Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
Wartete darauf, dass er sich ihr zuwandte, doch sie erhaschte nur einen kurzen Blick auf sein starres Gesicht, welches durch das flackernde Feuer und die Funken ungleichmäßig beleuchtet wurde, dabei viel älter und trauriger aussah, als es eigentlich war.
Seufzend wandte sie sich um und wanderte in die Nacht hinaus. Manchmal hasste sie ihr zweites Gesicht.
Der Tag begann feucht und trostlos. Der Regen trommelte gleichmäßig auf das Dach der kleinen Schmiede, fiel in dichten Tropfen aus dem grauen Himmel und machte unmissverständlich jedem klar, dass der Sommer zu Ende war. Roger hörte einen Wagen über den unbefestigten Weg holpern, noch bevor er ihn sah und trat an die offene Tür, um zu sehen, wer da kam. Der schwarze Geländewagen mit den getönten Scheiben hielt direkt vor dem Haus. Roger verschränkte die Arme vor dem Körper und runzelte missmutig die Stirn, als er beim Aussteigen Thomas' Gestalt erkannte. Wie immer war der hagere Mann in Schwarz gekleidet, trug heute zu seiner engen schwarzen Lederhose einen langen schwarzen Ledermantel, mit dem er direkt aus der Matrix-Trilogie entsprungen sein konnte. Er nickte dem Schmied kurz zu, der ihm widerwillig Platz machte, trat an ihm vorbei in die Schmiede und sah sich routiniert sichernd um. Roger musterte ihn wortlos. Wassertropfen perlten von dem schwarzen Leder ab und Thomas' Haare waren in einem strengen Zopf nach hinten gebunden. Seine harten Züge verliehen ihm ein gefährliches Aussehen.
„Hast du die Messer fertigbekommen?“ Wie immer vergeudete er keine unnötige Zeit mit netten Worten. Seine Stimme klang recht neutral, nur entfernt schwang der gewohnt befehlende Ton darin mit, den Roger von ihm kannte. Der nickte und konnte sich ein geknurrtes: „Dir auch einen schönen guten Morgen!“ nicht verkneifen. Thomas hingegen blickte nicht einmal auf, sondern trat an den Tisch heran, wo die drei Messer lagen, hob eins auf und untersuchte es gründlich.
Roger beobachtete ihn weiterhin von der Tür aus. Im Grunde sah Thomas nicht mal schlecht aus. Er war groß und breitschultrig gebaut, hatte lange Arme und Beine. Sein Gesicht war durchaus attraktiv, mit hohen Wangenknochen und einer schmalen Nase. Wären die Züge nicht so hart gewesen, würde er durchaus anziehend wirken. Seine dunkelgrauen Augen allerdings hatten stets einen lauernden, sogar grausamen Ausdruck, der wohl jeden verschrecken würde.
Außer Max vielleicht, der auf andere Dinge achtete, dachte Roger belustigt.
Die kräftigen, vernarbten Hände des Schwarzen Jägers glitten prüfend über das Metall, schienen jede Unebenheit zu erfühlen. Er bewegte das Messer durch die Luft, wirbelte es in einer blitzschnellen Bewegung hoch und fing es am Griff wieder auf. Roger sog verblüfft die Luft ein und stieß sich von der Tür ab. Thomas nickte zufrieden und nahm das nächste auf, um es ebenso zu prüfen. Als er das dritte Messer aufhob, keuchte er überrascht auf und ließ es aus der Hand gleiten. Ein seltsam verzerrter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht, doch er beherrschte sich sofort wieder.
„Dies ist ein überaus starkes Bannmesser geworden“, erklärte er an Roger gewandt und es klang beinahe ehrfürchtig, wie dieser erstaunt feststellte. „Angelika hat heute Morgen noch die Bannsprüche und Beschwörungen dafür gemacht“, erklärte der Schmied ein wenig versöhnter. Thomas warf ihm einen prüfenden Blick zu und nickte anerkennend. „Solch starkes Bannmesser kann nicht jeder Schmied fertigen, Roger. Ich habe schon viele in der Hand gehabt, doch noch kein so gutes“, gab er völlig unerwartet zu. „Ihr beide habt gute Arbeit geleistet.“
Sein Blick war tatsächlich respektvoll geworden und er lächelte sogar. Roger stutzte und blickte ihn misstrauisch an. „Du hast viel Talent“, setzte Thomas noch einen drauf. Ungewollt fühlte sich Roger geschmeichelt, verließ endgültig seinen Platz an der Tür und trat zu dem anderen Mann heran.
„Das Metall ist mehrfach gefaltet und jede Lage wurde mit Eisenkraut gehärtet“, erklärte er zögernd und Thomas hörte interessiert zu. „Die sind so ausbalanciert, dass sie sich gut werfen lassen.“ Der Jäger nickte und strich beinahe ehrfürchtig über die Griffe. „Was bekommst du dafür?“, fragte er. Roger lächelte, das war wiederum die angenehme Seite an Thomas. Er feilschte nie um Preise, er zahlte immer sofort jede Summe. Roger nannte ihm den Preis, während er die Messer in Tücher
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