa vierzig Tagen griff Melora aus der Entfernung nach mir, so wie wir es in den Tagen von Dalereuth gelernt hatten ...
    Ich erkannte sie kaum, so sehr hatte sie sich verändert. Ob sie als Gefangene und Jalaks Gefährtin resigniert hatte? Nein. Sie wollte nur nicht die Ursache für noch mehr Tod und Folter sein. Ich erfuhr, daß mein Bruder, ihr Spielgefährte, vor ihren Augen zu Tode gemartert worden war, um alle Rettungsversuche zu vereiteln.
    Und Melora sagte mir schließlich auch noch, daß sie nach so vielen Jahren einen Sohn Jalaks trage, daß sie aber lieber sterben wolle, als ihm einen Sohn aus Comyn-Blut zu gebären. Nicht einmal da bat sie um Rettung für sich selbst, denn ich glaube, sie will lieber sterben. Aber ihr anderes Kind will sie Jalak nicht überlassen. Eine Tochter, geboren wenige Monate nach ihrer Entführung. Sie ist jetzt zwölf Jahre alt, also alt genug, um gefesselt zu werden. Für sich selbst erbat sie nichts. Sie flehte mich nur an, ihre Tochter wegzuholen, denn nur dann könne sie in Frieden sterben ...«
    Kindra überlegte grimmig: Ehe ich eine Tochter hätte, die in den Trockenstädten versklavt und angekettet leben müßte, wollte ich lieber sterben und das Leben in mir töten; aber die Frauen von den Domänen sind weich und feige! Doch sie legte eine Hand auf Rohanas Schulter und sagte leise: »Ich danke Euch, Lady, daß Ihr mir das erzählt habt. Ich wußte es nicht. Es geht also nicht so sehr um die Rettung Eurer Verwandten ...«
    »... als um die ihrer Tochter. Das hat sie von mir erbeten. Wenn allerdings Melora gerettet werden könnte ...«
    »Meine Gruppe und ich sind entschlossen, alles zu tun, was wir tun können. Jede von uns würde ihr Leben riskieren für ein junges Mädchen, um es vor den Ketten zu retten. Lady, im Moment braucht Ihr aber all Eure Kraft, und es wäre unklug, nicht zu essen. Ich kann einer Comynara nichts befehlen, aber wollt Ihr nicht mit meinen Frauen das Mahl teilen?«
    Sie ist trotz ihrer barschen Worte gutherzig, dachte Rohana und lächelte ein wenig. »Ehe ich zu euch stieß, mestra, versprach ich feierlich, mich als eine von euch zu betrachten, und so bin ich verpflichtet, dir zu gehorchen.«
    Kindra folgte ihr nicht sofort, als sie zum Feuer ging und einen Teller voll Bohnen und Fleisch annahm. Sie dachte noch eine Weile darüber nach, was geschehen mochte, wenn Jalak erfuhr, daß sich eine Frau von den Domänen in der Stadt befinde. Es wäre besser gewesen, Lady Rohana hätte ihr rotes Haar gefärbt, denn wenn Jalaks Spione eine rothaarige Comyn-Frau sähen ...
    Automatisch griff Kindra an ihr kurzgeschnittenes ergrauendes Haar. Sie war nicht in die Gilde der Freien Amazonen geboren worden, sondern sie war aus einer so schmerzlichen Erfahrung heraus zu ihnen gestoßen, daß die Erinnerung noch jetzt ihre Lippen verschloß und ihren Blick in weite Ferne schweifen ließ. Sie sah Rohana an, die im Kreis der Amazonen nun am Feuer saß: So war ich auch, wie sie, sanft, unterwürfig, denn nur so kannte ich das Leben. Ich wählte die Freiheit, Rohana zog ihr Leben vor. Nein, ich bemitleide sie nicht.
    Aber Melora hatte keine Wahl. Auch ihre Tochter nicht ...
    Vielleicht war es für Melora schon zu spät. Nach zehn Jahren in den Trockenstädten konnte nicht mehr viel von ihr übrig sein; aber es genügte zu einer riesigen Anstrengung, um ihre Tochter zu befreien. Kindra wußte wenig von den telepathischen Kräften der Comyn, aber die Überbrückung dieser riesigen Entfernung zwischen der Trockenstadt und Lady Rohana mußte für Melora eine übermenschliche Anstrengung gewesen sein. Um ihren Verwandten Tortur und Tod zu ersparen, hatte sie die Gefangenschaft akzeptiert, doch für die Freiheit ihrer Tochter nahm sie jedes Risiko auf sich.
    Lady Rohana tat gut daran, zu mir zu kommen, überlegte sie. Zweifellos wünschten nach so langer Zeit die Comyn Melora tot. Doch dafür sind ja wir Freien Amazonen da, um jede Frau wissen zu lassen, daß sie immer noch eine Wahl hat ...
    Gerade als Kindra zum Feuer zurückkehren wollte, hörte sie einen seltsamen Laut, den Ruf eines Regenpfeifers. In den Trockenstädten gab es keinen solchen Vögel, und sie drehte sich rasch um. Eine schmale Gestalt schlüpfte unten durch die Zeltklappe. Es war sehr dunkel, aber sie wußte, wer es war. »Nira?« flüsterte

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