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Die Ameisen

Die Ameisen

Titel: Die Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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niedrige Gänge.
    An einigen Stellen rechts und links sind Löcher zu sehen, alte Getreidespeicher, die seit mindestens zehn Wintern nicht mehr benutzt worden sind. Der Boden ist klebrig. Irgendwie muß hier Feuchtigkeit eindringen. Das ist auch der Grund, warum sich diese als ungesund angesehene Zone in eines der verrufensten Viertel von Bel-o-kan verwandelt hat.
    Es stinkt.
    Das Männchen und das Weibchen sind nicht besonders beruhigt. Sie spüren die Gegenwart feindlicher Wesen.
    Antennen, die sie belauern. Die Gegend muß mit schmarotzenden und obdachlosen Insekten gespickt sein.
    Sie schreiten mit weit geöffneten Mandibeln durch die unheimlichen Säle und Tunnel. Ein schrilles Quietschen läßt sie zusammenzucken. Ritsch, ritsch, ritsch … Kein Ton unterscheidet sich von dem andern. Sie vereinen sich zu einem hypnotischen Singsang, der durch die schlammigen Höhlen hallt.
    Der Soldatin zufolge handelt es sich um Grillen. Das sei ihr Liebesgesang. Die beiden anderen sind nur halb beruhigt. Es ist schier unglaublich, daß es den Grillen gelingt, die Truppen der Föderation inmitten der Stadt herauszufordern!
    Nr. 103 683 ist nicht überrascht. Hieß nicht ein Satz der letzten Königin: Besser die starken Punkte befestigen, als alles kontrollieren zu wollen. Das ist das Ergebnis …
    Andere Geräusche. Als ob jemand sehr schnell gräbt. Haben die Kriegerinnen mit dem Felsenduft sie wiedergefunden? Nein
    … Zwei Hände tauchen vor ihnen auf. Ihre Kanten bilden eine Art Rechen … Die Hände packen die Erde und werfen sie nach hinten. Auf diese Art treiben sie einen riesigen schwarzen Körper an.
    Wenn das bloß kein Maulwurf ist!
    Sie erstarren alle drei, ihre Mandibeln sind weit aufgerissen.
    Es ist ein Maulwurf.
    Sandwirbel. Eine Kugel aus schwarzen Haaren und weißen Krallen. Das Tier scheint zwischen den Sedimentsschichten zu schwimmen wie ein Frosch in einem Teich. Sie werden geohrfeigt, umgerührt, unter Lehmklumpen verschüttet. Aber sie kommen unversehrt davon. Die Wühlmaschine ist fort. Der Maulwurf hat nur Würmer gesucht. Es ist ihm eine große Freude, in ihre Nervenknoten zu beißen, um sie zu lahmen und sie dann lebend in seinem Bau zu lagern.
    Die drei Ameisen machen sich wieder auf den Weg, nachdem sie sich einmal mehr methodisch gereinigt und gewaschen haben.
     
    Sie sind in einen sehr schmalen und sehr hohen Durchgang eingedrungen. Ihre Führerin, die Soldatin, stößt einen Warnduft aus und deutet zur Decke. Jene ist in der Tat mit rot-schwarz gefleckten Wanzen übersät.
    Das Muster auf dem Rücken dieser drei Kopf (neun Millimeter) langen Insekten scheint einen erbosten Blick darzustellen. Im allgemeinen ernähren sie sich von dem feuchten Fleisch toter, manchmal auch recht lebendiger Insekten.
    Unversehens läßt sich eine Wanze auf das Trio fallen. Noch bevor sie den Boden erreicht, klemmt Nr. 103 683 den Hinterleib unter ihren Thorax und feuert einen Strahl Ameisensäure ab. Als die Wanze landet, hat sie sich in heißen Brei verwandelt.
    Sie fressen sie hastig auf, dann machen sie sich davon, bevor noch eines dieser Ungetüme herunterkommt. INTELLIGENZ: Mit den eigentlichen Experimenten habe ich im Januar 58
    begonnen. Erstes Thema: die Intelligenz. Sind Ameisen intelligent?
    Um es zu erfahren, habe ich einer roten Ameise (formica rufa) mittlerer Größe und geschlechtslosen Typs folgendes Problem gestellt: Ich habe ein Stück harten Honig in ein Loch gesteckt. Dieses Loch habe ich jedoch mit einem schmalen, nicht besonders schweren, aber recht langen Zweig verstopft. Normalerweise vergrößert die Ameise ein Loch, um hineinzugelangen, aber in diesem Fall war das Gestell aus hartem Kunststoff, den sie nicht durchbohren kann.
    Erster Tag: Die Ameise zerrt an dem Zweig, sie hebt ihn ein wenig an, dann läßt sie ihn los, hebt ihn wieder an.
    Zweiter Tag: Die Ameise macht immer noch dasselbe. Und sie versucht, den Zweig an seinem Ende anzuschneiden. Kein Resultat.
    Dritter Tag: Idem. Es sieht so aus, als hätte sich die Ameise auf eine falsche Überlegung versteift, die sie weiter verfolgt, weil sie sich keine andere vorstellen kann. Was ein Beweis für ihre Nichtintelligenz wäre …
    Vierter Tag: Idem.
    Fünfter Tag: Idem.
    Sechster Tag: Als ich morgens wach wurde, war der Zweig nicht mehr in dem Loch. Das muß in der Nacht geschehen sein.
    Edmond Wells Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens
     
    Die folgenden Gänge sind halb verstopft. Die kalte und trockene Erde oben, die von

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