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Die Ameisen

Die Ameisen

Titel: Die Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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wenn die Ameisen recht lange ohne Nahrung, ohne Wasser, ohne Luft und Wärme überleben können, wird sie der Mangel dieser lebenswichtigen Elemente schließlich in einen tödlichen Schlaf sinken lassen.
    Antennenkontakt.
    Was tun wir jetzt?
    Die Gruppe der dreißig Kriegerinnen, die ich für unser Vorhaben gewonnen habe, erwartet uns in einem Saal im fünfzigsten Untergeschoß.
    Gehen wir.
    Sie nehmen ihre Grabungsarbeiten wieder auf, orientieren sich mit ihrem Johnston-Organ, das die irdischen Magnetfelder registriert. Sie sind fest davon überzeugt, zwischen den Getreidespeichern des 18. UG und den Pilzkulturen des 20. UG
    zu sein. Doch je tiefer sie gelangen, um so kälter wird es.
    Wenn die Nacht hereinbricht, dringt der Frost tief in den Boden. Ihre Bewegungen werden langsamer. Schließlich erstarren sie in ihrer grabenden Haltung und schlafen in Erwartung der Erwärmung ein.
     
    »Jonathan, Jonathan, ich bin’s, Lucie!«
    Je tiefer sie in dieses Reich der Finsternis hinabsteigt, um so mehr überkommt sie die Angst. Dieser endlose Abstieg über die Stufen dieser gewundenen Treppe hatte sie schließlich in einen seltsamen Zustand versetzt, in dem es ihr vorkam, als dränge sie tiefer und tiefer in ihr eigenes Inneres ein. Sie verspürte jetzt einen dumpfen Schmerz im Bauch, nachdem ihr zunächst eine völlig trockene Kehle, später ein beängstigender Druck am Solarplexus, gefolgt von heftigen Magenstichen zugesetzt hatten.
    Ihre Knie, ihre Füße bewegten sich mechanisch weiter.
    Würden sie auch bald kaputt sein, würde sie dort auch Schmerzen haben, würde sie aufhören, hier runterzugehen?
    Bilder aus ihrer Kindheit tauchten wieder auf. Ihre autoritäre Mutter, die in einem fort Schuldgefühle in ihr geweckt hatte, die sie tausendfach zugunsten ihrer niedlichen Brüder benachteiligt hatte … Und ihr Vater, ein erloschener Typ, der vor seiner Frau zitterte, der jeder Diskussion aus dem Weg ging und zu jedem Wunsch der Königin Mutter ja und amen sagte. Ihr Vater, der Feigling …
    Diese unangenehmen Erinnerungen wichen dem Gefühl, Jonathan gegenüber ungerecht gewesen zu sein. Tatsächlich hatte sie ihm alles vorgeworfen, was sie an ihren Vater erinnerte. Und gerade weil sie ihn ständig mit Vorwürfen überhäufte, schüchterte sie ihn ein, brach sie ihm das Rückgrat, so daß er nach und nach ihrem Vater ähnlich wurde. So hatte der Teufelskreis begonnen. Sie hatte, ohne es zu merken, wieder erschaffen, was sie am meisten haßte: das Paar ihrer Eltern.
    Sie mußte aus diesem Kreis ausbrechen. Sie machte sich Vorwürfe wegen all der Rüffel, die sie ihrem Mann erteilt hatte. Sie mußte alles wiedergutmachen.
    Sie kreiste weiter nach unten. Die Erkenntnis ihrer eigenen Schuld hatte ihren Körper von seiner Angst und den beklemmenden Schmerzen befreit. Sie kreiste weiter, stieg weiter hinab, bis sie plötzlich fast gegen eine Tür geprallt wäre.
    Eine schlichte Tür, teilweise mit Inschriften versehen, auf deren Lektüre sie verzichtete. Die Tür hatte eine Klinke, sie öffnete sich, ohne zu knarren.
    Dahinter führte die Treppe weiter hinab. Der einzige nennenswerte Unterschied waren die eisenhaltigen Gesteins-adern, die an dem Felsen erschienen. Durch den Kontakt mit durchsickerndem Wasser, das vermutlich von einem unterirdischen Bach herrührte, hatte das Eisen einen braunroten Farbton angenommen.
    Dennoch hatte sie das Gefühl, eine neue Etappe in Angriff genommen zu haben. Und plötzlich sah sie im Licht ihrer Stablampe Blutflecken vor ihren Füßen. Die mußten von Ouarzazate stammen. Bis hierhin war der tapfere kleine Pudel also gelaufen … Überall waren Spritzer, aber es war schwierig, die Blutspuren an den Wänden von den rostfarbenen Eisenadern zu unterscheiden.
    Plötzlich vernahm sie ein Geräusch. Eine Art Prasseln. Es hörte sich an, als kämen lebende Wesen auf sie zu. Die Schritte waren nervös, als seien diese Wesen schüchtern, als wagten sie nicht näher zu kommen. Sie blieb stehen, um mit ihrer Stablampe die Dunkelheit zu erforschen. Als sie sah, woher das Geräusch rührte, stieß sie einen unmenschlichen Schrei aus.
    Aber da, wo sie war, konnte ihn niemand hören.
      Der Tag graut für sämtliche Kreaturen der Erde. Sie setzen ihren Abstieg fort. 36. UG. Nr. 103 683 kennt die Gegend recht gut, sie denkt, daß sie sich gefahrlos hinauswagen können. Bis hierher können ihnen die Kriegerinnen mit dem Felsengeruch nicht gefolgt sein.
    Sie geraten in einige völlig ausgestorbene,

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