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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Krueger
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Konkurrenz. Im Einzelhandel gibt es keine wirklich professionelle Beratung, sagen sie. Das stimmt in den allermeisten Fällen. Aber wer sich die »Beratung« vieler Vertreter ansieht, kommt zu dem Schluss, dass keine Beratung manchmal vielleicht besser ist als eine falsche. Der Fahrradhändler verkauft zur Verkehrsrechtsschutzversicherung nicht auch eine Lebensversicherung, und die Kassiererin bei ALDI wird dem Kunden sicher nicht zwischen Scannen und Wechselgeldzählen eine fondsgebundene Altersvorsorge andrehen wollen.
Garantieversicherungen
    Der Handel verkauft auch Policen, bei denen er nicht im Wettbewerb mit den klassischen Vertriebsorganisationen steht. Zum Beispiel teure Verträge, mit denen die Garantie bei Elektrogeräten verlängert wird. Die Händler bekommen dafür von den Versicherern hohe Provisionen. Die Prämien sind saftig, 20 bis 25 Prozent des Neupreises auf einen Schlag sind nicht selten. Es funktioniert im Prinzip wie bei den Restschuldversicherungen. Dem Kunden fällt es oft nicht auf. Bei monatlichen Zahlungen kann es vorkommen, dass die Prämien den Neupreis sogar übersteigen. Dabei sind die Policen in den allermeisten Fällen für den Kunden die reine Geldvernichtung. Statistiken zeigen, wann die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist, dass Apparate streiken. In den meisten Fällen gehen elektronische Geräte kaputt, wenn die gesetzliche Gewährleistungsfrist noch gilt. Der Händler muss den Schaden also sowieso ersetzen. Gibt es keinen frühen Schaden, ist ein sehr später wahrscheinlich. In der Zwischenzeit, jener Spanne, in der die Versicherung greifen soll, ist ein Schaden eher unwahrscheinlich.
    Vielfach ersetzen die Versicherer auch nur den Zeitwert, und der sinkt schnell. Im Kleingedruckten finden sich oft Zusatzklauseln, die eine Regulierung des Schadens in bestimmten Fällen ausschließen. Ein großer Anbieter von Garantieversicherungen ist der Hannoveraner Versicherer Wertgarantie. Zu den Vorstandsmitgliedern gehörte wie bereits erwähnt FDP-Spitzenfunktionär Patrick Döring. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben 1,5 Millionen Kunden und 5400 Fachhändler als Partner. Das Geschäft boomt. Wertgarantie verkauft auch Handy-Versicherungen. Davon raten Finanzexperten energisch ab. Denndiese Policen sind teuer. Die von Wertgarantie übernehmen die Reparaturkosten und keineswegs die gesamten Anschaffungskosten für ein neues Gerät, falls das alte kaputtgeht.
    Im Ausnahmefall mag sich die eine oder andere Police vielleicht lohnen, die für die Masse der Kunden überflüssig ist. Angeboten werden diese abstrusen Verträge aber für den Massenmarkt, nicht für die Ausnahme. Sonst würde sich schon die Produktentwicklung nicht lohnen. Das gilt für den traditionellen Unsinn genauso wie für den »innovativen«. Als »innovativ« gelten Angebote gerne, wenn der Versicherer mit ihnen auf gesellschaftliche Entwicklungen oder neue technische Möglichkeiten reagiert. Immer mehr Menschen geben immer mehr Geld für teure elektronische Geräte aus. Sie haben den Wunsch, ihr kostbares Eigentum zu schützen. »Sicherheit von Gasherd bis Smartphone«, verspricht die Düsseldorfer ARAG Versicherung. Dafür will sie viel Geld: Wer sein mobiles Navi oder Smartphone absichern will, muss knapp 20 Euro im Monat zahlen. In Kombination mit einer Hausratversicherung gibt es einen Nachlass. Das ist auch das Mindeste: Die Geräte sind unter bestimmten Umständen sowieso schon über die Hausratversicherung versichert, etwa wenn ein Einbrecher das Teil klaut.
    Welcher Versicherungsschutz nötig ist, ist auch eine Frage des individuellen Sicherheitsbedürfnisses. Es soll Menschen geben, die können nur ruhig schlafen, wenn sie allen denkbaren Risiken eine Police aus ihrem Versicherungsordner zuweisen können. Aber das sind Ausnahmen. Wie die Verkäufer schon sagen: Versicherungen werden nicht gekauft, Versicherungen werden verkauft. Preist niemand die Verträge aktiv an, kauft sie keiner. Angst machen ist die Devise bei vielen Anbietern, nicht nur bei den großen Themen Alter und Krankheit. Der gemeine Trick: Gefahren, die bereits durch andere Policen gedeckt werden, werden zu Lebensrisiken aufgeblasen. Insassenunfallversicherungen decken etwas ab, was der Autohalter bereits mit seiner Kfz-Haftpflicht-Police versichert hat. Geschieht einem Bei- oder Mitfahrer bei einem Unfall etwas, kommt die Haftpflichtversicherung des Halters dafür auf, auch wenn er selbst den Schaden verursacht hat. Trotzdem haben Millionen

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