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Die Ameisen

Die Ameisen

Titel: Die Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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mehr Spioninnen. Nichts mehr.
    Ein Feind, der angreift, das ist beunruhigend, aber ein Feind, der verschwindet, das ist noch viel verwirrender. Da es nicht mehr das geringste Geplänkel mit den Termitenkundschafterinnen gab, hätten die Ameisen des Postens Guayei-Tyolot beschlossen, ihrerseits Spioninnen auszuschicken.
    Ein erster Schwarm von Kundschafterinnen sei aufgebrochen. Man habe nie mehr etwas von ihm gehört.
    Darauf sei eine zweite Gruppe ausgerückt und auf die gleiche Weise verschwunden. Man habe an die Eidechse oder einen besonders gefräßigen Igel gedacht. Andererseits, bei einem Angriff eines Raubtiers gebe es stets eine Überlebende, wenn sie auch verletzt ist. Aber das hier, das war, als hätten sich die Soldatinnen wie von Zauberhand in Luft aufgelöst.
    Das erinnert mich an etwas …, setzt Nr. 103 683 an.
    Aber die Alte hat nicht vor, sich in ihrem Bericht unterbrechen zu lassen. Sie fährt fort:
    Nach dem Fehlschlag der beiden ersten Expeditionen hätten die Kriegerinnen von Guayei-Tyolot beschlossen, alles auf eine Karte zu setzen. Sie hätten eine Mini-Legion von fünfhundert schwer bewaffneten Soldatinnen losgeschickt. Diesmal habe es eine Überlebende gegeben. Sie habe sich über mehrere tausend Kopf geschleppt und sei unter grauenvollen Qualen bei ihrem Eintreffen im Nest gestorben.
    Man habe den Kadaver untersucht, der nicht die geringste Verletzung aufwies. Und ihre Antennen hätten keinerlei Kampfspuren aufgezeigt. Als ob sich der Tod aus heiterem Himmel über sie hergemacht habe.
    Verstehst du jetzt, warum niemand mit dir über den
    Termitenhügel des Ostens reden will?
    Nr. 103 683 versteht. Sie ist vor allem froh, daß sie die richtige Spur gefunden hat. Wenn das Rätsel der Geheimwaffe gelöst werden kann, dann sicher über den Termitenhügel des Ostens.
     
    HOLOGRAPHIE: Was das menschliche Gehirn und der Ameisenhaufen gemeinsam haben, kann am besten mit einem holographischen Bild verglichen werden.
    Was ist Holographie? Ein Übereinanderlegen von Streifen, in die etwas eingraviert wurde und die, wenn sie vereinigt und in einem bestimmten Winkel angestrahlt werden, den Eindruck eines plastischen Bildes hervorrufen.
    Tatsächlich existiert jenes überall und nirgends zugleich.
    Aus der Vereinigung der Streifen entsteht etwas anderes, eine dritte Dimension: die Illusion einer Tiefenwirkung.
    Jedes Neuron unseres Gehirns, jedes Individuum des Ameisenhaufens besitzt die gesamte Information. Aber die Kollektivität ist erforderlich, damit das Bewußtsein hervorkommt, das »plastische Denken«.
    Edmond Wells Enzyklopädie des relativen und absoluten Denkens
     
    Als Nr. 56, seit kurzem Königin, das Bewußtsein wiedererlangt, liegt sie auf einem breiten Strand von Kieselsteinen. Wahrscheinlich ist sie den Fröschen nur dank einer schnellen Strömung entkommen. Sie würde gern weiterfliegen, aber ihre Flügel sind noch naß. Also warten …
    Sie reinigt systematisch ihre Antennen, dann saugt sie die Luft ein. Wo ist sie? Hoffentlich ist sie nicht auf der falschen Seite des Flusses gestrandet!
    Sie bewegt ihre Antennen mit 8000 Schwingungen/Sekunde.
    Sie nimmt Spuren bekannter Gerüche wahr. Glück gehabt, sie ist am Westufer des Flusses. Allerdings gibt es hier nicht die geringste Pheromonenpiste. Sie muß ein wenig näher an die Hauptstadt heran, wenn sie ihre zukünftige Stadt an die Föderation anbinden will.
    Endlich kann sie abheben. Richtung Westen. Sehr weit wird sie vorerst nicht kommen. Die Muskeln ihrer Flügel sind erschöpft, und so bleibt sie im Tiefflug.
    Sie kehren in den Hauptsaal von Guayei-Tyolot zurück. Seit sich Nr. 103 683 nach den Termiten des Ostens erkundigt hat, meidet man sie, als wäre sie alternaria -infiziert. Sie murrt nicht, konzentriert sich ganz auf ihre Mission.
    Ringsum tauschen die Belokanerinnen mit den Guayeityolotinnen Nahrung aus, lassen sie die neueste Ernte von Lamellenpilzen probieren, kosten ihrerseits den aus wilden Raupen gewonnenen Honigtau.
    Dann, nach den verschiedensten Düften, verlagert sich das Gespräch auf die Eidechsenjagd. Die Einheimischen erzählen, daß man kürzlich drei Eidechsen gesichtet habe, die die Blattlausherden von Zubizubi-kan terrorisiert hatten. Sie sollen zwei Herden von tausend Tieren und sämtliche Hirtinnen getötet haben …
    Eine Zeitlang habe Panik geherrscht. Die Hirtinnen hätten ihr Vieh nur noch durch die gesicherten, in das Fleisch der Zweige gegrabenen Gänge getrieben. Doch dank der Säure-Artillerie

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