Die amerikanische Nacht
mich, langsam und ohne Licht zur Villa zu kommen. Ich hatte das Gefühl, dass er niemanden im Haus aufwecken wollte. Als ich ankam, wartete er auf der Treppe.
SM : War er allein?
Anrufer: Ja. Er stieg ins Auto. Auf den Rücksitz.
SM : Wo haben Sie ihn hingebracht?
Anrufer: Zu einer Grundschule.
SM : Einer Grundschule.
Anrufer: Ja.
SM : Welcher?
Anrufer: Keine Einzelheiten.
SM : Okay. Ich höre.
Anrufer: Er bat mich, auf den Parkplatz zu fahren, den Motor abzustellen und zu warten. Ich sah, wie er über den Rasen zum Kinderspielplatz ging. Erst war er ganz ruhig. Dann ging er um die Schaukeln herum. Er setzte eine in Schwung, leer. Dann ging er zur Wippe und tippte sie an, so dass sie auf und ab wippte. Dann ging er in den Sandkasten und setzte sich.
SM : Er setzte sich in den Sandkasten.
Anrufer: Ich konnte nicht sehen, was er machte. Aber es war nicht richtig, verstehen Sie?
SM : Was hat er gemacht?
Anrufer: Erst befürchtete ich, dass er was Sexuelles macht. Aber es sah aus wie Buddeln.
SM :
Buddeln?
Anrufer: Danach sah es aus. Als er zum Auto zurückkam, hielt er etwas unter seinem Mantel versteckt.
SM : Was?
Anrufer: Das konnte ich nicht erkennen. Ich habe ihn bloß nach Hause gefahren.
SM : Hat er irgendwas gesagt?
Anrufer: Nein. Aber ein paar Wochen später rief er wieder an, mit der gleichen Bitte.
SM : Dass Sie ihn zu dieser Grundschule fahren?
Anrufer: Diesmal zu einer anderen. Diesmal ging er über den Sportplatz. Da stieg er auf die Tribüne und suchte nach etwas. Als er zurückkam, hatte er wieder etwas unter dem Mantel. Als ich ihn zur Villa zurückfuhr und er aus dem Auto kletterte, sah ich, was es war.
SM : Was war es?
Lange Pause.
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Anrufer: Die Sportuniform eines Kindes. Winziges gelbes T-Shirt. Blaue kurze Hose. Es machte mich ganz krank. Ich fragte, was er damit vorhabe. Er sah mich nur streng durch seine Brille an. Er stieg aus. Am nächsten Tag meldete sich die Mexikanerin bei mir. Man brauche mich nicht mehr. Aber ich weiß genau, dass sie jemand anderen eingestellt haben, um ihn nachts zu fahren. Einen jungen Typen. Er hat ihm viel Geld dafür bezahlt. Jahrelang.
SM : Wieso?
Anrufer: Er stellt irgendwas mit den Kindern an.
SM : Was denn?
Pause.
SM : Und wie? Tut er ihnen weh?
Keine Antwort.
SM : Wer weiß noch davon?
Keine Antwort. Ich verliere ihn.
SM : Können Sie mir noch was sagen? John?
Keine Reaktion.
SM : Sie brauchen keine Angst zu haben.
Tote Leitung.
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Amherst College
Ashley Cordova ’ 09 übt im Arms Music Center.
ERSTKLASSIG (Fortsetzung)
plant nach Dänemark zurückzukehren, sobald er sein Doppelstudium in Biochemie und Informatik abgeschlossen hat.
Ashley Cordova‚ ’ 09 ist eine weitere talentierte Studentin im ersten Jahr. Sie kommt aus Upstate New York. Ihr Vater ist der legendäre Filmemacher Stanislas – über den sie ungern spricht; »Die Privatspähre ist uns sehr wichtig«, erklärt sie –, doch auch sie selbst hat schon Unglaubliches geleistet.
Unter dem Künstlernamen
Ashley DeRouin
– der Nachname DeRouin geht auf die Familie ihrer französischen Mutter zurück – gewann sie mit elf Jahren den ersten Platz beim internationalen Tschaikowsky Wettbewerb in Moskau.
Sie spielte den Klavierpart seines Trios in A-Moll und setzte sich gegen sechs Jahre ältere Musiker des Julliard Konservatoriums durch.
Sie gab Konzerte auf der ganzen Welt, darunter auch eins in der Carnegie Hall. Mit vierzehn nahm sie ihr erstes und einziges Soloalbum auf,
Ashley DeRouin
spielt
Maurice Ravels Gaspard de la Nuit
oder
Der Teufel der Nacht
, eines der anspruchsvollsten und schwierigsten Werke überhaupt für Klavier solo. Die Kritik lobte ihr kreatives und einfühlsames Spiel.
Obwohl sie nicht mehr professionell spielt, genießt sie es dennoch, täglich Klavier zu spielen. »Es ist wunderbar, sich in der Musik zu verlieren. Da vergisst man für eine Weile seinen Namen.«
Gaspard
ist immer noch eines ihrer Lieblingsstücke, nicht nur wegen seines technischen Schwierigkeitsgrads – Figurationen, Kadenzen, wieselflinke chromatische Läufe –, sondern wegen Ravels literarischer Vorlage: drei Gedichte von Bertrand, die thematisch von einer Nixe, die einen Mann dazu bringt, mit ihr im Wasser zu leben, über einen Erhängten am Galgen bis zu einem
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