Die Angune (German Edition)
ihn oft, wenn er mit seinen dicken Papyrusrollen unter dem Arm durch das Hafenviertel hastete. Vielleicht war der Herr Marbart selbst kein Ingenieur, aber er kannte sicher einen ric htigen Herrn Ingenieur.
Und so verließ Ganbold Gan'ka Zehnender das geschäftige Hafenviertel wieder und stieg hinauf zur Straße nach Grünhain, um diesen Marbart Donnerhall zu suchen.
Er war froh als er das Osttor der Stadtmauer erreichte, und endlich der Hafenstadt entrinnen konnte. Hier, auf der Straße nach Grünhain stieg das Gelände stetig auf die Hügel im Grenzgebiet empor, und oben, weit außerhalb der Stadtmauern, fand er das Haus des Zwerges Marbart Donnerhall.
»Die Götter seien mit Euch!«, grüßte der Menelide den ält eren Zwerg und erntete nur ein mürrisches Knurren.
»Was wollt Ihr?«
Der Zwerg stand auf einem Stuhl und begutachtete ein paar Papyrusrollen, die er auf einem Tisch ausgebreitet hatte.
»Nun, ich suche einen Ingenieur, der mir bei einem Pro blem helfen kann.«
Der Zwerg schaute noch immer nicht von seinen Papyru srollen auf. Gan'ka Zehnender bemerkte, dass er beim Studieren der Pläne die Augen zukniff. Seine Augen waren nicht mehr die jüngsten.
»Braucht Ihr einen Architekten oder einen Ingenieur?«
Gan'ka Zehnender wusste von seiner Zeit in Rinu'usala, dass viele Lehrer ihre Schüler sowohl in Architektur als auch in Ingenieurskunst ausbildeten. Viele Architekten waren auch als Ingenieur tätig - und umgekehrt
»Nun, ich brauche bestimmt einen Ingenieur.«
»So, so! Ihr braucht also einen Ingenieur? Architekten bauen Häuser und Ingenieure bauen Maschinen für den Krieg! Was will der Herr denn mit einem Kriegsgerät anfangen?«
Der Zwerg rollte ein Papyrus beiseite und schaute noch immer nicht auf.
»Ich will einen Drachen fangen.«
»Was?«
Ruckartig hob der Zwerg den Kopf und starrte den Meneliden mit seinen kleinen Augen an.
»Ich brauche eine Maschine für den Drachenfang.«, wi ederholte Gan'ka Zehnender.
Tiefe Falten bildeten sich zwischen den zugekniffenen A ugen des Zwerges.
»Drachenfang, wie?«
Der Zwerg starrte Ganbold Gan'ka Zehnender prüfend an und ließ seine massige Hand nachdenklich über den langen Bart gleiten.
Der Menelide nickte leicht mit dem Kopf.
»Der Herr wünscht also, dass ich Ihm jetzt eine Wundermaschine aus der Tasche zaubere, damit er diese Monster vom Himmel holen kann!«, murrte der Zwerg.
»Vielleicht, Herr Ingenieur. Ich wollte zumindest mal bei Euch vorbeischauen, um einige Möglichkeiten auf ihre Mac hbarkeit zu überprüfen.«
Der Zwerg starrte den Meneliden mit seinen kleinen, z usammengekniffenen Augen an und ließ seine Hand immer wieder über den langen Bart hinunter gleiten.
»So, so! Einige Möglichkeiten!«, wiederholte Marbart Do nnerhall und betonte dabei das Wort "Einige" mit spöttischem Unterton.
»Ja!«, sagte Gan'ka Zehnender, und fügte ohne Umschweife hinzu: »Wie kann ich ein Netz in die Höhe schießen?«
»Ein Netz um einen Drachen zu fangen?«
»Ja!«
Marbart überlegte einen Moment.
»Geht nicht!«
»Warum?«
»Bei den Ausmaßen würde das Netz viel zu schwer. 40 Schritt lang, und vielleicht 12 bis 13 Schritt hoch müsste ein Netz sein, damit ein Drache hineinpasst. So etwas kann man zwischen zwei feste Wände spannen, aber nicht hochschi eßen.«
»Und wenn man es leichter macht.«
Marbart war von seinem Stuhl herunter gehüpft.
»Dann wird es zu schwach und kann den Drachen nicht mehr halten.«
»Ich will den Drachen ja auch nicht festhalten. Ich will ihn nur zum Absturz bringen.«
»Ihr wollt ein Netz in die Höhe schießen, damit ein fliege nder Drache sich darin verheddert und abstürzt?«
Marbart begann im Raum auf und ab zu laufen.
»Ja!«
Marbart ließ seine Hand immer wieder über den langen Bart hinunter gleiten.
»Die Seile dürften nicht zu dünn sein, aber wir könnten die Maschen des Netzes erheblich erweitern. Vielleicht eine Maschenweite von zwei Fuß.«
Marbart blieb stehen.
»Ach, Quatsch! Einen ganzen Schritt als Maschenweite könnte man nehmen. Oder sogar einen Doppelschritt!«
Nach einer kurzen Pause fuhr er fort:
»Ich müsste runter zu den Seilern und Knüpfer gehen, aber ich glaube dass zwei Doppelschritte als Maschenweite genügen müssten, damit sich ein Drache darin verheddert.«
Marbart drehte sich um und schaute Gan'ka Zehnender an.
»Mit einer Maschenweite von zwei Doppelschritten wäre das zu schaffen. Einige der Maschen werden beim Aufprall voraussichtlich
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