Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
Tulane angenommen?“
Er lachte kopfschüttelnd. „Ich kann es immer noch nicht glauben. Quentin Malone, zukünftiger Staatsanwalt im grauen Flanell.“ Ernster fügte er hinzu: „Wenn ich es schaffe.“
„Du schaffst es.“ Sie blieb stehen und wandte sich ihm zu. „Ich glaube an dich.“
„Ja?“ Lächelnd hielt er ihr Gesicht mit beiden Händen.
„Ja.“
Er küsste sie innig.
Sie erwiderte den Kuss.
„Schön, Sie hier draußen zu sehen.“
Alphonse Badeaux und Mr. Bingle standen hinter ihnen. Herr und Hund grinsten von Ohr zu Ohr. Anna wurden die Wangen warm. „Alphonse, ich wusste nicht, dass Sie hier sind.“
Quentin gab ihm die Hand. „Schön, Sie zu sehen, Alphonse. Wie geht es Ihnen und Mr. Bingle?“
„Kann mich nicht beklagen. Nicht an einem so schönen Tag.“
Anna beugte sich vor und kraulte der Bulldogge die Ohren. „Kommen Sie bald mal auf einen Eistee zu mir hoch, Alphonse. Ich habe auch Kekse für Mr. Bingle. Seine Lieblingskekse.“
„Das ist sehr nett von Ihnen, Miss Anna. Das mache ich gern. Übrigens, heute ist ein Päckchen für Sie gekommen. So gegen elf. Ich dachte, das würden Sie gern wissen.“
Sie blickte mit dem beklommenen Gefühl des Déja vu zum Haus. „Hat der Lieferant es über das Tor geworfen?“
„Nein, er hat es hochgebracht. Das Tor war wieder offen.“ Besorgt fügte er hinzu: „Sie sollten vielleicht mit den Kindern aus der vierten darüber sprechen. Nicht dass es mich etwas angeht natürlich.“
Anna dankte ihm, verabschiedete sich und ging mit Quentin hinein. Sie stiegen die Treppe hinauf. Das Päckchen lag auf ihrer Fußmatte.
In braunes Papier eingewickelt, hatte es etwa die Größe einer Videokassette.
Und wenn es nun doch nicht vorbei ist?
Quentin sah sie besorgt an. „Alles okay?“
„Ja, absolut.“ Sie nahm das Päckchen auf. Es sah aus, als wäre ein Lieferwagen darüber gefahren. Das Papier war schmutzig und zerrissen. Als sie sah, dass es von Ben stammte, blickte sie Quentin ängstlich an. „Das kann nicht sein.“
Er las den Absender und erwiderte: „Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.“
Sie öffnete das Päckchen und nahm zwei Tagebücher heraus. Das eine, das sie vor Wochen auf Bens Schreibtisch gesehen hatte, und ein zweites, nur teilweise gefülltes.
Er hatte eine Mitteilung dazugelegt, und Anna las laut:
„Liebste Anna,
wenn du das hier liest, habe ich Erfolg gehabt, in meinem Bemühen, Adam aufzuhalten, und bin wahrscheinlich tot.
Lies und verstehe.
Dein Ben.“
In die Sofaecke gehockt, begann sie zu lesen und fand eine Geschichte von Missbrauch, Wut und Verzweiflung dokumentiert. Ein Zeugnis menschlicher Niedertracht, aber auch des Willens zum Überleben. Das zweite Buch erzählte die Geschichte eines Mannes, der sich bemüht, sich selbst und seine Vergangenheit zu begreifen.
Beide Geschichten bestachen durch eine individuelle Erzählweise, durch Zeichnungen und wiedergegebene Unterhaltungen der drei Persönlichkeiten. Wobei Handschrift und Ausdrucksweise jeweils drastisch variierten, ein greifbarer Beweis für Adams Wut, Minnies Angst und Bens Verzweiflung.
Anna erfuhr, dass Timmy, unfähig, die Misshandlungen zu ertragen, aufgehört hatte zu existieren und sich tief in sich selbst schlafen gelegt hatte. Dann war als Erstes Adam aufgetaucht, danach Ben und Minnie. Die drei hatten Timmys Leben und Bewusstsein übernommen. Jeder für eine spezifische Rolle mit seinen eigenen Stärken und Schwächen, eigener Vergangenheit und eigenen Erinnerungen.
Anna las, wie sich Minnie durch ihre Zuneigung zu Jaye gezwungen sah, über die Tagebücher Kontakt zu Ben aufzunehmen. Konfrontiert mit Beweisen, hatte Ben erkennen müssen, dass er eine multiple Persönlichkeit war. Sofort hatte er sich bemüht, Adam unter Kontrolle zu bringen, um sich zu heilen und alle drei zu einem Ganzen zu vereinen.
Es war zu spät gewesen. Sie hatten nicht genügend Zeit gehabt.
Quentin hielt Anna in den Armen, während sie sich ausweinte. „Ich werde sie nie vergessen“, flüsterte sie. „Weder Timmy noch Minnie noch Ben. Ich werde nie vergessen, was sie für mich getan haben.“
„Ich weiß, Liebes.“ Er drückte sie an sich. „Es tut mir so Leid.“
Sie hob ihr tränenüberströmtes Gesicht. „Kinder sind ein Geschenk, Quentin. Sie sollten behütet und beschützt werden.“ Sie verstummte einen Moment, um Fassung bemüht. „Ich werde versuchen, durch meine Bücher … vielleicht kann ich etwas bewirken. Ich muss
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