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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Krueger
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oder ein privater Krankenversicherer. Denn dann wird dem Unfallopfer ja bereits geholfen. Krankenversicherer übernehmen zum Beispiel die Behandlungskosten. Aber diejenigen, die für das Unfallopfer aufkommen, wollen das Geld von Verursachern wie Katja Becker zurückhaben. Immerhin: Die Debeka kommt der jungen Mutter entgegen. Sie wartet den Ausgang des Insolvenzverfahrens ab. Zurzeit scheint es so, als würde die Insolvenzmasse reichen, um allen finanziellen Verpflichtungen des Kfz-Versicherers nachzukommen.
    Die International Insurance Corporation (IIC) hat mit den Marken Ineas und Ladycar in Deutschland rund 57 000 Kfz-Haftpflicht- und Kaskoverträge verkauft. Mit der Pleite des Unternehmens 2010 ist hierzulande zum ersten Mal ein Autoversicherer zahlungsunfähig geworden. Dass ein Versicherer pleitegeht, kommt in Deutschland extrem selten vor. Im Jahr 2003 hatte die Finanzaufsicht BaFin einen Insolvenzantrag für den Schiffskaskoversicherer ANTRA Niederelbe-Trampfahrt gestellt, das Verfahren läuft immer noch. 2006 folgte der Insolvenzantrag für das Unternehmen Ancora, das Diskotheken und Spielhallen versichert hatte.
    Im Preiskrieg der Autoversicherer ist Ineas besonders aggressiv mit billigen Tarifen aufgetreten. Immer wieder hatte der Versicherer bei Rankings und Vergleichen hervorragend abgeschnitten. Gute Testergebnisse sind für Versicherer eine hervorragende Werbung, viele Verbraucher orientieren sich daran. Oft ist ihnen nicht bewusst, was genau die Prüfer testen. Im Fall des niederländischen Kfz-Versicherers war es das Preis-Leistungs-Verhältnis, nicht die Finanzstärke. Ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bedeutet eben nicht, dass auch die Finanzkraft des Unternehmens gut ist. Wenn einer gar nicht mehr leistet, ist das gute Preis-Leistungs-Verhältnis nichts wert. Bei Ineas waren die finanziellen Verhältnisse desolat. Der Verbraucher sollte annehmen dürfen, dass eigentlich über so etwas die Aufsicht wacht. Aber die BaFin war für den niederländischen Versicherer schlicht nicht zuständig. Viele Leute aus der Branche sind davon überzeugt, dass es unter deutschen Aufsichtsbedingungen nicht zu einer Insolvenz gekommen wäre oder dass der ins Schleudern geratene Versicherer von einem anderen Unternehmen übernommen worden wäre. Die Branche löst Problemfälle gerne so, denn es erspart ihr Imageschäden. Auch für Ineas gab es einen Interessenten. Die Itzehoher Versicherung hätte die Gesellschaft gerne übernommen, sie will wachsen. Aber nachdem ihr Interesse vorzeitig publik geworden war, nahm sie Abstand. Zu groß war die Furcht, dass das schlechte Ansehen abfärbt.
    Der Fall zeigt, wie überfällig europäische Aufsichtsregeln sind. Der Aufbau einer Versicherungsaufsicht innerhalb der Europäischen Union steht noch ganz am Anfang, obwohl Europapolitiker seit Jahren daran arbeiten. Das Projekt trägt den Namen Solvency II und ist formal gesehen eine EU-Richtlinie. Eine Menge Details, aber auch große Linien sind noch nicht geklärt, und es wird noch lange dauern, bis sich die Aufseher aus den verschiedenen Ländern geeinigt haben. Bei vielen Fragen geht es um das für den Alltag des Versicherungsbürokraten sicher wichtige, aber für Laien unendlich langweilige Klein-Klein. Doch was hier entschieden wird, hat erhebliche Auswirkungen auf Verbraucher. Unterliegt das Unternehmen aus Spanien oder Belgien, bei dem ein Kunde seine Versicherung kauft, der deutschen Aufsicht oder der seines Heimatlands? »Für Verbraucher ist das eine wichtige Frage«, sagt Lars Gatschke, Versicherungsexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Haben Kunden ein ernsthaftes Problem und der Versicherer sitzt in Lissabon, haben sie es ziemlich weit. Ihnen ist vielleicht auch nicht bewusst, welche Aufsichtsregeln in Portugal gelten, etwa ob die Finanzstärke regelmäßig geprüft wird. »Verbraucher müssen wenigstens darüber informiert werden, wenn der Versicherer nicht der deutschen Aufsicht unterliegt«, fordert Verbraucherschützer Gatschke. Wenn sie vielleicht auch nicht umgesetzt werden, gehört werden seine Forderungen auf jeden Fall. Denn Gatschke ist Mitglied des Beirats für Verbraucherschutz von EIOPA, der europäischen Agentur für Versicherungsaufsicht.
Die Aufsichtsagentur EIOPA
    Auf der Homepage der in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannten europäischen Agentur EIOPA steht eine Wegbeschreibung. »From Frankfurt’s central station (›Hauptbahnhof‹) it is only a 10 minute walk to

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