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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Krueger
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zur Kenntnis geben müssen. Manches können die Aufseher nicht kontrollieren, selbst wenn sie wollten. Der Gesetzgeber schreibt eine allgemeine Krankenversicherungspflicht vor. Aber er führt nicht aus, was das bedeutet und welche Leistungen eine Police mindestens vorsehen muss. Die BaFin könnte keinen der berüchtigten Billigtarife monieren oder gar aus dem Verkehr ziehen mit der Begründung, dass er den Mindestanforderungen nicht genügt – weil es die schlicht nicht gibt.
Als die Assekuranz noch ein Kartell war
    Früher hatte die Versicherungsaufsicht weitreichendere Aufgaben. Der deutsche Staat des frühen zwanzigsten Jahrhunderts ging davon aus, dass er gegenüber den Bürgern im Bereich der Versicherung eine besondere Fürsorgepflicht hat. Denn die Assekuranz hat für das Funktionieren von Gemeinwesen und Wirtschaft eine wichtige Funktion. Gleichzeitig ist der Verbraucher aber auch einem möglichen Missbrauch der Macht der Unternehmen ausgeliefert. Bevor Versicherer früher einen neuen Tarif auf den Markt bringen konnten, mussten sie ihn von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigen lassen. Preise und Bedingungen standen unter Kontrolle.
    In Deutschland wurde 1902 das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung eingerichtet. Im Jahr 1910 trat das Gesetz über den Versicherungsvertrag in Kraft, das 1908 erlassen worden war. Seine Grundzüge überdauerten das ganze Jahrhundert – einer der Gründe, weshalb die Branche in vielem so antiquierterscheint und eine so altertümliche wie bürokratische Sprache pflegt. Ab 1918 hieß die Behörde »Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung«. Nach dem Zusammenbruch der Frankfurter Allgemeine Versicherungsaktiengesellschaft 1929 wurden die Aufsichtsregeln verschärft. Nach 1933 diktieren die Nationalsozialisten vielfach das Geschäft der Versicherer, die dafür allerdings ihre Prämieneinnahmen ausbauen konnten.
    In der Nachkriegszeit begann in Westdeutschland schon vor der Währungsreform von 1948 der Wiederaufbau der Versicherungsaufsicht. Die Lebensversicherer, die zunächst vom Aufstieg der Nazis und von den Überfällen auf andere Länder profitiert hatten, litten nun stark unter den Kriegsfolgen. Ihr Vermögen war in großen Teilen aufgezehrt, zerstört oder lag im Osten und war damit verloren. Den Sachversicherern ging es ähnlich. Die Aufseher betätigten sich als Aufbauhelfer. »Die Aufsichtsbehörden leisteten in der Situation vor allem einen stabilisierenden Beitrag, unter anderem auch, indem sie Sonderbeauftragte in diejenigen Versicherungsunternehmen entsandten, die durch die Verlagerung ihres Sitzes und den Verlust ihrer Mitarbeiter nicht mehr ordnungsgemäß funktionierten«, schildert die BaFin die Funktion der Aufseher in der Nachkriegszeit. 58 Nach der Währungsreform wurden die Forderungen der Kunden an die Versicherer im Verhältnis eins zu zehn abgewertet. Wer mit einer Lebensversicherung privat fürs Alter vorgesorgt hatte, verlor also neun Zehntel seines Vermögens. Dass nicht auch das letzte Zehntel verloren ging, war nur erheblicher Zuschüsse zu verdanken. »Die Militärregierungen gewährten den Versicherern darum per Gesetz Ausgleichsforderungen gegen die Länder – insgesamt in Höhe von 3,1 Mrd. DM. Ohne diese Forderungen wäre der Ruin nahezu aller Versicherer besiegelt gewesen«, beschreibt die BaFin die damalige Lage. 59
    1952 nahm das für Westdeutschland zuständige Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen (BAV) in Berlin seine Tätigkeit auf. 1973 verlor das Amt die Zuständigkeit für die Bausparkassen, die auf das Bundesaufsichtsamt für dasKreditwesen überging. Nach der Wiedervereinigung beschloss der Bundestag den Umzug der Behörde von Berlin nach Bonn. Im Jahr 2002 ging die BAV in die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über, dessen erster Chef Jochen Sanio die Branche durch zwei harte Krisen steuerte.
    Seit 1994 gibt es keine Vorabgenehmigung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der Tarife mehr. Davor glichen die Zustände in der Assekuranz einem Kartell. Über die Behörde sprachen die Anbieter Preise und Bedingungen ab. Das hat der Europäische Gerichtshof moniert und im Zuge der Dienstleistungsfreiheit im Binnenmarkt das Kartell kassiert. Gegen den Widerstand der deutschen Versicherer. Seit 1994 ist der Versicherungsmarkt »dereguliert«. Ausländische Anbieter können ihre Verträge in Deutschland anbieten, sie werden aber nicht von der BaFin beaufsichtigt.
    Eine

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