Die Angstmacher
findet sich nichts auf der Homepage des Direktversicherers.
Sterbegeldversicherungen werden auch über Bestattungshäuser verkauft. Diese Unternehmen können über die Policen Kunden an sich binden. Die Versicherung abzuschließen und schon einmal die späteren Dienstleistungen zu vereinbaren, liegt bei einer Sterbegeldpolice nahe. Die Nürnberger Versicherungsgruppe hat einen Kooperationsvertrag mit dem Bundesverband Deutscher Bestatter, dem nach eigenen Angaben mehr als 3500 Bestatter angehören. Das sind 80 Prozent der in Deutschland tätigen Beerdigungsunternehmen. »Auch Unvorstellbares lässt sich regeln«, heißt es im »Kundeninfo« der Nürnberger. Und zwar in vier Preisstufen. Die Höchste mit einer Versicherungssumme von 12 500 Euro ist für Individualisten gedacht. »Die Leistungen können Sie nach Ihren Vorstellungen gemeinsam mit dem Bestattungsinstitut gestalten und festlegen«, wirbt die Nürnberger. Außerdem gibt es Grabpflegepakete in verschiedenen Preisvarianten. Auch hier ist die Kooperation mit den Bestattern für den Versicherer von Vorteil. Der Berliner Versicherer Ideal hat gleich eine eigene Bestatterkette, das Unternehmen Ahorn. »Damit eine würdevolle Bestattung nicht an finanziellen Engpässen scheitert, empfiehlt sich eine eigenverantwortliche Vorsorge. Mit Ihrer heutigen Entscheidung können Sie Ihren Angehörigen für die Zukunft Sorgen und Nöte abnehmen«, bewirbt der Versicherer seine Sterbegeldversicherung. Hier zahlt ein Fünfundsechzigjähriger, der eine lebenslange Sterbegeldversicherung über 5000 Euro im Todesfall abschließt, mehr als 38,50 Euro im Monat. Den Beitrag muss er 20 Jahre lang zahlen. Lebt er dann noch, hat der Versicherer mehr als 9000 Euro von ihm bekommen – aber die Angehörigen bekommen 5000 Euro plus Verzinsung, insgesamt aber weit weniger als die gezahlte Summe. Für eine Frau würde der Preis bei 30,20 Euro liegen. Sie würde immerhin noch mehr als 7000 Euro bei Vertragsende gezahlt haben. Ab Ende 2012 dürfen Versicherer keine nach Geschlecht unterschiedenen Tarife mehr anbieten, das verbietet eine EU-Regelung. Beobachter erwarten nicht, dass die Preise für das Geschlecht sinken, das jetzt mehr zahlt als das andere. Die Versicherer werden mit großzügigen Sicherheitszuschlägen kalkulieren, sodass außer ihnen keiner etwas von der neuen Regelung hat.
Der Berliner Seniorenversicherer will die ganze Wertschöpfungskette von der Versicherung bis zur Grablegung abdecken. Die »Bestattungsvorsorge« gibt es in vier Preisstufen von »Basis« mit einer »Vorsorgesumme« von 3000 Euro mit der »Abschiednahme im engsten Familienkreis« bis zur Variante »Prestige« mit einer »Vorsorgesumme« von 7500 Euro mit einer großen Trauerfeier im festlichen Rahmen. An alles hat das Unternehmen gedacht, um die Wertschöpfungskette voll ausschöpfen zu können. Sollte der Kunde Angst haben, sich eines Tages die Beiträge zur Sterbegeldversicherung nicht mehr leisten zu können, weil seine Rente und sein Vermögen für seine Pflege verbraucht werden, kann er eine spezielle Pflege-Zusatzversicherung abschließen. Wird er als Pflegefall in die Pflegestufe II oder III eingestuft, muss er die Prämie für die Sterbegeldversicherung nicht mehr zahlen.
Für jeden Anlass etwas
Die Abteilungen für Produktentwicklung der Unternehmen bestehen aus lauter Spezialisten für alle denkbaren Eventualitäten. Ihre Fantasie kennt keine Grenzen. Von der Wiege bis zur Bahre, von der krankheitsgefährdeten Katze bis zur Absicherung der Internatskosten für den Fall der Arbeitslosigkeit des Manager-Vaters – für jeden denkbaren Anlass, jede Angst, jede Befürchtung hat die Versicherungswirtschaft etwas in petto. Ein Nervenschonprogramm, von dem nur die Assekuranz profitiert. Selbst für nervöse Brautpaare und angehende verpartnerte Lebensgemeinschaften hat die Branche ein spezielles Angebot. Versicherer bieten sogenannte Hochzeitspolicen an für den Fall, dass die aufwändig geplante Feier ausfallen oder verschoben werden muss, etwa wegen Tod, Unfall oder Krankheit der Brautleute, der Eltern oder der Trauzeugen. Der Versicherungsmakler Aon verkauft solche Policen für die Talanx-Tochter HDI-Gerling. Dort ist sie übrigens nicht im Privatkunden-, sondern im Industriekundengeschäft angesiedelt – weil die Verträge in die Sparte Ausfallversicherung gehören. Können wichtige Gäste wegen der Sperrung des Luftraums aufgrund eines Vulkanausbruchs nicht anreisen, zahlt der Versicherer die
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