Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
Fünfzig Dollar! Wo, zum Teufel, hat Terry fünfzig Dollar her?
Shannon musste sich dasselbe gefragt haben, denn seine Brauen schossen fragend in die Höhe, ehe er die Banknote in seiner Schürzentasche verschwinden ließ.
Quentin wandte sich an seine Brüder, die geblieben waren, um ihm zu helfen, Terry heimzubringen. „Ich empfehle, wir bringen unsere fast schlafende Schönheit hier nach draußen.“
Terry konnte kaum gehen. Quentin schaffte ihn mit Hilfe seiner Brüder zu seinem Bronco und reichte Percy Terrys Autoschlüssel. „Wir treffen uns dort.“
„Klar, Quent.“ Sein jüngster Bruder sah ihn mit seinen lebhaften blauen Augen ernst an. „Das war ein Fünfziger, den Terry Shannon gegeben hat.“
Quentin runzelte die Stirn. „Ich habs bemerkt.“
„Das ist eine Menge Geld, um es so rauszuwerfen.“
„Kann man wohl sagen.“ Besonders bei einem Cop, der eine Familie unterstützen und zwei Haushalte führen musste. Es sei denn, dieser Cop war käuflich. Das war Terry nicht. Darauf hätte Quentin sein Leben verwettet. „Vergiss es, Percy.“ Er sah, welche Fragen seinem Bruder durch den Kopf gingen. „Ich bin erledigt. Lass uns die Sache hinter uns bringen.“
Das beharrliche Klingeln des Telefons riss Quentin aus tiefem Schlaf. Leise schimpfend nahm er den Hörer ab. „Malone hier.“
„Nimm dein Bett und wandle“, sagte der Einsatzleiter. „Zeit, zur Arbeit zu gehen.“
Quentin fluchte leise. Ein Anruf vom Revier um diese Zeit konnte nur eines bedeuten. „Wo?“ fragte er mit schlaftrunkener Stimme.
„In der Gasse hinter Shannons Taverne.“
Das machte ihn hellwach. Er richtete sich auf. „Sagtest du, hinter Shannons Taverne?“
„Sagte ich. Weiblich. Weiß. Tot.“
Scheiße . „Du musst nicht so verdammt fröhlich dabei klingen. Bist du ein Ungeheuer?“
„Was soll ich sagen? Ich liebe meine Arbeit.“
Er sah auf seine Uhr und schätzte ab, wann er am Tatort sein konnte. „Hast du Landry schon angerufen?“
„Kommt als Nächstes.“
„Ich mache das.“
„Viel Glück.“
Kann ich gebrauchen. Quentin legte auf und wählte die Nummer seines Partners.
4. KAPITEL
Freitag, 12. Januar,
5 Uhr 45 morgens.
Der Tatort ähnelte Dutzenden anderer, an denen Quentin über die Jahre gearbeitet hatte. Die Jahreszeit änderte sich, die Anzahl der Toten und die Menge des Blutes. Die Aura der Tragödie änderte sich nicht, ebenso wenig der Geruch. Die perverse Zerstörung eines Lebens schrie so laut, dass weder Geplauder noch geschmacklose Witzeleien es übertönen konnten.
Diese Bluttat war nur ungewöhnlich, weil sie so nah an einem vertrauten Lokal geschehen war. Ein Mord war nicht die Art Publicity, die ein Barbesitzer brauchte. Was Morde anging, war es eine ruhige Nacht in New Orleans gewesen. Deshalb würde diese Tote auf der Titelseite erscheinen. Pech für Shannon.
Quentin schwang sich aus seinem Bronco. Das Pflaster war nass, die Luft feucht, und die Kälte zog ihm in die Knochen. Er blickte zum dunklen, sternenlosen Himmel und kroch tiefer in sein Jackett. Viele Stadtbewohner beklagten die Augusthitze in New Orleans. Aber aus seiner Sicht war Höllenfeuer immer noch besser als Grabeskälte. Was vielleicht daran lag, dass er zu viel Zeit mit Toten verbracht hatte.
Er zeigte dem Uniformierten an der Absperrung seinen Ausweis und duckte sich unter dem gelben Band hindurch, um zu der Leiche zu gelangen.
„Verdammt kalte Nacht, um zu sterben“, sagte der Mann und kuschelte sich fröstelnd in seinen Mantel.
Quentin antwortete nicht, sondern ging zum nächsten Beamten, einem Neuling, der viel mit seinem Bruder Percy zusammen war. „He, Mitch.“
„Detective.“ Er trat von einem Bein auf das andere. „Mann, ist das kalt.“
„Wie ‘ne Hexentitte.“ Quentin ließ den Blick schweifen. „Bin wohl der Erste.“
„Ja, stets zur Stelle.“
„Habt ihr was angefasst?“
„Nein. Habe den Puls gefühlt, den Führerschein geprüft und Bericht erstattet.“
„Gut. Was haben wir?“
„Weiblich. Weiß. Laut ihrem Führerschein hieß sie Nancy Kent. Sieht aus, als hätte er sie zuerst vergewaltigt.“
Quentin sah den Neuling an. „Ist der Leichenbeschauer unterwegs?“
Mitch nickte.
„Wer hat sie gefunden?“
„Der Müllmann.“ Mitch deutete mit dem Daumen in Richtung der Müllcontainer, hinter deren Schmalseite zwei Beine hervorlugten. Der Rest des Körpers war verdeckt. Gegen den dunklen Asphalt wirkten die Beine weiß wie Fischbäuche. Ein Fuß war nackt,
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