Die Angstmacher
von Fahrzeugbesitzern eine Insassenunfallversicherung. Sie wollen auf Nummer sicher gehen und nicht riskieren, dass anderen nach einem Unfall womöglich nicht geholfen wird. Mit der Angst, anderen etwas aufzubürden und für diesen Fall keine Vorsorge getroffen zu haben, setzen auch die Anbieter von Sterbegeldversicherungen Kunden unter Druck.
Renditegrab Sterbegeldversicherung
Nichts ist umsonst, auch am Tod klebt ein Preisschild. Oder besser: an der Beerdigung und an allem, was damit zusammenhängt. Mit Unbehagen denken gerade Ältere nicht nur an den eigenen Tod, sondern an die Kosten danach. Wer wird die Beerdigung zahlen? Wird das Geld dafür reichen? Werden sie den Kindern oder Enkeln mit ihrem Tod zur Last fallen? Wird die Trauerfeier würdig gestaltet sein? Und wer pflegt das Grab? Fragen, die die Assekuranz ihre Vertreter nur allzu gerne stellen lässt oder die sie in Anzeigen und Werbebroschüren an Verbraucher stellt, bevorzugt an die im fortgeschrittenen Alter. Die Versicherungswirtschaft hat Antworten auf diese Fragen, die manchen Senioren tatsächlich den Schlaf rauben mögen: Sie lauten Sterbegeldversicherung und Bestattungsvorsorge. Diese Verträge sind lukrativ. Für die Unternehmen. Für die Kunden sind sie ein Renditegrab, sagen unabhängige Finanzexperten. Doch hier geht es gar nicht um Rendite, sondern um ein gutes Gefühl, sagen die Versicherer.
Die Prüfer der Stiftung Warentest kommen immer wieder zu dem Ergebnis, dass für Kunden ab 65 Jahren die Policen zu teuer sind. In der Regel zahlen sie mehr ein, als die Angehörigen nach ihrem Tode erhalten. Oft bewegen sich die Versicherungssummen um 5000 Euro, die Kunden zahlen aber mehr ein, wenn sie das Ende der Vertragszeit erleben. Wer damit rechnet,bald zu sterben, sollte erst recht keine Police abschließen. Denn die meisten Versicherer wollen vor dem Abschluss wissen, wie gesund der Kunde ist. Schwerkranke nehmen sie nicht. Lügen lohnt sich nicht, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Versicherer das herausbekommt und nicht zahlt. Üblich sind bei vielen Anbietern auch Wartezeiten nach dem Abschluss. Stirbt der Kunde vor Ablauf dieser Frist, das können bis zu 36 Monate sein, bekommen die Angehörigen nur das, was nach Abzug der Kosten von den Prämien übrig geblieben ist. Da ist das Geld auf dem Sparbuch besser aufgehoben.
Wieder einmal ist es eine Leistung, die aus den Sozialsystemen getilgt worden ist. Das macht den Versicherern den Verkauf leichter. »Achtung: Gesetzliche Leistungen gestrichen«, ließen die damaligen KarstadtQuelle Versicherungen, heute ERGO Direkt, 2006 auf Postwurfsendungen mit Werbung für ihre Sterbegeldversicherung drucken. Auch heute werben die Anbieter noch damit, dass die Leistung vor vielen Jahren aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen genommen wurde. Seit 2004 zahlen die Krankenkassen überhaupt kein Sterbegeld mehr, schon vorher war es auf rund 500 Euro gekürzt worden. Die Versicherer spielen mit der Angst gerade von Senioren, dass die Kinder das Geld für die Beerdigung aufbringen müssen. Selbst wer schon lange keine Verbindung zum eigenen Nachwuchs oder entfernten Angehörigen mehr hat, wird in Unruhe versetzt. Die Uelzener Versicherungen appellieren geschickt an die Schamgefühle potenzieller Kunden. »Heute müssen im Trauerfall die Angehörigen allein für die anfallenden Kosten aufkommen. Das geht so weit, dass selbst bei einem ausgeschlagenen Erbe oder jahrelangem, nicht vorhandenem Kontakt zu den Angehörigen die Städte und Gemeinden per Bußgeldbescheid die von ihnen verauslagten Bestattungskosten von den Erben zurückfordern«, heißt es in ihrem Werbeprospekt »BestattungsVorsorge«.
Die Versicherer locken mit Hilfen bei der Abfassung des Testaments oder mit Checklisten, Vollmachten und wichtigen Adressen. Das funktioniert hervorragend. Hunderttausende vonKunden schaufelten sich nach der Streichung des Sterbegelds ein Renditegrab und unterschrieben solche Verträge. Die kritische Position der Stiftung Warentest zur Sterbegeldversicherung wird ignoriert oder für eigene Zwecke missbraucht. ERGO Direkt benutzt in der Werbung für die Sterbegeldversicherung das Heft »Bestattungen« der Stiftung Warentest. Um zu demonstrieren, was eine Beerdigung kostet, führt der Direktversicherer auf seiner Internetseite eine Tabelle aus dem Heft an. Der unbedarfte Leser muss den Eindruck bekommen, die Stiftung Warentest empfehle die Policen. Davon, dass die Verbraucherschützer vom Kauf abraten,
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