Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
einschlug und Thomas legte ihm ohne Zögern das Geld hin, welches Roger in seiner Jeans verschwinden ließ. Thomas nahm die Messer an sich, blieb jedoch stehen, fixierte Roger mit seinen stechenden, dunkelgrauen Augen nachdenklich.
„Du wärst auch ein guter Jäger“, bemerkte er plötzlich und betrachtete Roger abschätzend. Verblüfft schaute ihn dieser an, zuckte jedoch nur unbestimmt mit den Schultern. „Ich bin vor allem ein guter Schmied und das reicht mir eigentlich vollkommen“, meinte er vorsichtig, wunderte sich über Thomas' unerwartetes Verhalten. Der Jäger wirkte anders als sonst, menschlicher, nachdenklicher und seine Züge hatten tatsächlich einen weicheren Ausdruck bekommen.
„Wir können immer gute Jäger gebrauchen“, meinte Thomas mit Nachdruck und sein Blick ließ Roger nicht los. „Das glaube ich gerne“, antwortete Roger vorsichtig. „Aber ich schmiede lieber nur Waffen. Ich gedenke nicht, sie zum Töten einzusetzen.“
Kurz verdunkelte sich Thomas' Gesicht, doch er hatte sich sofort wieder im Griff.„Dämonen sind überall, Roger. Sie sind nicht nur Wesen aus Büchern oder Legenden. Es gibt sie wirklich. Sie sind das personifizierte Böse“, meinte er nachdrücklich. Sein Hass sprühte förmlich aus seinen Augen, ließ Roger unwillkürlich etwas vor ihm zurückweichen. „Sie töten Menschen, sie lauern ihnen auf, betrügen sie, leiten sie in die Irre. Sie ziehen sie unter Wasser, in die Erde, zerreißen ihre Opfer bei lebendigem Leib, zerfetzen Knochen und Muskeln, betrinken sich an ihrem Blut, berauschen sich an ihrem Fleisch und ihrer Furcht!“ Thomas' Augen fixierten Rogers, dessen Herz plötzlich viel schneller schlug. Der Eindruck von Gefahr verstärkte sich, sandte Roger einen kalten Schauer über den Rücken. „Sie lassen nichts übrig. Nur Blutlachen und Schmerz. Wir müssen sie vernichten, ausrotten, von der Erde tilgen. Sie sind unsere Feinde seit dem Anbeginn der Zeit“, zischte Thomas voller Hass und trat einen winzigen Schritt näher, wirkte dadurch noch bedrohlicher. Roger war beileibe kein ängstlicher Mann, dennoch spannte er sich an. Thomas wirkte kaum weniger bedrohlich als seine Worte.
„Sie leben unter uns, unerkannt und warten nur darauf, ihr nächstes Opfer zu erlegen. Und wir sind viel zu wenige, um sie aufzuhalten!“
Roger schluckte hart, aber da wich Thomas auch schon wieder zurück, wandte sich halb ab. Sein Blick glitt durch die Schmiede und für einen winzigen Augenblick bemerkte Roger einen überaus schmerzvollen Ausdruck auf seinen harten Zügen.
„Vielleicht denkst du anders darüber, wenn jemand getötet wird, der dir sehr nahe steht“, zischte der Dämonenjäger überaus leidenschaftlich und Roger hörte eine Bitterkeit in seiner Stimme, die er von Thomas nicht gewohnt war.
Dessen Gesicht wirkte abwesend, schien Gedanken zu verfolgen, die sich Roger entzogen. Der Schmied stutzte, vermeinte etwas wie ein winziges Glühen in Thomas' dunklen Augen erkennen zu können. Unsinn, das Licht der Esse erzeugte mitunter merkwürdige Reflexe, ließ Augen rot glühend wirken.
„Das mag alles sein, aber das ist dennoch nicht meine Bestimmung, Thomas“, antwortete Roger betont. Er zögerte, während ihn Thomas zornig musterte. „Hast du nicht genügend Jäger? Michael macht bestimmt einen guten Job? Und du hast doch noch Hartmut und die anderen, oder?“, fragte Roger nach, doch Thomas antwortete nicht, schien aus dem Fenster in die dunkle Nacht zu starren, womöglich Geräuschen zu lauschen, die nur er wahrnahm. „Es gibt genug, die dir folgen und bereit sind, mit dir gegen die Dämonen zu kämpfen“, ergänzte Roger vorsorglich, nicht ganz sicher, ob Thomas noch zuhörte. Der drehte sich plötzlich wortlos um und schien einfach gehen zu wollen, doch dann wandte er sich noch einmal zu Roger um. Sein Ausdruck war kühl und starr, wie immer, eine perfekte, undurchschaubare Maske.
„Dieser Finn ...“, begann er nachdenklich und Roger sah von seiner Werkbank auf, an die er getreten war. „Woher kennst du ihn eigentlich?“ Roger runzelte die Stirn und ein leichter Anflug von Ärger breitete sich in ihm aus. Thomas schien Finn zu misstrauen, ohne ihn zu kennen. „Ich habe ihn in dem Buchladen kennengelernt, wo er arbeitet. Er studiert Literaturwissenschaften, soweit ich weiß. Was interessiert er dich so?“, hakte Roger gleich nach.
Thomas sah ihn weiter forschend an, ohne auf seine Frage einzugehen. „Was weißt du sonst über ihn?“
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